Bestand
Kurmainz: Kurmainzische Zentralbehörden (Landesregierung) (Bestand)
Enthält: I. Kurfürsten und Reich,
Zentralbehörden, II. Ämter und Centen, III. Öffentliche Ordnung,
Verwaltung und Gemeinden, IV. Landwirtschaft, Forsten, Jagd und
Fischerei, V. Wirtschaft, Handel, Verkehr und Münzen (Handwerk und
Zünfte, Salinen und Salzwesen, insbesondere Saline Orb), VI.
Militär und Krieg, VII. Steuern und Abgaben, Leistungen, VIII.
Lehen, Pachten, Pfandschaften, Arreste
Bestandsgeschichte: Die
Unterlagen der Kurmainzischen Zentralbehörden stammen aus dem alten
Regierungsarchiv, das 1782 aus dem Reichserzkanzlerarchiv
herausgelöst und durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25.
Februar 1803 an die weltlichen Nachfolgestaaten des Kurfürstentums
aufgeteilt wurde. Deshalb sind die Archivalien des Kurmainzer
Regierungsarchivs heute auf etliche fürstliche, kirchliche,
Kommunal- und Staatsarchive in Österreich und der Bundesrepublik
Deutschland verteilt.
Ins Staatsarchiv Marburg gelangten
die Unterlagen der ehemaligen Ämter bzw. Oberämter in Hessen,
nämlich Amöneburg, Fritzlar, Naumburg und Neustadt, sowie eine
spätere Abgabe von 1867 aus dem Kreisarchiv Würzburg mit Akten zu
den Ämtern Orb und Gersfeld. Aus ihnen wurde 1979 im Zusammenhang
mit der Erstellung eines archivübergreifenden Inventars über die
Kurmainzer Archivbestände der Bestand 105 gebildet und neu
verzeichnet. Dabei wurde auch die Provenienztrennung von
Zentralbehörden (105c) und Mittel- und Unterbehörden (105b)
vorgenommen.
Geschichte des
Bestandsbildners: Die Kurmainzer Zentralbehörden umfassen jene
Einrichtungen, die die Verwaltungsgeschäfte des Kurstaates bis 1803
an höchster Stelle wahrnahmen. Ihre Entstehung fällt ins 16. Jhdt.
Ein erster fester Rat mit bestimmten Dienstzeiten wurde 1501
eingerichtet und 1522 als Reaktion auf die Zeitumstände
(Ritteraufstand und Bauernkrieg) zum 'beständigen' Rat bzw. Hofrat
ausgebaut. Er führte nicht nur die Amtsgeschäfte in Abwesenheit des
Kurfürsten fort, sondern sorgte insbesondere auch für die
Neuorganisation der Lokalverwaltung und des Gerichtswesens. Ferner
oblag dem Hofrat die Behandlung der Lehensangelegenheiten. Während
der Einfluss des Domkapitels und der Landstände auf den Rat anfangs
noch stark war, bestand er seit 1527 allein aus Vertrauensleuten
des Landesherren. Die wichtigsten Angelegenheiten entschied der
Kurfürst jedoch allein mit ausgewählten Räten, ohne dass der Hofrat
davon Kenntnis nehmen musste. 1541 wurde die Bearbeitung von Innen-
und Außenpolitik im Rat personell voneinander getrennt und zu
Beginn des 17. Jahrhunderts schälte sich dann eine erste
Aufgliederung nach Ressorts heraus: Ein Hofratsmitglied führte als
'Director in Judicilialibus' die Aufsicht über das gesamte
Rechtswesen, während andere Räte die Angelegenheiten der
verschiedenen Ämter bearbeiteten und sich um strittige Grenzfragen
mit benachbarten Territorien kümmerten. 1626 wurde die Stelle eines
Hofratspräsidenten geschaffen, der vom Domkapitel besetzt
wurde.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg verlagerte der
Kurfürst die Behandlung der wichtigsten Staatsgeschäfte, aber auch
der Lehensangelegenheiten, in den Geheimen Rat, der jedoch bereits
im frühen 18. Jhdt. vom Geheimen Kabinett als zentraler politischer
Entscheidungsträger abgelöst wurde. Um Reibungsverluste bei der
Zusammenarbeit von Hofrat, Geheimem Rat und Hofkammer zu
verhindern, wurden ab dem Ende des 17. Jhdts. mehr und mehr
gemischte Kommissionen und Deputationen eingerichtet, die die
einander überlappenden Aufgabenbereiche gemeinschaftlich
bearbeiteten. So entstand 1690 zunächst die 'Deputation ad
militaria' bzw. die Kriegskonferenz, später wurden aber auch
Deputationen für das Kommerzien-, Bau-, Salinen-,
Feuerversicherungs- und Armenwesen sowie für das Forst- und
Jagdwesen errichtet. Die Entscheidungen wurden aber nach wie vor in
den Räten und in der Kammer gefällt. Ende der 1730er Jahre
formierte sich dann innerhalb des Geheimen Rats eine 'Conferenz',
die 1740 als Geheime Kabinettskonferenz institutionalisiert wurde
und die höchsten Beamten der verschiedenen Behörden versammelte.
