Bestand

Hof-/Staatstheater Stuttgart: Verwaltungsakten (Bestand)

Vorbemerkung: I. Zur Geschichte der Behörde Die Anfänge eines Theaters am württembergischen Hofe lassen sich bis in die Zeit vor dem 30-jährigen Krieg zurückverfolgen. Es handelte sich dabei jedoch nur um vereinzelte Aufführungen und noch nicht um eine feste Einrichtung. Neben diesen örtlichen Bemühungen kamen in steigendem Maße dann französische Komödianten und wandernde englische und deutsche Schauspielertruppen nach Stuttgart. Bei ihren Aufführungen pflegte die fürstliche Hofkapelle mitzuwirken. Aus diesen Anfängen entwickelte sich um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert eine stehende Oper mit Ballett, die nach dem Tode Herzog Carl Alexanders abgeschafft, von seinem Sohn Carl Eugen aber in glänzender Weise zu neuem Leben erweckt wurde. Er ließ das Lusthaus beim Neuen Schloß in Stuttgart zu einem Opernhaus umbauen und erstellte an der nachmaligen Planie ein Schauspielhaus, das jedoch 1802 abbrannte. Im 19. Jahrhundert beherbergte das mehrmals umgebaute und gründlich veränderte Lusthaus sowohl Oper wie Schauspiel, bis es in der Nacht vom 19. auf 20. Januar 1902 einem Brand zum Opfer fiel. Noch im gleichen Jahr entstand hinter dem Reithaus, an der Stelle des heutigen Landtagsgebäudes, das Interimstheater, das am 12. Oktober 1902 eingeweiht wurde. Durch Zusammenwirken von Krone, Staat und Stadt Stuttgart konnten dann in den Jahren 1909 - 1912 auf dem Gelände des bisherigen Botanischen Gartens an der Neckarstraße die beiden Häuser des neuen Hoftheaters nach den Plänen des Münchener Architekten Prof. Max Littmann erbaut werden. Ihre Eröffnung fand am 14. September 1912 statt. Das Theater war von seinen Anfängen an eine Angelegenheit des Hofes, zu dessen Belustigung es in erster Linie diente. Sein naher Zusammenhang mit der Hofkapelle hatte zur Folge, daß die Kosten für die Besoldung der Künstler dem Kirchenkasten aufgebürdet wurden und der Herzog zunächst nur in Ausnahmefällen Zuschüsse aus seiner Schatulle beisteuerte, während die Unterhaltung des Theaters selbst die Rentkammer zu tragen hatte. Organisationsmäßig unterstanden Hofmusik wie Schauspiel und Oper dem Oberhofmarschallamt. Ein maitre de plaisir, zur Zeit Herzog Carl Eugens der Regierungs- und Hofrat Albrecht Jakob Bühler, nahm die Stelle eines Intendanten ein; wichtigste Person neben ihm war der Theaterkassier. 1787 wurde für kurze Zeit Schubart künstlerischer Direktor von Schauspiel und Oper. Zu Ende des 18. Jahrhunderts zeigte sich ein deutlicher Niedergang der Stuttgarter Bühne, die mehrmals verpachtet wurde, bis König Friedrich sie in eigene Regie übernahm und durch von ihm ernannte Intendanten verwalten ließ. Ein Teil der beträchtlichen Theaterschulden wurde auf die Kasse seiner Kammerschreiberei (Hofkammer) angewiesen, doch steuerte der König auch namhafte Gelder aus seiner Privatkasse bei. Als der 1806 eingerichtete Musik- und Theaterfonds immer noch nicht ausreichte, hob man 1811 die bisherige Theaterkasse auf und vereinigte sie mit der Generalstaatskasse, bei der ein besonderer Rechnungsrat zur Besorgung der Theatergeschäfte angestellt wurde. Die unbefriedigenden Leistungen seines Theaters veranlaßten König Friedrich, die Theaterleitung mehrfach umzuorganisieren bis eine dreiköpfige "Oberintendanz" geschaffen wurde, die dem eigentlichen Theaterdirektor vorstand. Das Repertoire sollte vom Kapellmeister und den beiden Regisseuren bestimmt und der Direktion nur zur Genehmigung vorgelegt werden. Friedrichs Sohn und Nachfolger König Wilhelm unterstellte die