Bestand
Strafanstalt Lauerhof (Bestand)
Erschließungszustand, Umfang: Findbuch (2004)
4 lfm
Verwandte Verzeichnungseinheiten: NSA IV.1 C Strafrechtspflege; Bürgerschaft IV, C III Strafanstalten; Hochbauamt,
L III Strafanstalten
Vorwort: 1. Geschichte der Strafanstalt Lauerhof
1.1 Geschichte, Aufgaben und Organisation der Strafanstalt
Die Strafanstalt Lauerhof in Lübeck, die im Frühjahr 1909 fertiggestellt und am 1. April desselben Jahres bezogen wurde, hat eine längere Vorgeschichte.
Seit mehr als einem halben Jahrhundert wurde im Lübecker Senat die Notwendigkeit einer Reform des städtischen Strafvollzugs thematisiert. Verschiedene Anläufe und Anträge wurden unternommen, scheiterten jedoch allesamt. Die in den beiden vorhandenen Institutionen Marstallgefängnis und Werk- und Zuchthaus St. Annen vorhandenen Mißstände konnten durch einfachen Reparaturen und Umbauten nicht mehr behoben werden. Zudem war die verkraftbare Oberbelegungsgrenze längst überschritten. Nur ein kompletter Neubau außerhalb der Stadt, der die gesamte Strafvollstreckung sowohl für Zuchthausgefangene als auch Gefängnis- und Haftgefangene und Korrigenden beiderlei Geschlechts abdeckte, konnte Aussicht auf Verbesserung versprechen. Polizeiamt und Vorsteherschaft beantragten in diesem Sinne 1902 die Errichtung eines entsprechenden Zentralgefängnisses auf den sogenannten ‚Lauerhöfer Parzellen'. Durch Rats- und Bürgerbeschluß vom 18.5.1903 wurde die Errichtung einer Zentralhaftanstalt auf dem Gelände der Lauerhöfer Parzellen und auf Staatsländereien beschlossen, der Bau von 1904-1909 ausgeführt. Die neue Strafanstalt konnte insgesamt 558 Personen aufnehmen, eine mögliche Aufstockung auf bis zu 900 Insassen wurde eingeplant.
Während das Werk- und Zuchthaus St. Annen nach dem Neubau seine Funktion verlor, blieb das Marstallgefängnis bestehen. Es diente zur (kurzfristigen) Unterbringung von Gefangenen, d.h. zur Vollstreckung von Gefängnisstrafen bis zu 7 Tagen, Haftstrafen § 361 3-8 StGB bis zu 5 Tagen, einfacher Haft, Zwangs- und Ordnungsstrafen sowie zur Aufnahme von Durchgangsgefangenen, Polizeigefangenen, in Schutzhaft genommene Personen und von Ausländern, die ausgewiesen oder ausgeliefert werden sollten, Obdachlosen und aus anderen Gründen in Verwahrung genommene Personen.
Die Wahrnehmung der Kontrolle bzw. der Aufsicht lag für die Strafanstalt Lauerhof bei der Vorsteherschaft. Sie bestand aus drei Mitgliedern des Lübecker Senats, von welchen eines den Vorsitz führte, und sechs bürgerlichen Mitgliedern. Die Aufsicht über das Marstall- und Untersuchungsgefängnis lag beim Polizeiamt. Diese beiden Behörden hatten die Verwaltung ihrer Anstalten zu beaufsichtigen und den gesamten Vollzug zu überwachen.
Ende der 1920er Jahre erfolgte eine Neuorganisation des Gefängniswesens in Richtung einer kooperativen Verwaltung mit auswärtigen Anstalten. Am 27.4.1929 wurde ein Gefängnisgemeinschaftsvertrag zwischen Hamburg und Lübeck über die Verwaltung ihrer Gefangenenanstalten geschlossen.
