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Paolo Veronese beim Prior von San Giorgio Maggiore in Venedig

Der 1828 in Berlin geborene Otto Gottfried Wichmann wuchs in einer Künstlerfamilie auf. Sein Vater war der bekannte und erfolgreiche Bildhauer Ludwig Wilhelm Wichmann. Der Sohn hatte sich für die Malerei entschieden und brach 1851 nach Paris auf, um sich dort im Atelier des Historienmalers und Kupferstechers Joseph-Nicolas Robert-Fleury ausbilden zu lassen. Mit Aktstudien in der Manier Paul Delaroches und mit seiner Teilnahme an den Pariser Salons 1852 und 1853 machte er auf sich aufmerksam. Unter anderem war sein Gemälde Katharina von Medici beim Giftmischer, das 1876 aus dem Nachlass in die Nationalgalerie kam, 1853 im Pariser Salon ausgestellt (Explication des ouvrages de peinture et dessins, sculpture, architecture et gravure, des artistes vivants, exposés aux menus-plaisirs le 15 mai 1853, Ausst.-Kat. Paris 1853, S. 203, Nr. 1192). Im Frühjahr 1853 reiste Wichmann nach Rom, wo er sich die meiste Zeit bis zu seinem frühen Tod 1858 aufhielt. 1856 sandte Wichmann sein Gemälde Giorgione und seine Geliebte Virginia auf die Berliner Akademieausstellung, das Beachtung fand (Katalog zur Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste, Berlin 1856, Kat. 959). Im gleichen Jahr vollendete er in Rom seine Komposition Paolo Veronese beim Prior von San Giorgio Maggiore in Venedig, die der Bankier Wagener für seine Sammlung zum Preis vom 575 Talern erwarb (Verzeichniss der Gemälde-Sammlung des J.H.W. Wagener, Berlin 1850, Kat. 257, SMB-ZA, IV/NL Wagener). Im Juli 1857 hielt sich Wichmann offensichtlich mit dem Werk in Berlin auf, denn er schrieb von dort an Wagener, kurz vor seiner Rückreise nach Rom, daß er ihm nun das bestellte Bild senden werde und hoffe, es werde seinen Platz in Wageners Galerie behaupten. Zum Sujet erläuterte er, dass sich das in seinem Bild eine Rolle spielende Gemälde von Veronese, Die Hochzeit zu Kana in Paris befindet (1563, Öl auf Leinwand, 666 x 990, Louvre) (O.G. Wichmann an J.H.W. Wagener, Brief vom 11.07.1857, SMB-ZA IV/NL Wagener 1247).  Wichmann hatte während seines Paris-Aufenthaltes das berühmte monumentale, fast zehn Meter breite Renaissance-Gemälde im Louvre eingehend studiert und mehrfach in Skizzen festgehalten. Ursprünglich befand sich Veroneses Werk im Kloster San Giorgio Maggiore in Venedig und zierte dort die Rückwand des Refektoriums. Napoleon raubte das Bild und brachte es 1797 nach Paris.   In Wichmanns Darstellung ist Paolo Veronese zu sehen, der dem Prior des Klosters S. Giorgio Maggiore und zwei Mönchen die Farbskizze für das geplante Gemälde Die Hochzeit zu Kana vorstellt. Während der Künstler sich lässig auf die Lehne des Stuhles mit der Skizze stützt, wirken die drei Betrachter grüblerisch misstrauisch. Möglicherweise war Wichmann bekannt, dass sich Veronese zehn Jahre nach der Hochzeit zu Kana wegen seines monumentalen Gemäldes Das Gastmahl im Hause des Levi für Santi Giovanni e Paolo (1573, Öl auf Leinwand, 560 x 1306 cm, Gallerie dell’Accademia di belle arti, Venedig) auf Grund der phantasiereichen und unkonventionellen Komposition einer inquisitorischen Befragung stellen musste. Mit seiner Komposition ergriff Wichmann Partei für das schöpferische Genie. Das Werk erscheint wie ein Kommentar zum Verhältnis zwischen dem nach freier Entfaltung strebenden Künstler und der politischen Macht. 1860, zwei Jahre nach dem Tod des nur 30 Jahre alt gewordenen Wichmann, präsentierte Wagener dessen Gemälde auf der Berliner Akademieausstellung (Katalog zur Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste, Berlin 1860, Kat. 1066). Im 1858 erschienenen Nachruf wurde Otto Wichmann, als „ein zu den schönsten Hoffnungen berechtigter Künstler, der schon recht Tüchtiges leistete“ gewürdigt. (Dioskuren, 3. Jg., Nr. 32, Berlin 1858, S. 70). | Birgit Verwiebe

Fotograf*in: Andres Kilger

Public Domain Mark 1.0

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Material/Technik
Öl auf Leinwand
Maße
Höhe x Breite: 98 x 137,5 cm
Rahmenmaß: 135 x 165 x 10 cm (altes Tiefenmaß)
Rahmenmaß: 135 x 165 x 14 cm (neues Tiefenmaß; KM, 13.02.2007)
Rahmenaußenmaß: 135 x 165 x 20 cm (Packmaß; KM; 28.02.2022)
Standort
Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
W.S. 260

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
1861 Vermächtnis des Bankiers Joachim Heinrich Wilhelm Wagener als Gründungssammlung der Nationalgalerie
Ereignis
Herstellung
(wer)
Otto Gottfried Wichmann (1828 - 1858), Maler*in
(wann)
1856

Letzte Aktualisierung
08.08.2023, 11:02 MESZ

Objekttyp


  • Bild

Beteiligte


  • Otto Gottfried Wichmann (1828 - 1858), Maler*in

Entstanden


  • 1856

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