Bestand
Schöntal, Zisterzienserkloster: Akten (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Nach der Übernahme des Klosters Schöntal durch das Herzogtum Württemberg wurden die Akten und Bände des Klosterarchivs zunächst in die Registraturen des Kameralamts und des Oberamts Schöntal gelegt. 1824 verbrachte der württembergische Archivar Lotter einen Teil der Dokumente, vor allem Pergamenturkunden, in das Staatsarchiv in Stuttgart, wo sie der Archivar Wilhelm Ludwig Ferdinand Scheffer 1825 verzeichnete (s. Findbuch B 503 I). 1832 wurden die als weniger wichtig eingestuften Archivalien in das 1813 gegründete Königliche Nebenarchiv nach Mergentheim gebracht, wo sie von Archivar Breitenbach 1834 verzeichnet wurden. 1868 kam dieser Teil der Schöntaler Akten in das 1868 gegründete Staatsfilialarchiv in Ludwigsburg. Bei der Neuverzeichnung des Bestandes wurden die von Scheffer und Breitenbach in zwei Findbüchern verzeichneten Akten wieder vereinigt. Kaisheimer Provenienzen im Umfang von 0,1 lfd. m wurden 2006 an das Staatsarchiv Augsburg abgegeben. Das Findbuch B 503 I enthält die Pergamenturkunden; in Bestand B 503 III sind die Rechnungen und Protokolle vereinigt.
1. Geschichte des Bestandes: Erhard Öser, von 1511 bis 1535 Abt des Zisterzienserklosters Schöntal an der Jagst, ließ im Jahr 1512 die Urkunden und weitere Dokumente des Klosters Schöntal zusammentragen und in einem "Großen Copeybuch" verzeichnen. In der Amtszeit des Abts Benedikt Knittel (1683-1732) waren die darin aufgeführten bzw. abgeschriebenen "Originalbriefschaften" nach den zahlreichen Plünderungen des Klosters im Bauernkrieg und im Dreißigjährigen Krieg sowie der Aufbewahrung der Schöntaler Kanzlei im Schloß in Neuenstein von 1631-1634, als sich das Kloster in hohenlohischem Besitz befand, schon nicht mehr vollständig. Nach dem Anbau des Archivturms an die Alte Abtei im Jahr 1697 wurde das Archiv zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch Abt Knittel selbst und durch die als "Archivarii" bezeichneten Klosterbrüder Balthasar Raps, Richalmus Bechtold und Bruno Düll neu geordnet. In die Akten wurden kleine Verzeichnungszettel gelegt, die größtenteils verlorengingen. Aus dem Inhalt der noch vorliegenden Zettel ist zu schließen, dass die Akten zunächst nach inhaltlichen Kriterien verzeichnet und danach mit "Item-Vermerken" fortlaufend ergänzt wurden. Diese Ergänzungen erfolgten aufgrund der ständigen Bemühungen des Abts, die Reichsunmittelbarkeit seines Klosters zu behaupten. So entstanden Sammelfaszikel mit unterschiedlichen Betreffen hauptsächlich zu dem Zweck, im Falle von Immediat-Streitigkeiten mit dem Erzstift Mainz oder dem Hochstift Würzburg Belege vorweisen zu können. Schlimme Folgen für die Klosterarchivalien hatte die Übernahme des Klosters durch Württemberg. Im zweiten Entschädigungsplan des Reichsdeputationshauptschlusses vom 8. Oktober 1802 war das Kloster Schöntal dem Herzogtum Württemberg zugesprochen worden. Die zivile Besitzergreifung erfolgte am 16. Oktober 1802. Gemäß ihrer Instruktion ließ die württembergische Besitzergreifungskommission die Kassen und das Archiv des Klosters sofort versiegeln. Die württembergischen Kommissare fanden allerdings schon bei der Übernahme des Klosters kein wohlgeordnetes Archiv vor. Hofkommissar Bilfinger, der die Siegel des Archivs zu Benutzungszwecken aufbrechen ließ, berichtete am 22. Januar 1803 nach Stuttgart, dass er das Archiv "in dem betrübtesten Zustand" angetroffen habe. Die Archivalien wären in der Obhut von geistlichen Offizianten und Konventualen gewesen, denen es an hinlänglichen Kenntnissen und an Fleiss gemangelt hätte. Auch sei das ganze Archiv 1796 bei der ersten französischen Invasion nach Amberg und Würzburg geflüchtet worden. Bei der Rückgabe hätte man das Archiv, ohne irgendeine Ordnung einzuhalten, in die Schubladen gelegt. Das neu gegründete Oberamt Schöntal erhielt 1803 seinen Sitz im Kloster. Archivalien, die für die Verwaltung der neu erworbenen Gebiete benötigt wurden, legten die württembergischen Beamten sowohl in der Oberamts- als auch in der Kameralamtsregistratur Schöntal ab. Die für die Geschichte wichtigen Stiftungsurkunden befanden sich in den Händen des verstorbenen Abts Maurus in Aschhausen, der sie kurz vor seinem Tode dem Rechtskonsulenten zu Jagsthausen und späteren Oberamtmann zu Künzelsau Hammer "schenkte". Kameralverwalter Hester entdeckte im Gastzimmer des Klosters in einem Wandschrank ein geheimes Fach mit einem Korb voll pergamentener Gült- und Kaufbriefe. Der Maler Ehrhardt aus Künzelsau erhielt von den Skribenten des Kameralamts Bittmann und Ernst "etliche zwanzig Bergamenth Brief" zum Bemalen, weil "so altes Zeug genug im Kloster herumfahre." Auf zwei der Pergamenturkunden malte Ehrhardt die Porträts der beiden Herren. Ein Teil der Archivalien lagerte zeitweise