1.2 Gebäude der Strafanstalt
Die Strafanstalt Lauerhof wurde als mehrgliedriger Gebäudekomplex geplant, zu dem ausgedehnte Ländereien gehörten. Die weiblichen Gefangenen wurden in einem eigenen Frauengebäude direkt hinter dem Eingangsbereich untergebracht. Daran anschließend in östlicher Richtung folgte das Verwaltungsgebäude und das Gebäude für die männlichen Haftgefangenen. Die sogenannten Korrigenden wurden in einem Gebäude im entlegeneren Teil der Anlage untergebracht, das nahe dem landwirtschaftlichen Komplex lag und einen schnellen Einsatz dieser Personen in der Landwirtschaft oder anderen Arbeiten ermöglichte. Größere bauliche Veränderungen erfuhr die Strafanstalt im betreffenden Zeitraum nicht.
1.3 Literatur
Link, Hermann: Der Plan für den Bau eines Zentralgefängnisses in Lübeck, in: Lübeckische Blätter 44 (1902), S. 437-440; Die neue Zentralhaftanstalt, in: Vaterstädtische Blätter Nr. 14 vom 4.4.1909, S. 53-56; Die neue Zentralstrafanstalt, in: Vaterstädtische Blätter Nr. 15 vom 11.4.1909, S. 57-59; Neubau einer Zentral-Haftanstalt, in: Vaterstädtische Blätter Nr. 49 vom 3.12.1905, S. 201-204.
2. Bearbeitung des Bestandes
Der Aktenbestand der Strafanstalt Lauerhof wurde im September 1975 von der Justizvollzugsanstalt Lübeck an das Archiv der Hansestadt Lübeck übergeben (Erwerb 25/1975). Die Fotografien gelangten durch eine separate Lieferung 1986 als Geschenk des Staatsarchivs Hamburg in den Bestand des Archivs der Hansestadt Lübeck (Erwerb 39/1986).
Eine Registraturordnung, nach der die Akten systematisch abgelegt wurden, war für den Großteil der fadengebundenen Akten erkennbar. Diese Ordnung galt schon für die Akten des Werk- und Zuchthauses St. Annen und wurde auch nach der Überführung in die Strafanstalt Lauerhof beibehalten. Die vor dem Neubau 1909 angelegten und noch nicht geschlossenen Akten wurden nahtlos weitergeführt.
Die Akten wurden unterteilt nach 6 Großgruppen A-F gebildet:
A Verwaltung
B Bestallungssachen
C Seelsorge und Unterricht
D Kassen- und Rechnungssachen
E Bausachen
F Oekonomie und Arbeitswesen
Diese Großgruppen waren ihrerseits in Generalia und Spezialia unterteilt.
Für die aktuelle Bearbeitung wurden die einzelnen Akten zunächst mechanisch über Karteikarten erfasst. Die ursprünglichen Aktentitel, so sie vorhanden waren, erwiesen sich in den meisten Fällen als zutreffend und wurden übernommen. Wo dies nicht der Fall war, erfolgte eine vollständige Neubenennung bzw. eine nähere Erläuterung über den ‚Enthält'-Vermerk. Nach dieser Aufnahme erfolgte eine systematische Ordnung der Akten. Die Ordnung innerhalb der Akten konnte und mußte aufgrund der größtenteils fadengebundenen Akten beibehalten werden. Bei der Strukturierung des Bestandes wurde nach dem regulierenden Registraturprinzip verfahren. Die ursprüngliche Ordnung wurde in Bezug auf die Grobgliederung (s.o.) beibehalten. Kleinere Eingriffe wurden bei der Zuordnung der einzelnen Akten vorgenommen. Kassiert wurden Doppelexemplare gedruckter Anlagen sowie leere Umschläge etc. Die Erstellung des Findbuches erfolgte mit dem Textverarbeitungsprogramm WORD.
