Bestand

Oberfinanzdirektion Tübingen (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Behördengeschichte
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entstand aus dem französisch besetzten Teil Württembergs und dem Regierungsbezirk Sigmaringen das Land Württemberg-Hohenzollern. Der Aufbau der Steuerverwaltung verlief in dem neugebildeten Staat relativ reibungslos. Auf Kreisebene hatten die Finanzämter nach Anweisung der örtlichen Militärgouverneure bereits kurz nach dem Zusammenbruch ihre Arbeit wieder aufgenommen. Nach der Einsetzung einer deutschen Regierung und der Bildung des Finanzministeriums (siehe Vorwort zu Wü 122 T1) bestand in den folgenden Jahren eine zweistufige Steuerverwaltung.
Das Bundesgesetz über die Finanzverwaltung vom 6. September 1950 schrieb dann die Errichtung von Oberfinanzdirektionen als Mittelbehörden vor. Auf dieser Verwaltungsebene sollte die als Bundesbehörde eingerichtete Zollverwaltung mit der Landessteuerverwaltung verbunden werden. In Württemberg-Hohenzollern wurde deshalb durch Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 26. September 1950 eine Oberfinanzdirektion mit Sitz in Tübingen zum 1. Oktober des Jahres geschaffen.
Zugleich Bundes- und Landesfinanzbehörde oblag ihr in ihrem Sprengel die Leitung beider Finanzverwaltungen, die Überwachung der Gleichmäßigkeit der Gesetzesanwendung und Beaufsichtigung der Geschäftsführung der ihr nachgeordneten Dienststellen.
Nach dem Finanzverwaltungsgesetz von 1950 sollten die Oberfinanzdirektionen aus zwei Bundesabteilungen, der Zoll- und Verbrauchssteuerabteilung sowie der Bundesvermögensabteilung, und zwei Landesabteilungen, der Besitz- und Verkehrssteuerabteilung sowie der Landesvermögens- und Bauabteilung, bestehen. Formal eingerichtet wurden bei der Oberfinanzdirektion Tübingen nur die Zoll- und Verbrauchssteuerabteilung sowie die Besitz- und Verkehrssteuerabteilung. Tatsächlich waren die beiden Abteilungen jedoch fast gänzlich in Personalunion mit den entsprechenden Stellen im Finanzministerium verbunden. Dessen Haushaltsabteilung bearbeitete zudem die Aufgaben des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens. Die Geschäfte einer Bundesvermögensabteilung und einer Landesbauabteilung nahm das Finanzministerium als Auftragsangelegenheit für die Oberfinanzdirektion wahr.

Auch die Stelle eines Oberfinanzpräsidenten als Leiter der Mittelbehörde wurde in Tübingen nicht besetzt. In Verhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium erreichte das Land im August 1951, dass Ministerialrat Paul Vohwinkel, der schon die Vertretung des Finanzministers inne hatte, zum ¿Ständigen Vertreter des Oberfinanzpräsidenten¿ bestellt wurde. Der Besoldungsaufwand für die Stelle des Oberfinanzpräsidenten, den Bund und Land gemeinsam /je zur Hälfte tragen mussten, konnte so eingespart werden.

Nach der Volksabstimmung über die Gründung eines Südweststaates erfolgte am 25. April 1952 die Bildung der vorläufigen Landesregierung von Baden-Württemberg. Im Zuge des Aufbaus der Finanzverwaltung des neuen Bundeslandes wurde die Oberfinanzdirektion Tübingen vom Bundesminister der Finanzen im Einvernehmen mit dem Finanzminister des Landes Baden-Württemberg mit Wirkung vom 30. September 1952 aufgelöst. Ihre Aufgaben übernahm ab dem 1. Oktober 1952 die Oberfinanzdirektion Stuttgart.
Bestandsgeschichte
Die Akten der aufgehobenen Oberfinanzdirektion Tübingen wurden 1953 an die Oberfinanzdirektion in Stuttgart übergeben. Einige wenige Besondere Akten (B-Akten) hatte die Oberfinanzdirektion Tübingen offensichtlich bereits 1952 vernichtet. Während in den Allgemeinen Akten (A-Akten) Vorschriften, Erlasse, Verfügungen und Schriftstücke von grundsätzlicher Bedeutung abgelegt sind, enthalten B-Akten Schriftstücke, die sich auf Einzelfälle beziehen und nicht zu Einzelakten wie beispielsweise Steuerakten oder Personalakten zu formieren sind. 1958 wurden nochmals B-A kten in größerem Umfang ausgeschied. Im Jahre 1976 lagerte etwa 30 laufende Meter Schriftgut noch in den Originalaktenordnern in der Altregistratur.
Die im vorliegenden Bestand enthaltenen Unterlagen der Oberfinanzdirektion Tübingen kamen in drei Ablieferungen in das Staatsarchiv Sigmaringen. 1969 übersandte die Archivdirektion Stuttgart ein Faszikel Haushaltsakten der aufgehobenen Oberfinanzdirektion Tübingen, das in einer Ablieferung der Oberfinanzdirektion Stuttgart an das Staatsarchiv Ludwigsburg enthalten war (Zugang 1969/2). Der Großteil der den Bestand Wü 122 T 1 bildenden Unterlagen wurde von der Oberfinanzdirektion Stuttgart im Jahr 1979 an das Staatsarchiv Sigmaringen abgegeben (Zugang 1979/29). Diese Akten stammen größtenteils aus den Bereichen Steuern, aber auch die Bereiche Lastenausgleich, Personal, Organisation und Haushalt sind abgedeckt. Im Jahr 1980 übergab die Oberfinanzdirektion Stuttgart nochmals 1,3 laufende Meter Organisationsakten (Zugang 1980/4). Die drei Abgaben wurden zu dem Bestand Wü 122 T 1 zusammengefasst.
Für die Zugänge der Jahre 1979 und 1980 liegen Ablieferungsverzeichnisse vor, die bislang als Findmittel (Wü 122 T 1 Nr. 470) dienten.
Inhalt und Bewertung
Bearbeiterbericht
Die Oberfinanzdirektion Tübingen hatte ihr Schriftgut nach dem, teilweise modifizierten, Aktenplan der Reichsfinanzverwaltung bzw. nach dem Aktenplan des Bundesfinanzministeriums abgelegt. Für die Ordnung und Klassifikation des Bestandes wurde letzterer zugrunde gelegt.
Die seitherigen Bestelleinheiten enthielten in der Regel Schriftgut zu mehreren Aktenzeichen, oftmals sogar aus verschiedenen Aktengruppen. Bei der im Mai 2003 begonnenen archivischen Erschließung wurde nun für jedes Aktenzeichen eine eigene Bestelleinheit gebildet. Schriftgut zu einem Aktenzeichen, das auf verschiedene Bestelleinheiten verteilt war, wurde zusammengeführt.

