Bestand

Grafschaft Sigmaringen: Holzvogteirechnungen (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Geschichtlicher Überblick
Nach dem Aussterben der Grafen von Werdenberg im Mannesstamm im Jahr 1534 kam die Grafschaft Sigmaringen zurück an das Reich, bis König Ferdinand 1535 Graf Karl I. von Zollern damit belehnte. 1576 wurde aufgrund einer ¿väterlichen Verordnung¿ Karls I. der gesamte zollerische Besitz, den er seit 1558 durch den Anfall der Stammgrafschaft Zollern und der Herrschaft Haigerloch-Wehrstein innegehabt hatte, unter seinen Söhnen Eitelfriedrich, Karl und Christoph aufgeteilt. Dabei entstanden die Linien Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Haigerloch. Graf Karl II. erhielt die Grafschaften Sigmaringen und Veringen. Die Grafschaft Veringen war 1399 als habsburgische Pfandschaft an die Grafen von Werdenberg gefallen und mit deren bereits erwähntem Aussterben 1535 ebenfalls an die Hohenzollern gegangen. Veringen steuerte immer zur Kasse der schwäbisch-österreichischen Stände, der Bereich um Veringenstadt wurde als obere Grafschaft Veringen, der Bereich um Langenenslingen dagegen als untere Grafschaft Veringen bezeichnet, zu der auch das Dorf Hitzkofen gehörte. Ende des 18. Jahrhunderts umfasste die Grafschaft Veringen die Orte Veringenstadt, Veringendorf, Benzingen, Harthausen auf der Scheer, Hitzkofen, Langenenslingen und Billafingen.
Die Grafschaft Sigmaringen bestand dagegen aus verschiedenen Herrschaftsbereichen.
Da war zum einen das Gebiet, in welchem die jeweiligen Grafen die niedere und hohe Gerichtsbarkeit ausübten. Dies betraf den inneren Kern der Grafschaft Sigmaringen inklusive der seit dem 16. Jahrhundert gemachten Erwerbungen. Darunter fielen Inzigkofen, um 1540 im Pfullendorfer Vertrag von der Herrschaft Jungnau der Fürstenberger abgetrennt, Krauchenwies, im Jahr 1595 von Karl von Scharnstetten an Sigmaringen gefallen, Bittelschieß bei Hausen am Andelsbach, das im Jahr 1786 von den von Staader an Sigmaringen gelangte, sowie Hornstein, das ein Jahr später mit dem halben Dorf Bingen und dem Burgstall Bittelschieß an der Lauchert in den Besitz der Grafen von Sigmaringen kam.
Somit umfasste die engere Grafschaft Sigmaringen um 1785/86 die Stadt Sigmaringen, Sigmaringendorf, Rulfingen, Zielfingen, Krauchenwies, Hausen am Andelsbach, Bittelschieß, Ettisweiler, Mottschieß, Kalkreute, Rengetsweiler, Rast, Thalheim, Inzigkofen, Laiz, Hornstein und Bingen. Diese Ortschaften gehörten allerdings hinsichtlich ihrer Besteuerung wiederum unterschiedlichen Kategorien an.
Zur Sigmaringer Immediatlandschaft, die ihre Steuern an Reich und Kreis ablieferte, sind die Orte Inzigkofen, Krauchenwies, Rast, Rosna, und eine Hälfte von Bingen zu rechnen, zusätzlich die drei Wehrsteiner Orte Empfingen, Betra und Fischingen.
Zur Mediatlandschaft, die ebenfalls ihre Steuer an Reich und Kreis leistete, aber zu diesen aufgrund der österreichischen Lehensabhängigkeit in einem nur mittelbaren Verhältnis stand, sind dagegen die Stadt Sigmaringen und die Dörfer Sigmaringendorf, Laiz, Thalheim, Rengetsweiler, Hausen am Andelsbach, Mottschieß, Rulfingen, Zielfingen, Ettisweiler und Kalkreute zu zählen. Bittelschieß gehörte steuerlich zum Ritterkanton Hegau, Allgäu und Bodensee, Hornstein und die Hälfte des Dorfes Bingen dagegen zum Ritterkanton Donau.
Innerhalb des engeren Bereichs befanden sich auch die vier landsässigen Klöster Inzigkofen, Gorheim, Laiz und Hedingen, denen keine eigenen Hoheitsrechte zukamen.
