Bestand

Medizinaluntersuchungsamt Stade (Bestand)

Bestandsgeschichte: I. Behördengeschichte
Die Entwicklung der medizinischen und biologischen Forschung
machte im letzten Viertel des. 19. Jahrhunderts große Fort-
schritte; vor allem ist der Bakteriologe Robert Koch
(1843-1910) zu nennen. Robert Koch wurde der erste Direktor
des 1891 in Berlin gegründeten "Instituts für Infektions-
krankheiten", welches zwei Jahre nach seinem Tode ihm zu
Ehren den offiziellen Namen "Institut für Infektionskrank-
heiten Robert Koch" erhielt. Im Jahre 1943 wurde das Insti-
tut umbenannt in "Reichsanstalt zur Bekämpfung der über-
tragbaren Krankheiten". Mit der Gründung der Bundesrepublik
Deutschland ist das Institut in das Gesundheitsvorsorgesys-
tem des 1952 gegründeten Bundesgesundheitsamtes in Berlin
eingegangen.
Vom Institut für Infektionskrankheiten gingen wesentliche
Impulse für Gesetze und Verordnungen zur öffentlichen Ge-
sundheitspflege aus. Angesichts der Industriealisierung mit
den beengten Wohnverhältnissen in den städtischen Arbeiter-
siedlungen, der Kolonialpolitik mit weltweiten Kontakten des
Außenhandels, des zunehmenden Schiffs- und Eisenbahnver-
kehrs und der damit verbundenen Gefahr einer allgemeinen
Ausbreitung ansteckender und gefährlicher Krankheiten waren
Vorsorgemaßnahmen nötig, z.B. durch das Reichs-Seuchengesetz
von 1900 (RGBL. 1900 S. 305 ff.) und durch das Preuß. Ge-
setz zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten von 1905
(Preuß. Gesetzessammlung 1905 Nr. 38 S. 373 ff.).
Mit Gesetzen und Verordnungen allein war aber nicht alles
getan. Um die Vorsorge zu gewährleisten, sollten in Preußen
per Erlaß des Ministers der Geistlichen-, Unterrichts- und
Medizinal-Angelegenheiten vom 22. Juli 1903 für jeden Regie-
rungsbezirk Bakteriologische Untersuchungsämter eingerichtet
werden. Diese Ämter sollten selbst keine wissenschaftliche
Forschung betreiben, sondern sie sollten mit wissenschaft-
lich

Bestandsgeschichte: anerkannten Methoden zur Feststellung oder Klarstellung
von Infektionskrankheiten beitragen; für die Medizinalbeam-
ten wurde aber die Pflicht zur Weiterbildung festgeschrie-
ben.
Die Bakteriologischen Untersuchungsämter sollten den Medizi-
nalbehörden der Bezirke bei den Maßnahmen zur Bekämpfung an-
steckender Krankheiten durch bakteriologische Sicherstellung
in der Diagnostik dienstbar sein.Von den besonders in Be-
tracht kommenden Krankheiten erwähnt der Erlaß an erster
Stelle Unterleibstyphus, eine endemische Seuche, die die Be-
völkerung damals am schwersten heimsuchte und schädigte,
ferner Ruhr, Diphtherie, Cerobrospinalmeningitis, Gonorrhoe,
Tuberkulose, Lepra, Malaria, Milzbrand, Anchylostaniasis,
Actynomycosis, Cholera, Pest und später auch die Bangsche
Krankheit, desser Erreger durch den Genuß roher Milch er-
krankter Tiere auf Menschen übertragen werden kann.
Die Geschäftstätigkeit der Untersuchungsämter wurde nicht
im einzelnen in dem erwähnten Erlaß festgelegt, sie sollte
vielmehr von den Amtsleitern in Absprache mit dem Regie-
rungspräsidenten geregelt werden. Die Mittel für die Unter-
haltung und den Betrieb der Untersuchungsämter waren beim
Preuß. Minister der Geistlichen-, Unterrichts- und Medizi-
nal-Angelegenheiten jährlich zu beantragen. Die Regierungs-
präsidenten sollten die praktischen Ärzte und Kreisärzte
anweisen, in Versandgefäßen die mikroskopisch und
bakteriologisch zu untersuchenden Materialien einzusenden,
sofern sie mit einfachen Untersuchungen keine definitive
Diagnose stellen könnten. Dieses System ist bis zur Gegen-
wart beibehalten worden.
Für den Regierungsbezirk Stade wurde ab März 1907 schritt-
weise das Bakteriologische Untersuchungsamt Stade einge-
richtet und zum 1. Juli 1907 konnte die Arbeit unter der
Leitung des Kreisarztes Dr. Opitz aufgenommen werden;
am 1. November 1907 wurde das