im Kreuzgang des Klosters, wo sie zu schimmeln begannen. Dieser Zustand wurde erst durch den württembergischen Geheimen Archivar Lotter beendet, der bei seinen Archivreisen von 1824-1826 die Aufgabe hatte, die wichtigsten Dokumente der neuwürttembergischen Archive auszuwählen und in das Staatsarchiv nach Stuttgart zu bringen. Im Kloster Schöntal wählte Lotter zunächst alle Pergamenturkunden einschließlich der Abschriften und bevorzugt Archivalien zur Reformationsgeschichte aus, weil im alten herzoglichen Archiv über diese Zeit nur wenig vorhanden war. Diese Urkunden und Akten wurden 1825 in Stuttgart durch den Archivar Wilhelm Ludwig Ferdinand Scheffer verzeichnet (s. Findbuch B 503 I). Am 17. Oktober 1832 wurden die "weniger bedeutenden" Archivalien des Klosters in das 1813 zur Aufnahme der Deutschordens-Archivalien gegründete Königliche Nebenarchiv ins Schloss nach Mergentheim gebracht, wo sie von Anton Breitenbach 1834 verzeichnet wurden (s. Findbuch B 503 II). Von 1834 bis 1836 gab das Nebenarchiv in Mergentheim einen Teil der Akten an die Kameralämter Schöntal, Gundelsheim und Neuenstadt ab. 1838 schickte Breitenbach Akten und Lagerbücher an das Staatsarchiv in Stuttgart. Am 2. April 1867 beurkundete Hofrat Schloßberger für das Staatsarchiv die Übernahme weiterer im Findbuch Breitenbachs verzeichneter Dokumente. Im Staatsarchiv wurden sie mit den schon vorhandenen Akten des Klosters vereinigt. Nach der Zusammenlegung der drei Nebenarchive in Mergentheim, Ellwangen und Heilbronn wurde das Mergentheimer Archiv mit dem Rest der Schöntaler Akten in das 1868 gegründete Staatsfilialarchiv nach Ludwigsburg verlegt. Seit dem Einzug des Hauptstaatsarchivs in Stuttgart in einen Neubau und der darauf folgenden Bestandsbereinigung zwischen den Archiven in Stuttgart und Ludwigsburg befinden sich die Akten und Urkunden des Klosters Schöntal im Staatsarchiv Ludwigsburg.
2. Ordnung und Verzeichnung: Das Auswahlverfahren Lotters nach reinen Eliteprinzipien ohne Berücksichtigung der Provenienz, ständige Aktenabgaben und die Rückgaben durch die Kameralämter im Laufe des 19. Jahrhunderts hatten zur Folge, dass die Findbücher B 503 I und B 503 II (alt: B 504) Akten gleichen Inhalts an mehreren Stellen des Findbuchs nachweisen. So tragen die Akten heute bis zu fünf verschiedene Signaturen. Darüberhinaus hatte Anton Breitenbach bei seiner Verzeichnung der Klosterunterlagen in Mergentheim Akten des Deutschen Ordens in das Schöntaler Findbuch mit aufgenommen. Bei der Neuverzeichnung der Akten, die Ende der achtziger Jahre begonnen und nach längeren Unterbrechungen 1999 abgeschlossen werden konnte, wurden die von Lotter für das Staatsarchiv Stuttgart bestimmten Akten mit den in Mergentheim verbliebenen zusammengeführt, wobei der alte Zusammenhang teilweise schon an der Quadrangulierung zu erkennen war. Die auseinandergerissenen Akten bilden nun wieder geschlossene Einheiten. Alte Sammelfaszikel wurden beibehalten bzw. wiederhergestellt; für ihre Erschließung wurden die Titelaufnahmen durch Darin-Vermerke ergänzt. Wichtige Gegenüberlieferungen dieses Bestandes bilden die Akten des Erzstifts Mainz (StAL B 474 a) und des Hochstifts bzw. Bistums Würzburg (Staatsarchiv Würzburg), die sich auf das Kloster Schöntal beziehen. Akten zur Zeit des Übergangs des Klosters Schöntal an Württemberg befinden sich in den D-Beständen des Staatsarchivs Ludwigsburg sowie den Vorakten des Kameralamts und des Oberamts Schöntal. Die computergestützte Reinschrift des Findbuchs fertigte Frau Hildegard Aufderklamm. Der Bestand B 503 II umfaßt nunmehr 1137 Büschel. Ludwigsburg, im Dezember 2000 Dorothea Bader
Literatur: Gesamtübersicht über die Bestände der Staatlichen Archive Württembergs in planmäßiger Einteilung. Bearb. von K. O. Müller (Heft 2 der Veröffentlichungen der württ. Archivverwaltung), Stuttgart 1937. Übersicht über die Bestände des Hauptstaatsarchivs Stuttgart - Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803 bzw. 1806-1810. Bearb. von Margareta Bull-Reichenmiller (Band 34 der Veröffentlichungen der Staatl. Archivverwaltung Baden-Württemberg), 2. erweiterte Auflage, Stuttgart 1994.
Nachträge: Bü 1138-1164: Bearbeitung Dorothea Bader, 2007-2015
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, B 503 II
- Umfang
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1165 Büschel (17,4 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Bestände vor 1803 bzw. vor 1806/10 >> Bistümer, Stifte, Klöster und Pfarreien
- Bestandslaufzeit
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(1157-) 1400-1802 (Nachakten bis 1835)
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
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- Letzte Aktualisierung
-
18.04.2024, 10:40 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1157-) 1400-1802 (Nachakten bis 1835)