3. Umfang und Inhalt des Bestandes, Verweise auf andere Bestände
Der Bestand umfaßt insgesamt 273 Akteneinheiten (ca. 4 laufende Meter) und dokumentiert den Zeitraum von 1839 - 1929 mit vereinzelten früheren und späteren Einträgen. Die Akten der Strafanstalt Lauerhof ab 1937 befinden sich im Landesarchiv Schleswig-Holstein. Der Aktenbestand spiegelt die Verwaltung und die Durchführung des Strafvollzuges an der Strafanstalt Lauerhof und ihrer Vorgängerinstitutionen wider, im Einzelnen:
- Schriftwechsel der Vorsteherschaft
- Akten von und über das Aufsichtspersonal
- Aufnahmebücher (sog. ‚Hauptbücher')
- Unterbringung und Versorgung der Insassen
- Arbeitsdienst der Insassen.
Der inhaltliche Schwerpunkt des Bestandes liegt im Bereich des Personalwesens und dem Arbeitseinsatz der Insassen in Kooperation mit verschiedenen Lübecker und auswärtigen Firmen. Während die ab 1902 in verschiedenen Gremien beginnenden Überlegungen zur Errichtung einer zentralen Haftanstalt ihren Aktenniederschlag in Form von Sitzungsprotokollen u.a. fanden, befinden sich eigentliche Bauakten zur Planung und Durchführung des Neubaus nicht im Bestand. Auch existieren keine Personalakten einzelner Häftlinge. Diese müssen ursprünglich einmal angelegt und zu einem frühen Zeitpunkt vernichtet worden sein. Eine namentliche Erfassung der eingelieferten Personen geschah über die sogenannten ‚Hauptbücher'.
Ergänzende Unterlagen zur Strafanstalt Lauerhof bzw. deren Vorgängerinstitutionen befinden sich in folgenden Beständen:
- 12 Neues Senatsarchiv, IV.1.C Strafrechtspflege
- 13 Bürgerschaft IV, C.III Strafanstalten
- 4-65 Hochbauamt, L.III Strafanstalten.
Lübeck, den 11.02.04
Eingrenzung und Inhalt: Schriftwechsel der Vorsteherschaft, Akten von und über das Aufsichtspersonal, Aufnahmebücher (sog. "Hauptbücher"), Unterbringung und Versorgung der Insassen, Arbeitsdienst der Insassen
Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: a. In den Jahren 1904 bis 1909 wurde eine neue, zentrale Haftanstalt für Lübeck auf den Lauerhöfer Parzellen erbaut und 1909 bezogen. Sie diente der Strafvollstreckung sowohl über Zuchthausgefangene als auch Gefängnis- und Haftgefangene beiderlei Geschlechts und der Korrigenden. Von den bis dahin bestehenden Gefängnisinstitutionen der Stadt Lübeck behielt das Marstallgefängnis für Untersuchungs- und Schutzgefangene unter der Leitung des Polizeiamtes seine Funktion auch nach dem Neubau bei, das Werk- und Zuchthaus St. Annen wurde aufgelöst. Die Aufsicht über die Strafanstalt lag bei der Vorsteherschaft, welche sich aus drei Mitgliedern des Lübecker Senats und aus sechs bürgerlichen Mitgliedern zusammensetzte. 1929 kam es zur Umstrukturierung des Gefängniswesens. Die Städte Hamburg und Lübeck schlossen am 27.4.1929 einen Gefängnisgemeinschaftsvertrag über die Verwaltung ihrer Gefängnisse.
b. Die Akten des Werk- und Zuchthauses St. Annen wurden nach dem Neubau übernommen und weitergeführt. Die ursprüngliche Ordnung wurde beibehalten. Der Aktenbestand der Strafanstalt Lauerhof gelangte durch Ablieferungen 1975 von der Justizanstalt Lübeck an das Archiv.
- Bestandssignatur
-
03.05-10
- Kontext
-
Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 03 Behörden bis 1937 >> 03.05 Öffentliche Ordnung sowie Verwaltung des Landgebietes
- Bestandslaufzeit
-
1786-1942
- Weitere Objektseiten
- Zugangsbeschränkungen
-
Benutzungsbeschränkung: keine
- Letzte Aktualisierung
-
30.06.2025, 10:12 MESZ
Datenpartner
Archiv der Hansestadt Lübeck. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1786-1942