Bestand
Gneist, Rudolf von (Dep.) (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Bestandsbeschreibung: Lebensdaten: 1816 - 1895
Lebenslauf Gneists
Rudolf (seit 1888 von) Gneist wurde am 13. August 1816 als Sohn des damaligen Justizkommissars und späteren Eislebener Landgerichtsrates Ernst Andreas Gneist in Berlin geboren. Er besuchte von 1827 bis 1833 das Gymnasium in Eisleben und studierte danach bis 1836 in Berlin Jura. Dabei interessierte er sich vor allem für die historische Rechtslehre Friedrich Karl von Savignys und die Philosophie Hegels.
Im Jahre 1839 promovierte er zum Dr. jur. utr., im gleichen Jahr habilitierte er sich zum Privatdozenten. 1841 wurde er Assessor am Berliner Kammergericht. Eine Stellung als unbesoldeter Hilfsarbeiter beim Obertribunal (ab 1847) verlor er 1849 wieder.
Gneist gilt als bedeutender akademischer Lehrer und Mitbegründer der Universitätslehre vom Verwaltungsrecht. Zum außerordentlichen Professor wurde er bereits 1845 ernannt, doch ließ die Ernennung zum ordentlichen Professor auf sich warten. Sie erfolgte erst 1858.
Mehrere Male war er Dekan seiner Fakultät, von 1872 bis 1873 Rector magnificus.
Am Preußischen Oberverwaltungsgericht wirkte Gneist als Rat von 1875-1895.
1888 wurden ihm staatswissenschaftliche Vorträge beim Prinzen Wilhelm von Preußen übertragen.
Im Mittelpunkt seiner Forschungen standen das Problem der kommunalen Selbstverwaltung sowie der Rechtsstaatsgedanke, wobei wissenschaftliches Arbeiten und politisches Wirken sich bei ihm durchdringen. Es wird beispielsweise eingeschätzt, daß auch die preußische Kommunalreform von 1872 entscheidend von ihm beeinflußt wurde. Er forderte gesetzliche Regelungen in wichtigen Bereichen der Verwaltung, wie bei der Organisation des Heeres, im Schulwesen, bei der lokalen Selbstverwaltung.
Aktiv nahm er auch am gesellschafts-politischen Leben seiner Zeit teil:
als Stadtverordneter von Berlin (1845-1849, 1858-1875), als Abgeordneter im preußischen Landtag (1859-1893 außer 1862, Vertreter des linken Zentrums, seit 1870 der Nationalliberalen Partei), als Reichstagsabgeordneter (1867-1884).
Gleichzeitig wirkte er aktiv in verschiedenen Vereinen mit: im Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen (Mitglied seit 1851, Vorsitzender seit 1869), im Verein für Sozialpolitik (Mitbegründer 1872/1873 und erster Präsident), in der Berliner juristischen Gesellschaft, im Verein zur Abwehr des Antisemitismus (begründet mit Rickert).
Sein Engagement fand seinen Ausdruck in verschiedenen Auszeichnungen und Ehrungen. So wurde er 1886 zum Wirklichen Geheimen Oberjustizrat und 1895 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt, erhielt die Berufung in die Friedensklasse des Ordens Pour le mérite (1888) und
war Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Akademien und Gesellschaften.
Verheiratet war Gneist mit Marie, der Tochter des Altphilologen August Boeckh.
Er starb am 22. Juli 1895 in Berlin.
Hauptwerke:
Das heutige englische Verfassungs- und Verwaltungsrecht (ab 1857 erschienen, mehrfach überarbeitet); Der Rechtsstaat (1872); Das englische Parlament in tausendjährigen Wandlungen (1886); Die englische Verfassungsgeschichte (1882); Die nationale Rechtsidee von den Ständen und das preußische Dreiklassenwahlsystem (1894)
Vorbemerkungen zum Bestand/Bestandsgeschichte:
Der Nachlaß ist als Depositum ins Geheime Staatsarchiv gelangt. Er setzt sich aus drei Akzessionen zusammen, die 1927, 1935 und 1942 erfolgten.
Der Bestand gehört zu den im zweiten Weltkrieg ausgelagerten Archivalien des Geheimen Staatsarchivs; er wurde bis 1992 im Zentralen Staatsarchiv der DDR, Dienststelle Merseburg, verwahrt.