Theaterdirektion der Oberhofintendanz, der ein beratendes Komitee für Theaterangelegenheiten beigegeben wurde. Diese Organisation erwies sich jedoch als zu schwerfällig, so daß man im April 1818 zu einer Geschäftsvereinfachung schritt: es wurde eine dem Oberstkammerherrn unterstellte Intendanz für Theaterangelegenheiten eingerichtet, die aus einem Leiter für die Verwaltung und einem für den Kunstbetrieb bestand. Die einschneidendste Veränderung war aber die Übernahme des bisher königlichen Instituts durch den Staat: d ie Verwaltung ging vom Hof an das Innenministerium über. Die Bühne erhielt den Namen eines "Kgl. Hof- und Nationaltheaters". Diese Phase währte jedoch nur kurze Zeit, bereits am 1. Juli 1820 wurde das Theater wieder vom Hof übernommen, sein Etat von neuem der Zivilliste des Königs zugewiesen. Die Verwaltungsaufsicht fiel nun der Hofdomänenkammer zu, die künstlerische Leitung übernahm ein vom König ernannter Intendant mit dem Titel eines Direktors. Im Juni 1831 erhielt die Theaterdirektion die Ermächtigung, sich wieder "Intendanz der Kgl. Schauspiele" zu nennen. Diese Theaterorganisation blieb während der ganzen Regierungszeit König Wilhelms bestehen. Erst unter König Karl erfolgte wieder eine Änderung. Durch Dekret vom 15. Mai 1873 wurde die Intendanz mit ihrem ganzen Geschäftskreis der Hofdomänenkammer untergeordnet, der sie bisher nur in administrativer Hinsicht unterstellt gewesen war. Das Theaterpersonal unterstand jedoch weiterhin unmittelbar dem Intendanten, der auch die künstlerische Leitung in vollem Umfang zu führen und dem König darüber einmal wöchentlich mündlichen Bericht zu erstatten hatte. Ende 1873 wurde vom Landtag eine Kommission eingesetzt, die sich mit der Frage eines Staatsbeitrags zur Unterhaltung des sich in einer finanziellen Krise befindlichen Theaters befassen sollte und dabei seine Umwandlung in ein zu verpachtendes "Staatstheater" ins Auge faßte. Es kam jedoch zu keiner Einigung mit den Vertretern der Krone. Immerhin kam man überein, die seit 1820 unverändert gebliebene Zivilliste zu erhöhen. Eine Verpflichtung der Zivilliste, das Hoftheater zu unterhalten, wurde dabei vom Justiz-Minister nicht anerkannt. Im übrigen behielt die Bühne den Charakter eines Hoftheaters. Im Juni 1874 wurde dann der Intendanz ihre relative Selbständigkeit genommen, der mündliche Vortrag beim König hörte auf. Alle Anträge mußten fortan schriftlich dem Hofkammerpräsidium vorgelegt werden, das darüber teils selbständig entschied, teils die Entschließung des Königs einholte. Damit lagen alle Personalangelegenheiten letztlich in der Hand des Hofkammerpräsidenten. Erst dem Intendanten Wetther gelang es 1885, die frühere Selbständigkeit zurückzugewinnen und in künstlerischen und Personalfragen wieder unmittelbar dem König unterstellt zu werden. Für Verwaltungsangelegenheiten blieb die Hofkammer zuständig. Eine neue Ära begann für das Stuttgarter Hoftheater mit dem Regierungsantritt des theaterfreudigen Königs Wilhelm II., der 1892 den badischen Offizier Joachim Gans Edler Herrn zu Putlitz zum Intendanten berief: gemeinsam erreichten sie, daß Stuttgarts Bühne zu einer der besten Deutschlands wurde. Das Verhältnis der Intendanz zur Hofdomänenkammer erfuhr eine Neuregelung. Putlitz erhielt eine wesentlich größere Bewegungsfreiheit als seine Vorgänger. Das Hoftheater und das gesamte dazugehörige ständige und nichtständige Kunst-, Verwaltungs- und Dienstpersonal wurde der Oberleitung und Aufsicht des Vorstandes der kgl. Hoftheaterintendanz unterstellt, der selbst unmittelbar unter dem König stand und nur diesem