Bestand

Geheime Kriegskanzlei (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
1848 und 1852 in die Registratur des Kriegsministeriums
Inhalt und Bewertung
Enthält für den Zeitraum von 1806 bis 1832, nach Jahrgängen geordnet, Serienakten zu allen militärischen Angelegenheiten, wobei für die kriegerischen Auseinandersetzungen der Jahre 1800 bis 1815 jeweils eigene Abteilungen gebildet wurden. Ab 1832 wurde ein "Sachschema" versucht. Folgende Betreffe kommen vor: Anträge und Berichte des Kriegsministers 1832-1848; Ordensangelegenheiten; Generalquartiermeisterstab; Offizierbildungsanstalt; Leibgarde/Feldjägerschwadron;
Organisationsangelegenheiten; Kriegsübungen, Ausrüstung; Bundesmilitärangelegenheiten; Finanzangelegenheiten; Bauangelegenheiten; Personalangelegenheiten.

1. Geschichte der Geheimen Kriegskanzlei: Unter Herzog Friedrich Eugen (1795-1797) gewann das früher zeitweise schon einmal als eigenes Gremium hervortretende persönliche Sekretariat des Herzogs, das für alle Vorgänge zuständig war, mit denen er unmittelbar befaßt war, als Geheimes Kabinett erneut an Bedeutung (vgl. Vorwort zu Repertorium des Bestands A 14a). 1796 wird sie als "Geheime Kanzlei", 1797 als "Geheime (Privat)Kanzlei" im Adreßbuch geführt. Herzog Friedrich II., der am 23.12.1797 die Regierung antrat, nannte seine persönliche Regierungsregistratur "Geheimes Sekretariat". Bis 1805 wurde sie unter diesem Titel geführt. Die militärischen und zivilen Aufgaben waren spätestens seit 1797, vermutlich sogar eher, auf verschiedene Sekretäre verteilt. Deutlich wird diese Spaltung aber erst im Adreßbuch von 1806. Nach dem Übergang Württembergs zum Königreich erhielt das bisherige Sekretariat die Bezeichnung "Geheimes Kabinett des Königs". Das für die militärischen Ausfertigungen zuständige Personal firmiert ab 1807 als "Geheime Kriegskanzlei". Ihr erster Direktor wurde der Flügeladjutant Friedrich Wilhelm von Lindenau, Kammerherr und Obristlieutenant. Fungierten zunächst Registrator und Kanzlisten für den zivilen und militärischen Bereich gemeinsam, so bildete sich nach und nach eine deutlichere Zweiteilung des Kabinetts heraus. Nachfolger von Lindenaus als Leiter der Kriegskanzlei waren Oberst von Beulwitz, Oberst Graf von Sontheim, Generalmajor von Wimpffen, Major Freiherr von Maucler und zuletzt Oberst von Rüpplin. Die beiden ersten Direktoren leiteten gleichzeitig das Kadetteninstitut, zwei der drei sonstigen in der Kanzlei beschäftigten Offiziere gehörten dem Generalquartiermeisterstab an, so daß die Geheime Kriegskanzlei ein Sekretariat blieb und nicht zu einem zusätzlichen und eigenmächtigen Entscheidungsgremium wurde. Gleichwohl bildete sie die Stelle, bei der sich alle militärischen Angelegenheiten, in denen der König direkt tätig war, niederschlugen. Am 24. Juni 1848 wurde von Rüpplin zum Kriegsminister er nannt. Interimistischer Leiter der Geheimen Kriegskanzlei wurde der Kabinettsvorstand von Maucler, der ab sofort den Vortrag beim König auch in militärischen Angelegenheiten übernahm. Er legte dem König nahe, diese vorübergehende Lösung in eine dauernde umzuwandeln, die Geheime Kriegskanzlei aufzulösen und ihr Mobiliar dem Korpskommando zur Verfügung zu stellen. König Wilhelm war damit einverstanden. So schlug am 16. Juli 1848 der Kriegsminister offiziell die Aufhebung der Geheimen Kriegskanzlei und die bleibende Übertragung ihrer Geschäfte an das Geheime Kabinett vor. Diesem Antrag entsprach der König bereits am folgenden Tage. Am 18. Juli 1848 ordnete das Kriegsministerium an, daß ab sofort die Geschäfte der Geheimen Kriegskanzlei ohne Hinzuziehung ihres Personals vom Geheimen Kabinett zu übernehmen seien. Der langjährige Sekretär und Kanzleirat von Bonz wurde am 16. August 1848 unter Verleihung des Titels eines Hofrats in den Ruhestand versetzt. Die Kenntnis von der Existenz dieser Behörde ging verloren. Weder Wintterlin noch Dehlinger erwähnen sie in ihren Behördengeschichten.

