Bestand

Rechnungen des Bodenamts des Klosters Bronnbach (Bestand)

Vorbemerkungen: Dem "Bodenmeister" oder "granarius" der Zisterzienserklöster oblag im Mittelalter die Aufsicht über die Kornvorräte und die Verwaltung der Naturalabgaben; er unterstand dem Cellerarius (Leonhard Scherg: Die Zisterzienserabtei Bronnbach im Mittelalter - Würzburg 1976 S. 91). Als erster Bronnbacher Granarius wird in einer Urkunde von 1313 (Verkauf des Haugerherrnhofs in Marktheidenfeld durch Stift Haug an das Kloster Bronnbach) unmittelbar hinter dem Cellerarius ein "Dietherus [Rüd] granarius" genannt (StAWt-R US 131 Mai 23; Scherg a.a. O. S. 96 Nr. 91 und S. 304 Nr. 256). Am Ende des 17. Jh., als die Frucht- und Bodenamtsrechnungen einsetzen, hatten sich die Aufgaben des Bodenmeisters gegenüber dem Mittelalter kaum geändert. Noch immer befasste er sich ausschließlich mit der Verwaltung von Naturalien. Selbst die Rechnungsführung blieb, trotz der Serientrennung in Geldrechnung, Fruchtrechnung sowie Keller- und Küchenrechnung im Jahr 1671/72, weiterhin Sache des Bursers. 1677/78, als die Bodenamts- und die Weinrechnung in einem Band vereinigt wurden, dürfte erstmals der Bodenmeister diese Rechnung geführt haben. Neben jenem Frater Jakob [Schwartz], der seit 1689/90 die Rechnungen über die Böden und über Küche und Keller führte, ist dann als Rechner der Bursariatsrechnung ein Frater Gerardus [Heinckelmann] nachzuweisen (StAWt-R R 79d); Schwartz war also mit Sicherheit nicht Burser, sondern vermutlich Bodenmeister. Von 1694/95 bis Anfang September 1713 vereinigte man die Bodenamts- und die Küchen- und Kellerrechnung nochmals mit den Bursariatsrechnungen. Seit dem 3. September 1713 wurde jedoch die Bodenamtsrechnung, anders als die Keller- und Küchenrechnung, nur noch vom zuständigen Offizianten (Granarius war 1713 zum letztenmal F. Jakob Schwartz) eigenverantwortlich geführt. An Einnahmen empfing der Bodenmeister Roggen (Korn), Dinkel (z.T. mit Roggen gemischt), Hafer, Gerste, Erbsen, Linsen und, seit 1713, Wicken. Weizen, der vor allem für Hostienmehr benötigt wurde, ist in größeren Mengen nur in der ersten Rechnung (1671/72) genannt. Es handelt sich dort um Gültweizen aus Großrinderfeld. Die Klosterrechnung von 1670/71 (StAWt-R R 79) lässt erkennen, dass dieser Gülzweizen schon in Großrinderfeld gegen Roggen eingetauscht wurde. Die geringen Weizenmengen, die man für die Hostienbäckerei benötigte, lieferte der Bronnbacher Hof in Würzburg. Die Haupteinnahmen an Getreide bestanden aus den Pachterträgen der Klosterhöfe und -mühlen und aus den Zehnten, die im Klosteramt Bronnbach anfielen. Ausgaben an Getreide wurden verbucht für die Haushaltung des Klosters, für die Dienerbesoldung, für die Mastviehhaltung, für die Begleichung von Kaufmanns- und Handwerkerrechnungen, für Almosen und für Verehrungen. Ein erheblicher Teil des Getreides (der Terminus "Früchte", der in den Quellen verwandt wird, wurde im vorliegenden Repertorium zur Vermeidung von Irrtümern durch den süddt. "Frucht" ersetzt) wurde verkauft. Außerdem erhielten die Einwohner der Klosterdörfer Dörlesberg und Reicholzheim, aber auch Bauern der näheren Umgebung, oft erhebliche Mengen Getreide gestundet und geliehen. Für die Jahre 1678/79-1682/83 enthalten die vom Bodenmeister geführten Rechnungen zugleich die Rechnungen über Küche und Keller und damit auch die Einnahmen aus der Verleihung der bronnbachischen Vogelherde und die Gästelisten (vgl. auch StAWt-R R 79d und f). Die Stückrechnung von 1713/14 lässt erkennen, dass man damals die Verwaltung des Bodenamts geändert hatte: Zum ersten Mal werden in ihr auch Einnahmen und Ausgaben an Geld verbucht. Es handelt sich um Einnahmen aus Zinsen, in Geld geleisteten Gülten (= Naturalabgaben), um das Rauchgeld und - in wenigen Fällen - um in Geld entrichtete Leibhühner. Auch die Aufwendungen seines Amtes an Geld verbuchte der Bodenmeister nun selbst: Ausgaben für Nahrungsmittel, für Zehrkosten bei seinen Reisen auf die Dörfer und für Kleidung, für Saatgetreide, für Jungvieh und für die Instandhaltung der Klosterscheuern und der Fruchtböden. Die Überschüsse an Geld, die vor allem aus verkauftem Getreide erzielt wurden, hatte er teils an den Abt, teils an den Burser abzuliefern. Die 1713/14 erstmals festzustellende Tendenz zur Ausweitung und Abrundung der Amtspflichten des Bodenmeisters verstärkte sich 1756/57, zu Beginn der Amtszeit des P. Bonifacius Dumor, nochmals erheblich. Dumor, gebürtiger Würzburger (+1791 Apr. 21), war 1756/57-1759/60 und 1763/64-1765/66 Bodenmeister der Abtei Bronnbach. Von 1770-1789 war er Amtmann des Bronnbacher Hofs in Würzburg und damit für das gesamte Klosteramt Würzburg zuständig (vgl. StAWt-R R 80). In seiner Rechnung stehen die Einnahmen und Ausgaben an Geld erstmals vor denen an Getreide. Gegenüber 1713/14 kamen Einnahmen aus Besthaupt, Handlohn, Weid-, Fron-und Atzgeld hinzu, die bisher der Burser verbucht hatte (vgl. StAWt-R R 79d). Die Geldeinnahmen aus Grund- und Kapitalzinsen sowie von den Leibhühnern hatten sich erheblich gesteigert. Der Versuch, dem Bodenmeister auch die Weinrechnung wieder zu übertragen, wurde allerdings bereits 1758 abgebrochen. Die Rechnungen von 1758/59 und 1758/60 verbuchen "nichts" unter den Einnahmen und Ausgaben an Wein. Vergleicht man die einzelnen Posten etwa der Jahresrechnung von 1750/51, so zeigt sich z.B. bei der Hauptbrotfrucht, dem Roggen, dass der weitaus größte Teil der Naturaleinkünfte von den Hof- und Mühlenpächtern erwirtschaftet wurde (ca. 820 Malter Roggen aus Pacht gegen ca. 200 Malter aus Eigenbewirtschaftung, ca. 190 Malter an Zehnten und ca. 270 Malter an Gülten). Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass die Klosterhöfe sog. Drittelhöfe waren, d.h., dass ein Drittel der Ernte als Pacht geliefert werden musste. Bei den Ausgaben liegt die Dienerbestallung (u.a. für den Pfarrer und den Schulmeister in Reicholzheim, den Arzt in Wertheim, den Bader und die Klosterförster) etwa in gleicher Höhe wie der Eigenverbrauch der Abtei (172 gegen 167 Malter Roggen). Ein erheblicher Teil der Frucht wurde an die Mastochsen verfüttert (ca. 60 Malter Roggen), über 50 Malter fanden als Saatgut Verwendung, über 40 Malter erhielten die Schnitter, Drescher und Fruchtwender. Diesen etwa 500 Maltern Roggen an Eigenverbrauch stehen 1750/51 360 Malter gegenüber, die verkauft, und 12 Malter, die verliehen wurden. 52 Malter Roggen, also ein Zehntel des Eigenbedarfs, "seynd für zerrunnen und eingedorrt zu halten"! Während von den Jahrgängen vor 1713 nur Manuale vorliegen (die Rechnung selbst war, wie auch bei der Geldrechnung und der Weinrechnung, die Klosterrechnung; vgl. StAWt-R R 79), sind ab 1713/14 eigene Rechnungen des Bodenamts erhalten. Seit 1720 liegen vereinzelt Konzept und Reinschrift eines Jahrgangs vor. In der Regel haben sich jedoch nur die beim Bodenmeister verwahrten Exemplare der Rechnung (meist das Konzept) erhalten. Sie tragen ab 1756/57-1802/03 durchgehend Rötelsignaturen von No. 89-135. Signaturen der gleichen Art, 1753/54 mit No. 2 einsetzend, finden sich auch auf den Klosterrechnungen (StAWt-R R 79). Numerierte Beilagen zu den Manualen (!) werden erstmals 1760/61 erwähnt. Sie haben sich fragmentarisch erhalten zu den Manualen der Jahrgänge 1770/71-1775/76 und 1787/88-1792/93. Einzelbeilagen in den Manualen sind dagegen relativ häufig. Besondere Erwähnung verdient ein "Abteilungsregister" von 1676, in dem die einzelnen Getreidelieferungen (Zehnten und Drittel) der Bronnbacher Hofpächter und einiger fremder Bauern mit Teilbesitz an Bronnbacher Höfen aufgeführt sind. Erhalten haben sich auch zwei Manuale über verliehenes Getreide von 1721-1723 und von 1771-1792. An Unterrechnungen zur Bodenamtsrechnung fanden sich nur Dörlesberger Rechnungen über Gülten, Zehnten und Schutzhafer aus den Jahren 1751/52 und 1753/54. Solche Rechnungen dürften einst in großer Zahl vorgelegen haben. Rechnungstermin der Bodenamtsrechnungen ist, wie bei allen Bronnbacher Rechnungen jener Zeit, in der Regel Cathedra Petri (Feb. 22). Lediglich unter dem Bodenmeister P. Albericus Ries wurde 1720 und 1721 am 1. Januar abgerechnet. Leider sind die Rechnungen des nächsten und übernächsten Jahre nicht erhalten; spätestens 1723/24 war man jedenfalls zum alten Rechnungstermin zurückgekehrt. Die Rechnungsrevision nahm der Abt selbst vor. Seine Unterschrift tragen jedoch nur die Rechnungen von 1715/16 und 1742/43; für 1743/44 lässt sich eine weitere Revision erschließen. Die Provenienzen der Bodenamtsrechnungen sind weitgehend klar. Manuale, Rechnungsbeilagen und Konzepte verwahrte ohne Zweifel der Rechnungsführer, d.h. der Bodenmeister. Offen ist, wo die Reinschriften der Rechnung verwahrt wurden und wann sie und die Exemplare des Bodenmeisters ins Archiv gelangten. Der Bestand StAWt-R 79e verblieb nach der Säkularisierung der Abtei Bronnbach 1802 zunächst im löwenstein-wertheim-rosenbergschen Nebenarchiv Bronnbach, wurde dann aber in das Fürstl. Löwenstein-Wertheim-Rosenberg'sche Archiv in der Wertheimer Hofhaltung verlagert. Hier wurde er zusammen mit anderen Rechnungsserien im Bestand R 79, Rechnungen der Abtei Bronnbach, zusammengefasst. Im "Repertorium der Rechnungen und Rechnungsurkunden des Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergischen Archivs" (2. Hälfte 19. Jh.) erscheinen die Rechnungen des Bodenamts jedoch nur als "Nebenrechnungen" des Bestands R 79. Zusammen mit anderen Nebenrechnungen wurden sie im Mai und Juni 1979 durch den Schüler Stefan Barton vorgeordnet und seit Januar 1981 durch die Angestellte Annemarie Spieler verzeichnet. Die im Oktober 1981 abgeschlossenen Arbeiten wurden vom Unterfertigten beaufsichtigt. Abschließend wurden die Rechnungsbeilagen durch den Archivangestellten Manfred Sziele verpackt. Die Reinschrift des Repertoriums besorgte die Angestellte Lieselotte Goldschmitt. Der Bestand StAWt-R R 79e, Rechnungen der Abtei Bronnbach: Bodenamt, umfasst nunmehr ca. 2,4 lfd. m in 182 Einheiten. Wertheim, September 1982 Dr. Norbert Hofmann

