Archivalie

Mit der Frage der Zusammenfassung der zersplitterten Kunstgebiete...

Transkription: Mit der Frage der Zusammenfassung der zersplitterten Kunstgebiete unter der architektonischen Eigenschaft steht und fällt auch die Frage der monumentalen Kunst. Wenn Architektur Plastik u Malerei einmal eine Einheit bildeten so bildete sie auch das was sie bedingt, Stil. Solche Einheit der Architektur, der Plastik u Malerei war in den zeiten die wir als glückliche u großen Stils ansehen. Sie war so bei den Wilden, in Ägypten, Griechenland, Mittelalter. Ihre Bedingung war das religiöse, ethische Fundament. Mit dessen Zersetzung in der Neuzeit durch Reformation u Aufklärung zerbröckelte auch der Bau des Ganzen. Zersplitterung der Künste, Entgütterung der Welt. Wir kennen die neuen Parolen der Mechanisierung, Materialisation, Industrialisierung, Ingenieurismus. Wir kennen u die Triumpfe des Ingenieurs, der Technik, der Erfindungen, ihre metaphysik unbeschwerte Sachlichkeit, Rationalität auch dahin, die Summe alles dessen zu ziehen u sie Stil zu nennen. Sie sind eine Bereicherung unseres Daseins aber wir sind noch reicher. Paralellen: warum fiel es den Holländern nicht bei in ihren Segelschiffen den "Ausdruck ihrer Zeit" zu sehen wie wir im Auto oder Flugzeug es tun? [Randnotiz: Sind auch die Götter hin so leibt u lebt doch der Mensch.] Unerhörte Verwirrung der Kunstbegriffe! Der Rechenkünstler Spengler stellt fest daß heute Maler sein heißt: Narr sein oder Charlatan. Der Konstruktivist kurzschließt daß die Aufgabe des Malers im Dienst der Baukunst ist, ihre Flächen zu färben - aber auch nicht mehr! Plastik ist Baukunst - also Plastik nicht mehr "existent im eigen Sinn" Dada im Märtyertum des Unsinns verkündet zwar den Aufbau doch erst bis wann im Stoff ausgeht. Es giebt eben "eherne Gesetze". Dazu ist die Welt zu lange bei sich in die Schule gegangen. Die Frage ist nur ob sie lebendig oder tot, erstarrt oder furchtlos sind. Revolutionen sind nur Umkehrungen der Werte, aber der Werte, Conservatismus ihre lebendige oder tote Erhaltung. Sind schon die Götter hin, so leibt und lebt doch der Mensch. Noch ist der Mensch das Maß aller Dinge. Noch ist er der "Gegenstand" von Malerei u Plastik ja um so viel mehr als der erhabenste Gegenstand, Gott, tot ist. Unsere Vorstellungswelt ist durch die Erfindung der Photografie die uns die Objektivität garantiert, abstrakter geworden. Wir bilden, aber bilden nicht ab. Bilden Gesichter; die wir in uns, nicht außer uns sehen. Ein ehernes "Gesetz" ist der rechte Winkel, horizontal - vertikal. Vom Blatt Papier bis zur Mauerwand. Eherne Gesetze sind alle nachfolgende elementaren Formen. Lediglich die Gefahr der Erstarrung beschwört Revolutionen herauf, die nur dazu dienen, die Säfte u Kräfte zu ermessen: Evolution. [Randnotiz: Runge Imaginäres gerade geometrisch] Da unsere Kunst hin ist, die Gesetze der Schönheit in Frage gestellt, ist auch unser Staatsleben ruiniert als nicht im Sinne Schillers ästhetisch bedingt, dh die Gesetze der Schönheit sind die der Freiheit.

Sammlung
Archiv Oskar Schlemmer
Inventarnummer
AOS 2016/1787
Material/Technik
Papier; Tinte

Ereignis
Herstellung
(wer)
Oskar Schlemmer (04.09.1888 - 13.04.1943)
Provenienz
Abschrift vorhanden; Kasten 3 und Ordner 1920-1926

Rechteinformation
Staatsgalerie Stuttgart
Letzte Aktualisierung
28.03.2025, 12:10 MEZ

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Objekttyp

  • Archivalie

Beteiligte

  • Oskar Schlemmer (04.09.1888 - 13.04.1943)

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