für seine Amtsführung verantwortlich sein sollte. Die Mitwirkung der Hofkammer beschränkte sich fortan auf finanzielle Aufgaben und juristische Beratung. Das Verhältnis des Intendanten zur Hofkammer wurde durch kgl. Verfügung vom 4. März 1904 in einer zwischen beiden Stellen verabredeten neuen Fassung endgültig geregelt, die den bisherigen Zustand verankerte. Das Hoftheater stand auf einem Höhepunkt seiner Geschichte, als 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach. Mit der Revolution von 1918 und dem Ende der Monarchie wurde es als "Württembergisches Landestheater" eine staatliche Anstalt unter der unmittelbaren Aufsicht des Kultministeriums. Vom 1. April 1920 an leistete die Stadt Stuttgart einen jährlichen Finanzbeitrag von 40 % des rechnungsmäßigen Abmangels unter Mitwirkung eines gemeinsamen Theaterausschusses für bestimmte Finanzangelegenheiten. Zur Sicherung seines Betriebs wurde am 12. März 1921 die "Theatergemeinde" des Landes theaters gegründet. Das Staatstheater erhielt laut Bekanntmachung vom 31.8.1925 die Bezeichnung "die Württembergischen Landestheater", sein Leiter den Titel "General-Intendent". Mit Bekanntmachung vom 1.4.1933 wurde die Bezeichnung in "Württembergische Staatstheater" geändert. Sie wurden und werden als Kulturtheater geführt, nicht als Erwerbsunternehmen. Im 2. Weltkrieg erlitten beide Häuser der Staatstheater durch Luftangriffe schwere Schäden. Während das Große Haus nach Kriegsende rasch wieder instand gesetzt und bespielt werden konnte, mußte das völlig zerstörte Kleine Haus abgetragen und durch einen Neubau ersetzt werden, dessen Erstellung 17,5 Millionen DM kostete. Die Einweihung erfolgte 1962. Seitdem haben die Württembergischen Staatstheater Stuttgart die alte Tradition erfolgreich fortgeführt und sind durch ihre Oper und das von Cranko geprägte Ballett zu weltweitem Ruhm gelangt. Sie sind, wie die zahlreichen Gastspiele im In- und Ausland beweisen, für das deutsche Nachkriegstheater international repräsentativ geworden. Literatur: Krauß, Rudolf: Das Stuttgarter Hoftheater von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Stuttgart 1908. Dehlinger, Alfred: Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute. Stuttgart 1951. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden Band I. Stuttgart 1974. II. Registratur- bzw. Bestandsgeschichte Die Mehrzahl der Akten des früheren Bestandes E 18 III wurden 1959 von der Registratur der Württembergischen Staatstheater in geordnetem Zustand zusammen mit einem Übergabeverzeichnis an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart abgegeben (Tgb.Nr. 3364/1959, Sign. AA). Von dem 88 laufende Nummern zählenden Bestand konnten die Nummern 69 bis 71 (Telefon, Schriftwechsel mit der Telegrafeninspektion; Licht und Kraft, Stromverbrauch im Interimstheater; Fuhr- und Frachtkosten, der Theaterwagen) als nicht archivwürdig nicht übernommen werden. Die Akten erstrecken sich über die Zeit vom Tode König Wilhelms I., 1864, bis zur Revolution von 1918. Vereinzelte ältere Akten wurden ausgesondert und in den Bestand E 18 I eingereiht. Eine weitere Ablieferung der Württembergischen Staatstheater an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart fand im September und Oktober 1973 statt. Sie umfaßte alte Programme, Theaterzettel, Fotos und vor allem Pläne und Architekturzeichnungen vom Neubau der Staatstheater in den Jahren 1906-1912, aber auch Akten über deren Betrieb und Verwaltung bis zu ihrer Zerstörung im 2. Weltkrieg. Diese ungeordneten Unterlagen stammten großenteils aus der Registratur des Inspektors