2. Bestandsgeschichte: Als Registrator Bonz im Jahre 1829 die Leitung der Registratur der Geheimen Kriegskanzlei übernahm, ordnete er alle vorhandenen Akten und legte ein neues Repertorium an. Er bildete eine sachlich fundierte Mischung aus Korrespondenz- und Sachakten, die von 1798 an rückwirkend jahrweise geordnet wurden. Eine Sonderstellung nahmen die Feldzugsakten ein, die für die einzelnen Feldzüge über Jahresgrenzen hinweg sinnvoll zusammengefaßt und als besondere Einheiten an geeigneter Stelle eingeordnet wurden. So kamen z.B. die Akten über den schlesischen Feldzug 1806/07 zwischen die normalen militärischen Akten der Jahre 1806 und 1807 zu liegen. Vom Regierungsantritt Herzog Friedrichs 1797 an wurden alle Schriftstücke über militärische Angelegenheiten, über die das Staatsoberhaupt unmittelbar informiert wurde, konsequent gesammelt. Aus der Zeit seiner Vorgänger Carl Eugen, Ludwig Eugen und Friedrich Eugen gelangten im Verhältnis nur wenige allgemeine militärische Akten in die Registratur der Geheimen Kriegskanzlei. Erst die Feldzugsakten seit 1793 füllten die Kästen der Registratur in stärkerem Maße. Das von Bonz gewählte Registraturschema erwies sich für das Ermitteln von Vorakten im täglichen Gebrauch als zu umständlich. So wurden seit 1832 nur noch Sachakten gebildet, die nicht mehr jährlich geschlossen wurden. Eine Ausnahme bildeten lediglich die weiterhin jahrweise geführten Korrespondenzen mit dem Kriegsministerium, die wohl wichtigsten Akten dieses Bestandes. Sie befassen sich vor allem mit Personalangelegenheiten (Abschied, Beförderung, Befreiung vom Wehrdienst, Bestrafung, Beurlaubung, Desertion, Dienstvergehen, Entlassung, Gehalt, Heiratserlaubnis, Rekrutierung, Stellenbesetzung, Unterstützung, Versetzung, Versorgung Hinterbliebener) sowie mit Organisation und Ausrüstung der Armee. Bis 1848 wurde die Registratur sorgfältig auf dem laufenden gehalten. Jährlich abgeschlossene Diarien mit Indices sind seit 1821 überliefert. Als die Geheime Kriegskanzlei 1848 aufgehoben wurde, erhielt Bonz den Auftrag zur Abwicklung der laufenden Registraturgeschäfte. Er schloß sämtliche Akten und brachte Diarium, Indices und das Repertorium auf den letzten Stand. Am 16. September 1848 wurden die Akten offiziell dem Kanzleirat von Schickardt für das Kriegsministerium übergeben. Auch nach seiner amtlichen Entlastung blieb Bonz bis zu einer definitiven Entscheidung über das Schicksal der Akten mit ihrer Verwahrung in den seitherigen Räumen der Kriegskanzlei betraut. Das Kriegsministerium hielt den größten Teil dieser Akten für wertlos oder doch von untergeordnetem Interesse; daher sollte eine Ausscheidung durch Bonz vorgenommen werden, bei der die Akten so reduziert werden sollten, daß drei bis vier Schränke (Kästen) für