Arbeitspapier | Working paper

Russia-EU: competing logics of region building

"In dieser Analyse wird argumentiert, dass Russland und die Europäische Union (EU) unterschiedliche Sichtweisen ihrer Rollen und Instrumente in ihrer gemeinsamen Nachbarschaft haben. Russland behandelt die meisten postsowjetischen Staaten so, als ob sie »von Natur aus« in seine Einflusszone gehörten, woraus das Konzept des »Nahen Auslands« und die dazu gehörende Abneigung entstanden ist, westlichen Institutionen irgend eine Rolle in dieser Region zuzugestehen. Die EU wiederum verlässt sich vor allem auf ihre »Soft Power«, wozu auch die Projektion ihres Regelwerks gehört, um in benachbarten Ländern innenpolitische Umgestaltungen zu fördern und sie damit vereinbarer mit dem europäischen Verständnis von Partnerschaft zu machen. Doch trotz dieser offensichtlichen Unterschiede gibt es auch Gemeinsamkeiten zwischen Russland und der EU. Jeder der beiden versucht, sich vom jeweils anderen mittels verschiedener Instrumente zu distanzieren. Russland möchte sein Politik- und Sicherheitsmonopol im »Nahen Ausland« mit der Behauptung durchsetzen, dass regionale Probleme auf der regionalen Ebene gelöst werden müssen, d. h. ohne Einmischung von außen. Die EU dagegen legt zunehmend eher den Schwerpunkt auf »sich bildende Regionen«, innerhalb derer Russland eher als eine auswärtige Macht denn als ein konstitutives Mitglied regionaler Strukturen (wie etwa der südliche Kaukasus und Zentralasien) gesehen wird. Als Ergebnis dieses gegenseitigen »Differenzierens« (also der Zuschreibung von Unterschieden) entwickeln sowohl Russland als auch die EU ihre eigenen Politikinstrumente und Strategien für die gemeinsame Nachbarschaft, anstatt die Nachbarländer in eine voll ausgebaute Zusammenarbeit einzubeziehen. Sowohl Russland wie der EU fehlt es an Elementen intersubjektiver Zusammenarbeit mit ihren Nachbarn, was die Östliche Partnerschaft (ÖP) mehr zu einem Politikinstrument der EU macht statt zu einem gemeinsamen Forum der Teilpartnerschaft mit osteuropäischen und kaukasischen Ländern. Ganz ähnlich ist das Projekt der Zollunion eher eine Reflektion der Großmachtambitionen Russlands für das postsowjetische Gebiet anstatt eines gemeinsamen Vorgehens, im Einverständnis mit allen teilnehmenden Ländern koordiniert. Das ist eine Erklärung für das Vorherrschen von bilateralen Beziehungen, die sowohl Moskau wie Brüssel gegenüber einzelnen Ländern entwickeln anstatt mehr institutionalisierter Formen multilateraler Zusammenarbeit. Eine weitere mögliche Erklärung ist der anhaltende Prozess der Zersetzung und Fragmentierung innerhalb dieser riesigen Zone der gemeinsamen Nachbarschaft, der alle Versuche, breit angelegte institutionelle Rahmen (wie die GUS-Institutionen oder die Östliche Partnerschaft) vorzuschlagen, dysfunktional macht. Doch werden Russland und die EU letzten Endes nicht nur einen kooperativeren Modus operandi bei der Bewältigung der Projekte gemeinsamen Interesses in ihrer geteilten Nachbarschaft zu entwickeln haben, sondern auch ihre Nachbarn in multilaterale Projekte einbeziehen müssen. Sicherlich ist der beste Weg zur Erreichung dieser Ziele der Aufbau von Regionen, gerichtet auf die Stärkung von Gruppierungen von regionalen Institutionen. Dieser Prozess hängt von einer Reihe von Faktoren ab, worunter regionale Identitäten die entscheidende Rolle spielen. In diesem Aufsatz werde ich mich mit vier entstehenden Regionen beschäftigen, die an den Schnittlinien zwischen den Interessensphären der EU und Russlands liegen: Nordeuropa, die Ostsee-, Schwarzmeer- und die Region des Kaspischen Meeres." [Autorenreferat]

Russia-EU: competing logics of region building

Urheber*in: Makarychev, Andrey

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Weitere Titel
Russland-EU: konkurrierende Ansätze von Regionenbildung
ISSN
1611-7034
Umfang
Seite(n): 22
Sprache
Englisch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion

Erschienen in
DGAP-Analyse (1)

Thema
Internationale Beziehungen
Politikwissenschaft
Europapolitik
internationale Beziehungen, Entwicklungspolitik
politisches Interesse
politische Strategie
bilaterale Beziehungen
Russland
EU-Politik
Nachbarschaftspolitik
Ostseeraum
politisches Instrument
Regionalismus
EU
Dokumentation

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Makarychev, Andrey
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.
(wo)
Deutschland, Berlin
(wann)
2012

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-350113
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

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Objekttyp

  • Arbeitspapier

Beteiligte

  • Makarychev, Andrey
  • Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.

Entstanden

  • 2012

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