Laut Vermerk in der Bestandsübersicht des Geheimen Staatsarchivs von 1934 wurde zumindest der erste Teil des Findbuches (acc.264/27) von Ludwig Dehio erstellt.
Die Akzession 294/35 ist in den 30er Jahren geordnet und angegliedert worden, ein Hinweis auf den Bearbeiter konnte nicht ermittelt werden.
Die Akzession 63/42 (Gruppe VIII B) wurde im Rahmen einer Revision im Dezember 1997/ Januar 1998 in den Bestand eingearbeitet. Um die von der Familie vorgegebene sinnvolle Ordnung beibehalten zu können, wurde hier mit Enthält-Vermerk gearbeitet.
Die Titel der Nummern 10, 26, 103-109 wurden in Anführungsstriche gesetzt, da sie im Wortlaut bereits in der Registratur Gneists bzw. seines Sohnes verwandt und hier nur übernommen wurden.
Laut Vermerk im alten Findbuch wurden die ehemals vorhandenen Bände
- "Akten des Vereins für wissenschaftliche Vorträge, I Generalia, 1841-1842"
(Signatur seinerzeit: Rep. 92 Gneist Nr. 7),
- "desgl. Referate der Vortragenden u. Mitteilung derselben an die Presse, 1870" (Nr. 10),
- "desgl. Correspondenz über die in der Singakademie zu haltenden Vorträge, 1869-1879"
(Nr. 12)
im Februar 1935 Herrn Karl Gneist zurückgegeben. Sie sind durch Kriegswirren verloren gegangen.
Die daraufhin freien Nummern wurden 1998 neu belegt nach Auflösung der bisherigen
Nummer 26 "Diversa".
Die Akten wurden entsprechend einem neu erarbeiteten Ordnungsschema aufgestellt
(siehe Punkt 3. Gliederung des Bestandes; die bisherige Auflistung erfolgte nur nach laufenden Nummern), die Aktentitel wurden im wesentlichen beibehalten.
Zu bestellen: VI. HA, Nl Gneist, R. v., Nr. ...
Zu zitieren: GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl Rudolf von Gneist (Dep.), Nr. ...
Literatur über Gneist:
Ausführliche Angaben auch zu wissenschaftlichen Auffassungen und politischen Ansichten Gneists s. NDB Bd. 6, Berlin 1964, S. 487 - 489; ADB Bd. 49, Berlin 1971 (Neudruck der 1. Auflage von 1904), S. 403 - 413; G.-Chr. v. Unruh, Heinrich Rudolf von Gneist. In: Kurt G.A. Jeserich und Helmut Neuhaus (Hrsg.), Persönlichkeiten der Verwaltung.
Biographien zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1648 - 1945. Stuttgart, Berlin, Köln 1991,
S.197-200;
E. J. Hahn, Rudolf von Gneist 1816 - 1895. Ein politischer Jurist in der Bismarckzeit. Frankfurt/Main 1995.
Das Findbuch zum Nachlaß Gneists wurde im September 1998 von Frau Waltraud Wehnau maschinenschriftlich erstellt.
Berlin, im September 1998
(Ute Dietsch)
Referat 3.1
Der Bestand wurde zunächst in die I. HA Rep. 92 (Nachlässe) eingeordnet. Mit Einführung der neuen Tektonik im Geheimen Staatsarchiv PK im Januar des Jahres 2001 wurde der Nachlass Gneist in die neu gegründete VI. Hauptabteilung Familienarchive und Nachlässe übernommen.
Zitierweise: GStA PK, VI. HA, Nl Gneist, R. v.
- Reference number of holding
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VI. HA, Nl Gneist, R. v.
- Extent
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Umfang: 1,7 lfm (110 VE); Angaben zum Umfang: 1,7 lfm (110 VE)
- Language of the material
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deutsch
- Context
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Tektonik >> NICHTSTAATLICHE PROVENIENZEN >> Firmen, Familien und Personen >> Personen >> Wissenschaftliche Beamte >> Universitäts- und Hochschulprofessoren sowie Dozenten >> Juristen und Rechtshistoriker
- Date of creation of holding
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Laufzeit: 1802 - 1895
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
19.08.2025, 12:19 PM CEST
Data provider
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- Laufzeit: 1802 - 1895