ihre Aufbewahrung in einem Raum der vormaligen Kriegskanzlei ausreichten. Seine Ausscheidungsarbeit beendete er am 22. Februar 1849; von ursprünglich sechs gefüllten Aktenschränken blieben noch zweieinhalb Schränke übrig. Dieser Rest wurde am 2. Januar 1850 vom Kriegsministerium dem Geheimen Kabinett zur Aufbewahrung angeboten, das ablehnte. Daraufhin wurde Bonz zu einer Stellungnahme über den Wert und den künftigen Verbleib der Akten aufgefordert. In seiner Antwort befürwortete der ehemalige Kanzleirat die Aufbewahrung im Kriegsministerium, da dort am ehesten noch einmal zu den abgelegten Akten gegriffen werden müsse. Ab 1851 wurden infolgedessen zunächst noch vorhandene militärische Ordensinsignien an das Geheime Kabinett, das Militärverdienstordenssekretariat und die Oberkriegskasse abgegeben. Am 18. Mai 1852 wurden schließlich die Akten der Geheimen Kriegskanzlei mit Diarien und Repertorien dem Kriegsministerium übergeben. Im Bestand fehlten nur die Feldzugsakten, die 1840 zu kriegsgeschichtlichen Forschungen an den Generalquartiermeisterstab ausgeliehen und bis zur Auflösung der Geheimen Kriegskanzlei nicht zurückgegeben worden waren. In den Magazinräumen des Kriegsministeriums blieben dies e Akten zunächst provenienzmäßig beisammen. In einem um 1900 angelegten Aktenverzeichnis über die Altakten des Kriegsministeriums werden sie als "[ltere Akten des Kriegsministeriums" in der Reihenfolge des Bonz'schen Repertoriums aufgeführt. Die hier bereits fehlenden Nummern sind mit Ausnahme der ausgeliehenen Feldzugsakten (die nach der Auflösung des Generalquartiermeisterstabs mit den Akten über die Ausleihe ebenfalls in das Kriegsministerium gelangten) mit großer Wahrscheinlichkeit von Bonz ausgeschieden worden. Die an vielen Stellen nachgewiesenen Akten der Kriegskanzlei decken sich in ihrer Nummernfolge fast vollständig mit diesem Verzeichnis. Unter Zerreißung des Provenienzzusammenhangs wurde im Jahre 1900 im Kriegsministerium aus älteren Akten verschiedenster Herkunft eine Ablieferung für das Stuttgarter Staatsarchiv zusammengestellt und übergeben. Die übrigen Akten wurden dem 1907 im Kriegsministerium eingerichteten Kriegsarchiv zugewiesen. Sie wurden dort in Unkenntnis der Entwicklung pertinenzmäßig nach Sachgebieten zusammengefaßt, aber nicht verzeichnet. Nach 1918 gelangten sie aufgrund einer Vereinbarung zwischen Vertretern des Heeresabwicklungsamts Württemberg, der Aktenverwaltung des XIII. Armeekorps, des Kriegsarchivs und der Württembergischen Archivverwaltung als Depositum in die neu errichtete Reichsarchivzweigstelle, von der sie 1930 an das Staatsfilialarchiv Ludwigsburg überführt wurden; von dort wurden sie 1969 nach Errichtung des Militärarchivs des Hauptstaatsarchivs Stuttgart in dieses abgegeben.