Eine Vielzahl der im Bestand enthaltenen Akten ist vom Finanzministerium Württemberg-Hohenzollern angelegt und von der Oberfinanzdirektion weitergeführt worden. Der Bestand enthält deshalb umfangreiche Vorprovenienzen des Ministeriums ab 1945. Vier laufende Regalmeter Akten der Endprovenienz Finanzministerium wurden bei der Erschließung entnommen. Sie befinden sich nun im Bestand Wü 120 T 1-2.
Im Hinblick auf die Bedeutung des Bestandes für die Geschichte der Nachkriegszeit hatte vor seiner Übernahme ins Archiv nur eine zurückhaltende Bewertung stattgefunden. Vorwiegend Mehrfertigungen, Vordrucke, Erlasse,Verfügungen, Richtlinien, Statistiken, Sammelberichte und Einzelfallentscheidungen waren zur Vernichtung freigegeben worden.
Im Rahmen der Nachbewertung wurden etwa 1,2 laufende Regalmeter Akten kassiert, meist Dubletten, Drucksachen und Vordrucke, aber auch Vorgänge, bei denen die Oberfinanzdirektion nicht federführend tätig war.
Die Verzeichnung erfolgte zunächst unter Zuhilfenahme von Midosa und wurde dann mit scopeArchiv fortgeführt.
Der Bestand umfasst nunmehr 470 in alterungsbeständige Archivboxen verpackte, entmetallisierte Verzeichnungseinheiten in einem Umfang von 8,7 laufenden Regalmetern.
Sigmaringen, im Dezember 2007
Sibylle Brühl
Inhalt:

Reichsabgabenordnung, Betriebsprüfung, Besitz- und Verkehrssteuern, Einkommensteuer, Körperschaftssteuer, Reichsbewertung, Betriebsvermögen, Grundvermögen, Einheitsbewertung, Bodenschätzung, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Umsatzsteuer, Grunderwerbssteuer, Lotteriesteuer, Kapitalverkehrssteuer, Wechselsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Beförderungssteuer, Rentenbankgesetzgebung, Grundsteuer, Gewerbesteuer, Lastenausgleich, Finanzausgleich, Personalwesen, Dienst- und Geschäftsverkehr, Haushaltswesen.

Reference number of holding
Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 122 T 1
Extent
470 Akten (8,7 lfd.m)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Südwürttembergische Bestände >> Finanzen >> Oberfinanzdirektion Tübingen
Related materials
Literatur:
Walter Atorf, Streifzug durch das Finanzressort, in: Das Land Württemberg-Hohenzollern 1945-1952. Darstellungen und Erinnerungen. Hrsg. von Max Gögler und Gregor Richter in Verbindung mit Gebhard Miller, Sigmaringen 1982, S. 233-274
Maren Kuhn-Rehfus, Archivalien zur Politik in Württemberg-Hohenzollern im Staatsarchiv Sigmaringen, in: Die Deutschlandpolitik Frankreichs und die französische Zone 1945-1949. Hrsg. von Claus Scharf und Hans-Jürgen Schröder, Wiesbaden 1983, S. 247-267
Dr. Alfons Pausch, Geschichte der Steuerverwaltung im Raum der Oberfinanzdirektion Stuttgart. Festschrift für Dr. Friedrich Strobel Oberfinanzpräsident a. D. Stuttgart, Stuttgart 1970
Reichsabgabenordnung und Nebengesetze einschließlich landesrechtlicher Bestimmungen, München und Berlin 1957
Staatsanzeiger für das Land Württemberg-Hohenzollern Nr. 5 vom 18. Oktober 1950
Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 38 vom 24. September 1952
Quellen:
Finanzpolitik in Württemberg-Hohenzollern 1945-1952. Abschlußbericht des Finanzministeriums vom Jahre 1952 (Wü 2 T 1 Nr. 456/2)
Geschäftsverteilungsplan des Finanzministeriums Württemberg-Hohenzollern 1952 (Wü 2 T 1 Nr. 443)
Geschäftsverteilungsplan der Oberfinanzdirektion Tübingen 1952 (Wü 120 T 1 Nr. 2357)

Indexentry place
Tübingen TÜ; Oberfinanzdirektion

Date of creation of holding
(1924-1950) 1950-1952 (1952-1956)

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Last update
03.04.2025, 8:37 AM CEST

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • (1924-1950) 1950-1952 (1952-1956)

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