Bestand
Wimpfen, Reichsstadt: Predigerkloster (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Das vor 1265 gegründete Dominikanerkloster Wimpfen gehörte im Spätemittelalter zu den reichsten und einflussreichsten Niederlassungen seines Ordens im Reiche. Seit 1655 versahen die Dominikaner die katholische Stadtpfarrei in der Stadt. 1803 fiel das Kloster nach kurzer Inbesitznahme durch Baden an das später Großherzogtum Hessen-Darmstadt; 1818 wurde es aufgehoben. Der vorliegende Bestand enthält im wesentlichen die Archivalien, die von Hessen-Darmstadt im Verlauf des 19. Jahrhunderts an Württemberg ausgefolgt worden waren. Ein Teil des klösterlichen Archivguts verblieb allerdings in Darmstadt; überdies erhielt das katholische Pfarrarchiv eine 1721 erstellte Klosterchronik.
Inhalt und Bewertung
Mit geringen Ausnahmen betreffen die Akten des Bestands vorwiegend Verwaltung und Ausstattung der Pfarrei Offenau, während die Urkunden Güter, Zinsen und Gülten in zahlreichen Orten der Umgebung Wimpfens zum Gegenstand haben.
Zur Geschichte des Predigerklosters Wimpfen: Wohl noch vor 1265 - nach der Zimmer'schen Chronik im Jahre 1259 - schenkte der Ministeriale Engelhard von Weinsberg einen Teil seines Besitzes im Südwesten der noch jungen Stadt Wimpfen dem Prediger- bzw. Dominikanerorden mit der Bedingung, auf der ehemaligen Richtstätte eine Kirche mit einem Hochaltar zu Ehren des heiligen Kreuzes zu errichten. Noch bevor der Provinzialvikar der Dominikanerklöster im Deutschen Reiche die Wimpfener Niederlassung im Jahre 1269 offiziell in den Orden aufnahm, wurde mit dem Bau der Klostergebäude, im Jahre 1270 dann mit der Errichtung der Klosterkirche begonnen. Noch im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts erwarb das Dominikanerkloster seine wirtschaftliche und finanzielle Grundausstattung durch Einnahmen von Almosen und Ablassgeldern sowie durch Schenkungen von Grundstücken, Höfen, Zinsen und Gülten aus der Hand von Adligen der Umgebung. Die sich im Laufe des 14. Jahrhunderts stetig steigernde Zahl von Schenkungen - häufig in Form von Anniversar-Stiftungen - setzte das Kloster bald in den Stand, zu eigener, aktiver Erwerbspolitik überzugeben und erworbene Güter - vorwiegend als Erblehen - gegen Erstattung von Zinsen und Gülten weiterzuverleihen. Wie es scheint, brachten die ins Kloster Eintretenden eine gewisse, von Verwandten zu stellende Leibrente mit ein; gesichert ist jedenfalls, dass einzelne Konventbrüder über zum Teil nicht unerhebliche Vermögenswerte verfügten, die dann spätestens nach ihrem Tode in den Besitz des Ordens übergingen. Auf diese Weise etwa vermochte das Dominikanerkloster in Biberach (Stadtkreis Heilbronn), wo es schon im 14. Jahrhundert über Zinsgerechtigkeiten verfügt hatte, im Jahre 1422 mit dem ererbten Hof ihres verstorbenen Mitkonventualen Johannes Reuber Fuß zu fassen (vgl. U 8 - 11) und die dortigen Besitzungen im Laufe der nächsten Jahrzehnte durch den Ankauf weitere Höfe, Güter und Gerechtigkeiten stetig auszubauen. Nicht zuletzt der steigende Wohlstand des Wimpfener Predigerordens brachte es mit sich, dass die Klosterdisziplin mehr und mehr in Verfall geriet, so dass sich schließlich - auf Initiative der Wimpfener Bürgerschaft - der Provinzialvikar der Dominikaner veranlasst sah, das Kloster durch Patres des Nürnberger Predigerklosters im Jahre 1460 reformieren zu lassen. Wenn nun die Ordensregel wieder im Mittelpunkt des klösterlichen Lebens stand, sogar zwischen 1479 und 1553 vier Provinzialkapitel in Wimpfen tagten, wurde doch die umsichtige und effektvolle Wirtschaftspolitik weiterhin erfolgreich fortgesetzt. Nun eines der größten, reichsten und einflussreichsten Dominikanerklöster im Reiche geworden, war es dem Kloster sogar möglich, in beträchtlichem Umfange Kapital zu verleihen, so im Jahre 1482 1.000 fl. an die Reichsstadt Wimpfen, die diese erst 1659 abzulösen vermochte, 1515 an die Reichsstadt Esslingen 500 fl. sowie 1518 650 fl. an das Kloster Maulbronn. Die Reformation im Jahre 1550 hatte zur Folge, dass die Stadtpfarrei und die katholische Kirchengemeinde aus der Stadtkirche in die Kirche des Dominikanerkloster ausweichen mussten. Im Gefolge des Dreißigjährigen Krieges sahen sich Prior und Konvent sogar gezwungen, die Stadtpfarrei - zunächst provisorisch - selbst zu versehen, wofür sie vom Domkapitel zu Worms finanziell entschädigt wurden (vgl. Büschel 3). Im Jahre 1655 übertrug das Wormser Domkapitel ihnen dann offiziell die katholische Stadtpfarrei zu Wimpfen. 1802 fiel mit der Reichsstadt Wimpfen auch das Dominikanerkloster zunächst an Baden, das aber bereits im darauffolgenden Jahre seinen neuen Besitz mit dem (seit 1806: Groß-) Herzogtum Hessen-Darmstadt tauschte. Im Jahre 1818 wurde das Dominikanerkloster, dessen Kirche auch weiterhin als Pfarrkirche der katholischen Kirchengemeinde diente, aufgehoben. Auch nach der Angliederung Wimpfens an Württemberg-Baden (1945) bzw. Baden-Württemberg (1952) verblieb die katholische Kirchengemeinde beim Dekanat Heppenheim der Diözese Mainz.