Bodenmeister der Abtei Bronnbach: Quellen: StAWt-R R 79 und R 79e 1689 - 1713/14: P. Jacobus Schwartz 1714/15 - [1716]: P. Cornelius Widermann [1716] - 1720: P. Albericus Ries [1720] - 1723 Aug. 31: P. Engelbertus Schäffner 1723 Sept. 1 - [1727]: P. Eugenius Berns [1727] - [1736 Mai]: P. Carolus Wüest 1736 Mai 9 - 1741: P. Adrianus Stöhr 1741 - 1748/49: P. Ambrosius Balbus 1748/49 - 1755/56: P. Albericus Stainnam 1756/57 - 1759/60: P. Bonifacius Dumor 1760/61 - 1762/63: P. Aquilinus Gros 1763/64 - 1765/66: P. Bonifacius Dumor 1766/67 - 1768/69: P. Franciscus Schleer 1769/70 - 1771/72: P. Chilianus Baumann 1771/72 - [1773 Mai]: P. Godefridus Degenth 1773 Mai 25 - : ? - 1791/92: ? 1792/93 - 1793/94: P. A[ugustinus] W[iesner] 1794/95 - : ? - 1802/03: ?

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim, R-R 79e

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim (Archivtektonik) >> Rosenbergisches Archiv >> Selekte und Sammlungen >> Rechnungen

Bestandslaufzeit
1671/72-1802/3

Weitere Objektseiten
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
25.03.2024, 13:33 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1671/72-1802/3

Ähnliche Objekte (12)