Guter, wiesen aber keine Signaturen auf. Die Ablieferung wurde mit Schreiben vom 21. September 1973 Nr. 5233 und 30. Oktober 1973 Nr. 6048 vom Hauptstaatsarchiv Stuttgart dem Staatsarchiv Ludwigsburg übergeben (Tgb.Nr. 1723 vom 24.9.1973 und Nr. 1930 vom 5.11.1973), wohin der Gesamtbestand E 18 im Zuge der gegenseitigen "Flurbereinigung" verbracht worden war. Hier konnte sie im Laufe des Sommers 1974 geordnet und in den ursprünglichen Bestand E 18 III eingearbeitet werden, der danach neu gegliedert wurde. Als Rest blieben einige wenige nach 1945 entstandene Akten und Pläne zurück (insgesamt 1 Büschel). Sie bilden den Grundstock eines mit späteren Ablieferungen der Staatstheater Stuttgart aufzufüllenden Bestandes EL 221. Als Anhang waren noch im Hauptstaatsarchiv Stuttgart Privatakten betr. den Generalmusikdirektor Max v. Schillings beigefügt worden, die das Anwaltsbüro Esslinger, Stuttgart, im Oktober 1971 abgegeben hatte (Tgb.Nr. 1630). Der Bestand E 18 III wurde in den Jahren 2002 und 2003 mit dem Bestand E 18 V zusammengefügt. Die Akten des letztgenannte Bestandes wurden im März 1975, Juli 1982 und im Jahr 2003 aus der Registratur der Württembergischen Staatstheater vom Staatsarchiv Ludwigsburg übernommen. Ein relativ systematisches Aktenverzeichnis, das die abgelieferte Registraturschicht erfasste, ersetzte eine eigens anzufertigende Übergabeliste. Die Erschließung des Bestandes E 18 V erfolgte unter Zugrundelegung des Registraturverzeichnisses von 1920 (Bü 1601). Es handelt sich um Sachakten, denen z.T. - wie in den Titelaufnahmen angegeben - Theaterprogramme bzw. Theaterzettel, Presseartikel sowie in geringem Umfang auch Fotos, Pläne und Architekturzeichnungen beigefügt sind. Der Inhalt entspricht den vielfältigen Verwaltungsaufgaben des Hof- bzw. Landes- und Staatstheaters (einschließlich Wilhelma-Theater). Ein einzelnes Schriftstück (Bü 1047) stammt aus dem Jahr 1719, ansonsten ist der Zeitraum von 1811 bis 1945 erfaßt, wobei der Schwerpunkt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegt. Entsprechend den Erfordernissen kontinuierlicher Verwaltungstätigkeit enthält der Bestand für einzelne Bereiche Nachakten bis in das Jahr 1974. Die Verzeichnung des Bestandes E 18 III erfolgte durch Herrn Dr. Uhland und wurde im Jahr 1974 abgeschlossen. E 18 V wurde 1981/82 durch Herrn Dr. Moegle-Hofacker und Herrn Reiff verzeichnet. Frau Dr. Schaupp überarbeitete die Klassifikation und ordnete den Bestand E 18 III in E 18 V ein. Der Unterzeichnete übernahm die Redaktion und die Korrekturarbeiten sowie die Verzeichnung jener Akten, die im Jahr 2003 vom Staatstheater abgegeben worden waren. Schließlich wurden im Rahmen des Projekts "Erschließung und passive Konservierung der Spezialsammlungen des Staatstheaters Stuttgart im Staatsarchiv Ludwigsburg" im April 2012 die aus verschiedenen Zugängen der Jahre 2007 ff. stammenden Bü-Nrn. 1603-1637 dem Bestand hinzugefügt. Folgende Akten fehlen: E 18 V, Bü 18, 23-25, 97, 100, 102-107, 907-910, 1194, 1197-1199, 1202, 1217). Der Bestand umfasst 1637 Büschel = 29,0 lfd. Regalmeter Ludwigsburg, im November 2003 Dr. Benedikt Mauer

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, E 18 V
Umfang
1622 Büschel (28,2 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Ober- und Mittelbehörden 1806-um 1945 >> Hofverwaltung

Bestandslaufzeit
(1719) 1804-1974

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Letzte Aktualisierung
18.04.2024, 10:40 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • (1719) 1804-1974

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