Eine besondere Stellung hatten dagegen die Mediatklöster Heiligkreuztal, Wald und Habsthal, die eigene Grund- und Niedergerichtsherrschaften ausbildeten und über die den jeweiligen Grafen die Schirmvogtei zustand, dies gilt auch für das Amt Ostrach des Klosters Salem und die Herrschaft Sauldorf des Klosters Petershausen.
Lediglich Forst- und Geleitrechte sowie teilweise die hohe Gericht sbarkeit standen den jeweiligen Grafen von Sigmaringen dagegen über die Herrschaften Messkirch und Teile der Herrschaft Jungnau der Fürsten von Fürstenberg, die Herrschaft Gutenstein der Grafen Schenk von Castell, das Amt Zell am Andelsbach der Reichsstadt Pfullendorf, die vorderösterreichische Stadt Mengen mit einigen Dörfern sowie die ritterschaftlichen Herrschaften Wilflingen, Buchheim und Worndorf zu. Die hohe Gerichtsbarkeit konnte man nur im Falle der Stadt Messkirch und sechs dazugehöriger Dörfer, der Stadt Mengen und der Herrschaft Wilflingen beanspruchen, die ihre hohe Gerichtsbarkeit innerhalb des Etters nicht hatten behaupten können.
1609 teilte man für Graf Ernst Georg von Hohenzollern-Sigmaringen die Grafschaft Veringen und die Herrschaft Krauchenwies ab. Beide Herrschaften fielen aber spätestens 1625 mit dem Tod Graf Ernst Georgs ohne männlichen Nachkommen endgültig an seinen Bruder Johann zurück, der 1623 in den Fürstenstand erhoben wurde und aufgrund seiner Stellung als Obersthofmeister und Obristkämmerer des Herzogs Maximilian von Bayern nur selten in Sigmaringen weilte.
Mit dem Erlöschen der Haigerlocher Linie fielen im Jahr 1634 die Herrschaft Haigerloch, die reichsunmittelbarer allodialer Besitz war und aus der Stadt Haigerloch und den Dörfern Gruol, Heiligenzimmern, Weildorf, Bittelbronn, Trillfingen, Hart, Höfendorf, Bietenhausen, Imnau und Stetten bei Haigerloch bestand, sowie die Herrschaft Wehrstein, die österreichisches Lehen war, an Sigmaringen. Verwaltungsmäßig waren beide Herrschaften unter dem fürstlichen Oberamt in Haigerloch verbunden.
Nach dem Tod Meinrads II. im Jahr 1715 übernahm dessen Witwe Fürstin Johanna Katharina Viktoria, eine geborene Gräfin von Montfort, mit ihrem Schwager Graf Albert Oswald die Vormundschaftsregierung für ihren Sohn Joseph Friedrich. Während dieser Zeit wurden Teile der Einkünfte der Grafschaften Sigmaringen und Veringen an einen so genannten Admodiator verpachtet. Nach einem in gegenseitigem Einvernehmen im Jahr 1718 aufgelösten Pachtverhältnis mit dem württembergischen Rat und Esslinger Pfleger Otto von Schwarz übernahm der Hechinger Hofrat und Kammerdirektor Johann Paul von Baratti bis 1725 die Pacht mit einer wesentlich niedrigeren Pachtsumme.
Während des Länderschachers in der napoleonischen Zeit wurde das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen v.a. aufgrund der guten Beziehungen der Fürstin Amalie Zephyrine zum Umfeld Napoleon Bonapartes nicht mediatisiert, sondern erhielt für den Verlust seiner Feudalrechte und Domänen in den niederländischen Besitzungen bereits 1803 die Herrschaft Glatt, das Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen, das Augustinerchorherrenstift Beuron, das Benediktinnerinnenkloster Holzen in Bayerisch Schwaben sowie 1806 die Klosterherrschaften Habsthal und Wald sowie die Deutschordensherrschaften Hohenfels und Achberg, die Souveränitätsrechte über die Herrschaften Trochtelfingen und Jungnau, das Amt Ostrach von den Thurn und Taxis und die Ritterherrschaften Gammertingen und Hettingen von den Freiherren von Speth.