Zur Geschichte und Bearbeitung des Bestandes: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts sind die in dem kleinen Bestand vereinigten Archivalien bis auf eine Ausnahme (Nr. 6), die von Baden extradiert wurde, nach Maßgabe des Prinzips der Lokalpertinenz von Hessen-Darmstadt an Württemberg ausgefolgt worden. Weitere Archivalien - vor allem die Kopialbücher von 1516 und 1563, in denen die hiesigen Originale ebenfalls überliefert sind - verblieben im Staatsarchiv Darmstadt, während das Katholische Pfarrarchiv Bad Wimpfen eine im Jahre 1721 erstellte Klosterchronik als wichtige Ergänzungsüberlieferung verwahrt. Im Staatsarchiv Stuttgart waren die von Baden und Hessen übernommenen Urkunden und Akten als Büschel 29 bzw. 30 - unter völliger Missachtung der Provenienz - zunächst dem Bestande A 137 (Altwürttembergische Akten betreffend das Ritterstift Wimpfen) angegliedert worden. Hier wurden sie um 1930 von Karl Otto Müller herausgelöst und als Bestand B 218 (später: B 218 S) neu formiert, nicht aber neu verzeichnet. Im Zuge der Beständebereinigung zwischen dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart und dem Staatsarchiv Ludwigsburg gelangte der kleine Bestand mitsamt dem entsprechenden Extrakt aus dem Zettelrepertorium zu Bestand A 137 in das Staatsarchiv Ludwigsburg. Die alte, vor der Müllerschen Revision vorgenommene Verzeichnung war alphabetisch nach den Lokalpertinenzen (Bellingen, Biberach, Bonfeld, Frankenbach, Hausen, Kirchhausen, Offenau, Schwaigern und Untergriesheim) erfolgt und mischte demzufolge Urkunden und Akten, die allerdings später getrennt aufgestellt wurden, quer durcheinander. Die unzureichenden, oft sogar falsch datierten Kurzregesten erschlossen zudem nur ungenau den eigentlichen Rechtsinhalt und darüber hinaus nur einen geringen Teil aller vorkommenden Orts- und Personennahmen, auf deren exakten Identifizierung ebenfalls verzichtet wurde. Aus den genannten Gründen schien eine Neuverzeichnung dringend geboten. In der zweiten Jahreshälfte 1994 erstellte der Unterzeichnete Vollregesten aller 16 Pergamenturkunden sowie von weiteren vier Papierurkunden, die aus dem übriggebliebenen Aktenbüschel 1 herausgezogenen wurden. Daraufhin erfolgte die nun chronologische Reihung der Urkundenregesten, die nunmehr sämtliche Orts- und Personennamen enthalten. Nach entsprechender Umsignierung wurden sodann die Akten nach heutigen Verzeichnungsrichtlinien neu aufgenommen und aus dem bisherigen Aktenbüschel 1 die Büschel 1-3 neu gebildet. Mit geringen Ausnahmen betreffen die Akten vorwiegend Verwaltung und Ausstattung der Pfarrei Offenau, während die Urkunden - der Form nach Anniversar-Stiftungen, Schenkungen, Kauf- und (Erb-)Lehenbriefe sowie Lehenreverse - Güter, Zinsen und Gülten in zahlreichen Orten der Umgebung Wimpfen zum Gegenstande haben. Der Bestand umfaßt nunmehr 20 Urkunden (einschließlich einer Abschrift aus einem der im Staatsarchiv Darmstadt verwahrten Kopialbücher) sowie 3 Büschel im Gesamtumfang von 0,6 lfd. m. und trägt nach seiner Neuverzeichnung die Signatur B 218. Ludwigsburg, im Januar 1995 Norbert Stein
Literatur: A. Balser, Über das Dominikanerkloster in Wimpfen. In: Quartalblätter des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen, N. F: 2 (Darmstadt 1900), S. 246 Albrecht Endriss, Die religiös-kirchlichen Verhältnisse in der Reichsstadt Wimpfen vor der Reformation (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen, 39. Band), Stuttgart 1967
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, B 218
- Umfang
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20 Urkunden, 3 Büschel (0,6 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Bestände vor 1803 bzw. vor 1806/10 >> Reichsstädte
- Bestandslaufzeit
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1302-1735
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
18.04.2024, 10:40 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1302-1735