3. Bearbeiterbericht: Als Ergebnis der von und unter K.O. Müller seit 1931 durchgeführten Ordnungsarbeiten an der Ablieferung von 1930 waren die Akten der Geheimen Kriegskanzlei in den ohne Rücksicht auf Provenienz und Bestandsgeschichte gebildeten Aktengruppen A 30/31, Kriegsakten III, D 57/58 Kriegsdepartement und Kriegskollegium, D 63 Feldzugsakten, E 271-278 Kriegsministerium verteilt. Innerhalb dieser "Bestände" waren die Büschel zum Teil auseinandergerissen, zum Teil mit anderen Provenienzen vermischt worden unter beinahe systematischer Eliminie rung alter Aktendeckel, die auf den ersten Blick eine eindeutige Zuordnung der Akten ermöglichten. Die pertinenzmäßige Zerreißung der Akten kam jedoch nicht zum Abschluß. Ein Teil der Akten blieb noch in der alten Ordnung erhalten, insbesondere der Großteil der Akten der Geheimen Kriegskanzlei. Da auch die alte Lagerfolge weitgehend erhalten blieb, erschien es als sinnvollste und ökonomischste Möglichkeit der Ordnung, die alte Aktenfolge wiederherzustellen. Damit werden die Indices der Diarien als optimale Findmittel, die den Nachweis des Inhalts und Verbleibs jedes einzelnen Schriftstücks erlauben, ohne zusätzliche Konkordanz verwendbar. Nach der Errichtung des Militärarchivs wurde so mit der Rekonstruktion der Registratur der Geheimen Kriegskanzlei begonnen. Die Verzeichnung erfolgte von November 1970 bis 1974 durch Dr. Gerhard Taddey und Dr. Joachim Fischer unter Mitwirkung von Staatsarchivreferendaren und Archivinspektor anwärtern, wobei Dr. Taddey und Archivinspektoranwärter Rupp 237 Büschel und Bände (etwa 6,3 lfd. m) und Dr. Fischer mit der Archivinspektoranwärterin Weiß und den Referendaren Dr. Eitel und Dr. Stehleder 536 Einheiten (rund 10,3 lfd. m) ververzeichneten und an den entsprechenden Stellen chronologisch einordneten. Signaturen des Kriegsarchivs und K.O. Müllers, sofern sie in der Gesamtübersicht über die württembergischen Archivbestände von 1937 auftauchen, wurden ebenfalls vermerkt. Auch alte Aktendeckel, die zum Teil von K.O. Müller ausgeschieden worden oder im Kriegsministerium wieder verwendet worden waren, konnten den ursprünglichen Akten wieder zugewiesen werden. Die chronologische Ablage nach dem Bonz'schen System machte zur Erschließung ausführliche Register erforderlich; insbesondere beim Sachregister wurde deshalb versucht, nicht nur Schlagworte aufzuführen, sondern sachliche Zusammenhänge deutlich zu machen; besonders häufig vorkommende Begriffe wie "württembergische Truppen" und "württembergisches Armeekorps" wurden indessen weggelassen. Die Titelaufnahmen von Dr. Fischer und Dr. Taddey wurden im übrigen formal überarbeitet und in einigen wenigen Fällen ergänzt. Die Gesamtredaktion des Repertoriums einschließlich der Register besorgte Dr. Bernhard Theil unter Mitarbeit von Werner Urban, der auch die endgültige Aufstellung des Bestands übernahm. Er umfaßt jetzt 634 Nummern = 13,2 lfd. m. Stuttgart, im Oktober 1988 Bernhard Theil

4. Literatur: Günter Cordes: Von der Pertinenz zur Provenienz. Zur Neuordnung der militärischen E-Bestände des Hauptstaatsarchivs Stuttgart in: Aus der Arbeit des Archivars. Festschrift für Eberhard Gönner 1986, S. 129-141 Ders.: Das württembergische Heerwesen zur Zeit Napoleons, in: Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons. Katalog der Ausstellung des württembergischen Landesmuseums. Stuttgart 1987, S. 275-296 Joachim Fischer Das württembergische Kriegsarchiv. Zur Überlieferungsgeschichte Archivalien von Württemberg, in: Aus der Arbeit des Archivars, S. 101-128.

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, E 270 a
Extent
634 Büschel

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Kabinett, Geheimer Rat, Ministerien 1806-1945 >> Kriegsministerium >> Kgl. Kabinett, militärisches Gefolge des Königs, Orden

Date of creation of holding
1806-1848, Nachakten bis 1862

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Last update
20.01.2023, 3:09 PM CET

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1806-1848, Nachakten bis 1862

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