Die Rechnungslegung
1. Rechnungsarten
Bei den im vorliegenden Bestand erschlossenen Rechnungen handelt es sich um so genannte Holzvogteirechnungen, die entsprechenden genetischen Vorstufen, sofern sie sich erhalten haben, sowie die zugehörigen Beilagen.
Die Holzvogteirechnungen wurden nicht durch den Untervogt, Rentmeister oder Kastenvogt gelegt, sondern durch den beim Oberforstamt angesiedelten Forstmeister, Oberforstmeister oder Oberjägermeister. Die genetischen Vorstufen sind nicht als Manuale oder Rapulare gekennzeichnet, erweisen sich aber aufgrund ihrer stark konzepthaften Führung und der sogar auf ihrem Umschlag zu findenden zahlreichen Notizen und Rechnungen als solche.
2. Überlieferung
Die erhaltene Überli eferung der Originalrechnungen setzt mit dem Jahrgang 1716/17 ein und endet mit der Holzvogteirechnung von 1793/94, weist jedoch zwischen 1743/44 und 1780/81 eine große Lücke auf, die auch von der Reihe der genetischen Vorstufen, welche immerhin ein Konzept von 1755/56 enthält, nicht geschlossen werden kann. Die Beilagen indes erhielten sich erst für die Zeit nach 1782/83.
3. Inhalt
In der vorletzten Holzvogteirechnung von 1791/92 finden sich neben den Einnahmen aus verkauftem Holz aus unterschiedlichen Waldungen, Einnahmen aus den so genannten Waldzinsen, Freveln und Strafen, Jagdbeständen und Konsensgeldern, Forsthennen, Einnahmen vom Harzen, Zoll und Geleit sowie vom Äckerich; dazu kamen noch Einnahmen aus dem so genannten Wallachen, dem Beschneiden der Pferde, aus Schneckengärten und vom Wildbretamt. Einen größeren Posten machten die Stockgelder aus, deren Einnahmen nach Revieren und innerhalb der Reviere wiederum nach den einzelnen Orten aufgeführt werden. Die Ausgaben betrafen z.B. den Holzmacherlohn, Zahlungen für verrichtete Botengänge, Postgelder, Tagwerke - die den größten Teil der Ausgaben ausmachten - sowie Fuhrwerke, außerdem den Erwerb von nicht näherhin spezifiziertem Jagdzeug, Baumaßnahmen, Zehrungen und Taggelder sowie Ausgaben für reisende Jäger und den Unterhalt des Erbprinzen und der Gräfinnen. Ein Teil der im Bereich der Holzvogtei eingenommenen Gelder musste in die Hofkammer abgeliefert werden.
Bereits in der ersten Holzvogteirechnung von 1716/17 ist eine sehr ähnliche Rubrikenverteilung zu finden, einige Posten weichen jedoch ab. Neben Waldzinsen und Freveln und Strafen wurden hier nämlich Einnahmen von den Klöstern, aus der Glashütte des Klosters Wald sowie Einnahmen aus Forsthafer aufgeführt. Bei den Ausgaben finden sich dagegen im Gegensatz zu 1792 Hauszinsen, Besoldungen und Schussgeld auf einzelne Tiere wie Füchse, Marder, Wölfe, Luchse, Otter, Schneegänse und auf den Vogelfang. Bereits 1718/19 war eine Rubrik ¿Auf Kundschaft der Wilderer¿ dazugekommen.
Unter der Rubrik "Von denen Gottshäusern" findet sich im ersten erhaltenen Rechnungsjahr aber lediglich Heiligkreuztal vermerkt, das in diesem Jahr zudem keine Zahlungen zu leisten hatte. Auch in den Folgejahren bildete diese Einnahme einen eher kleinen Posten.