Bestandsgeschichte: Amt offiziell als Medizinal-
untersuchungsamt eröffnet. Am 1. Juni 1911 wurde Kreis-
assistenzarzt Dr. R. Mohrmann Nachfolger von Dr. Opitz;
gleichzeitig wurde das Aufgabengebiet um die Serodiagnostik
erweitert.
Etwa zeitgleich mit dem Medizinaluntersuchungsamt Stade
wurde das Medizinaluntersuchungsamt Hannover eingerichtet.
Der damalige Regierungsbezirk Lüneburg wurde zwischen den
Ämtern in Stade und Hannover aufgeteilt. Neben den Kreisen
des Regierungsbezirks Stade wurden an das Stader Medizinal-
untersuchungsamt von den Ärzten der Landkreise Harburg,
Uelzen, Winsen, Lüneburg, Lüchow, Dannenberg und Bleckede
Untersuchungsproben geschickt, bis nach dem zweiten Welt-
krieg für den Regierungsbezirk Lüneburg ein eigenes Medizi-
naluntersuchungsamt geschaffen wurde.
Das Staatsarchiv hatte 1987 erstmals Gelegenheit bekommen,
die Altakten des Stader Medizinaluntersuchungsamtes
durchzusehen. Die hier vorliegenden für archivwürdig
erklärten Akten sind nach Anfall verzeichnet und nach sach-
thematischen Gesichtspunkten im Findbuch geordnet worden.
Dieses vorläufige Findbuch erlaubt durch seine numerische
Gliederung jederzeit weitere Aktenzuführungen; nur so ist
es möglich, den Bestand nicht erst in einigen Jahrzehnten,
sondern schon jetzt benutzbar zu machen. Der Archivange-
stellten Rita Wirschins ist an dieser Stelle für das Ein-
geben der Datensätze zu danken.
Stade, im September 1989 Dr. M. Nistahl
Literaturhinweise:
M. Pistor, Das Gesundheitswesen in Preußen (Berlin 1896)
Ärzteblatt für die Provinz Hannover (ab 1906)
Das Staatliche Medizinaluntersuchungsamt Stade wurde mit
seiner Registratur zum 1.11.1995 aufgelöst, die Abteilung
für Schädlingsbekämpfung der Außenstelle Stade des Veteri-
näruntersuchungsamtes Oldenburg zugeordnet. Die Eingabe
der Datensätze zu den hierbei akzessionierten Akten nahm
die

Bestandsgeschichte: Archivangestellte Dörte Sölken vor.
Stade, im November 1995 Dr. B. Bei der

Bestandsgeschichte: Wieden


Zusatzinformationen: Abgeschlossen: Nein

Zusatzinformationen: teilweise verzeichnet

Bestandssignatur
Nds. Landesarchiv, Abt. Stade, NLA ST, Rep. 139

Kontext
Nds. Landesarchiv, Abt. Stade (Archivtektonik) >> Gliederung >> 1 Staatliche und kommunale Bestände >> 1.1 Akten >> 1.1.4 Fachbehörden (bis heute) >> 1.1.4.3 Gesundheit und Soziales

Bestandslaufzeit
1907-1995

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Letzte Aktualisierung
30.01.2023, 08:48 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1907-1995

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