4. Rechnungsführung
Die Rechnungsführung war beim Oberforstamt angesiedelt. Als Rechnungsleger konnten sowohl ein Forst-, ein Oberforstmeister sowie ein Oberjägermeister nachgewiesen werden, ab den 1780er Jahren oblag die Rechnungslegung schließlich dem Regierungssekretär Matthäus Joseph Clas. Die Rechnerreihe der Holzvogteirechnungen zeichnet sich durch eine hohe Konstanz aus. An ihrem Beginn stand Oberforstmeister Wolfgang Christoph Sättelin von Trunckelsberg, der zwischen 1716/17 und 1723/24 für sie verantwortlich zeichnete. Daran schließt sich Franz Anton Sättelin von Trunckelsberg, wohl der Sohn seines Vorgängers, an, der zwischen 1724/25 und zumindest bis 1743/44 die Rechnungslegung besorgte. An der Person des Franz Anton Sättelin ist auch die Karriereleiter innerhalb des Oberforstamts abzulesen, zunächst rechnete er bis 1727/28 als Forstmeister, dann ab 1728/29 als Oberforstmeister und schließlich ab 1734/35 als Oberjägermeister. Nach Regierungssekretär Matthäus Joseph Clas, dessen Rechnungslegung bis 1792/93 dauerte, übernahm mit Forstsekretär Aloys Sauter wieder ein Verantwortlicher aus dem Forstbereich diese Aufgabe, bevor die Rechnungsüberlieferung der Holzvogtei endgültig abbricht.
5. Revision
Die Holzvogtei und die hier gelegten Rechnungen scheinen innerhalb der Verwaltung des Fürstentums Sigmaringen eine nicht unerhebliche Rolle gespielt zu haben. Einen solchen Schluss legt zumindest die Tatsache nahe, dass die Holzvogteirechnungen mit zwei Ausnahmen durchgängig revidiert wurden. Re vision wird hier als moderner Begriff verwendet, unter welchen mehrere zeitgenössische Verfahren der Rechnungsprüfung wie Revision, Abhör und Ajustierung zusammengefasst werden. Zu Beginn der Rechnungsserie wurde die Revision durch den als Landvogt seit 1701 im zollerischen Dienst stehenden Carl David Payr zum Thurn (Zekorn, S. 424) im Beisein eines Sekretärs oder des Registrators durchgeführt; danach lag sie in der Verantwortung des damaligen Rentmeisters Johann Baptist Schmidt, in den 1730/40er Jahren dann sogar in der des Kanzleidirektors Johann Franz Anton von Staader bzw. des Kanzlers Franz Karl von Motz. Die Rechnung von 1743/44 wurde sogar einem doppelten Revisionsprozess unterzogen, zunächst wurde sie am 24. Dezember 1745 revidiert und dann 20 (!) Jahre später erst durch den damaligen Prinzen Karl Friedrich von Hohenzollern abgehört und ¿ajustiert¿. Warum dies erst so viel später und zudem noch durch den Prinzen Karl Friedrich persönlich vorgenommen wurde, geht allerdings aus der Rechnung selbst ebenso wie aus dem Revisionsvermerk und den in die Rechnung eingelegten Anmerkungen über die Holzvogtei nicht hervor.
Die Erschließung des Bestandes
Für die Holzvogteirechnungen wurde ein eigener Bestand gebildet, da sie im Oberforstmeisteramt als eigenständiger Behörde entstanden sind. Den Hauptteil des Bestandes bildet die eigentliche Serie der Holzvogteirechnungen, aus der allerdings die genetischen Vorstufen ausgegliedert wurden, die neben den Beilagen eine dritte, kleinere eigenständige Serie innerhalb des Bestandes bilden.
Innerhalb der Serien wurden die einzelnen Archivalieneinheiten chronologisch geordnet.
Der Bestand umfasst nun 59 Archivalieneinheiten und ist unter der Signatur FAS DS 1 T 17 Nr. ... zu bestellen.
Sigmaringen im Januar 2010
Stefanie Albus

Bestandssignatur
Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, FAS DS 1 T 17
Umfang
59 Archivalieneinheiten (0,8 lfd.m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Fürstlich Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv (Dep. 39) >> Domänenarchiv Hohenzollern-Sigmaringen >> Grafschaft Sigmaringen
Verwandte Bestände und Literatur
Fritz Kallenberg, Hohenzollern (Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs, Bd. 23), Stuttgart 1996.
Ders., Die Fürstentümer Hohenzollern am Ausgang des Alten Reichs, Ein Beitrag zur politischen und sozialen Formation des deutschen Südwestens, Diss. masch. Tübingen 1961.
Andreas Zekorn, Zwischen Habsburg und Hohenzollern. Verfassungs- und Sozialgeschichte der Stadt Sigmaringen im 17. und 18. Jahrhundert (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns, Bd. 16), Sigmaringen 1996.

Indexbegriff Ort
Sigmaringen SIG; Grafschaft

Bestandslaufzeit
1716-1794

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 08:37 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1716-1794

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