1775 wurde die Geheime Kabinettskonferenz zur Staatskonferenz mit
Weisungsrecht gegenüber nachgeordneten Behörden umgebildet.
Die Verwaltung der kurfürstlichen Finanzen oblag der 1532
geschaffenen Hofkammer, die auch Rent- und Rechenkammer genannt
wurde. Bis 1548 verwaltete sie neben den Landes- auch die
Hoffinanzen, die dann jedoch an Marschall und Küchenmeister
übergingen. 1619/1625 wurde die Hofkammer in eine kollegiale
Behörde mit Kammerräten und einem vom Domkapitel eingesetzten
Vorsitzenden umgewandtelt. 1690 ging die eigentliche
Finanzverwaltung an eine Zahlstelle über, während die Hofkammer
noch anweisende, kontrollierende und beratende Funktionen behielt.
1780 wurde eine Landesnotdurftkasse eingerichtet, die aus den
Salinenerträgen gespeist wurde, und 1788 eine
Rechnungsrevisionskammer. Kriegssteuern wurden nach einer
Bewilligung durch das Domkapitel von einem Kriegszahlmeister
erhoben; die Auszahlung bedurfte jedoch der Erlaubnis der
Hofkammer.
Die lokale Gerichtsbarkeit wurde bereits in
der Zeit nach dem Bauernkrieg straff dem Kurfürsten untergeordnet.
1516 wurde ein dem Reichskammergericht nachgebildetes Hofgericht
mit ständigem Sitz in Mainz eingerichtet. Es musste sich -
namentlich in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit - seine
Zuständigkeiten jedoch mit dem Hofrat teilen. Die
Zivilgerichtsbarkeit oblag ihm seit 1628 dagegen alleine, wofür es
aber wiederum auf die Kriminalgerichtsbarkeit verzichten musste.
Diese fiel im 18. Jhdt. nämlich ganz dem Hofrat zu. Sondergerichte
bestanden seit 1674 für das Bauwesen sowie für Merkantil- und
Wechselsachen. Bis 1783 gab es ein Rabbinergericht für Juden. Als
oberste Instanz wurde 1740 ein Revisionsgericht geschaffen. Dennoch
blieb die Anrufung des Reichskammergerichts ab einen Streitwert von
mehr als 600 Gulden möglich.
Findmittel: Publiziertes
Findbuch von R. Schatz und A. Schwersmann, 1990ff. (siehe
Literatur)
Findmittel: Handschriftliches
Findbuch für Nr. c 1000 - c 1999
Findmittel:
Arcinsys-Datenbank (Retrokonversion von Dateien,
Neuverzeichnungen)
Referent: Dr. Vahl
Zusatzinformationen:
Bemerkung: Allein dieArcinsys-Datenbank bietet einen vollständigen
Überblick über die im HStAM vorhandenen Akten des Bestands 105c.
Die Unterlagen sind äußerst kleinteilig und zählen oft nur wenige
Blatt. Bei der Neuverzeichnung wurde vielfach auf die
ursprünglichen Aktentitel zurückgegriffen.
- Bestandssignatur
-
Hessisches Staatsarchiv Marburg, 105 c
- Umfang
-
25,1 MM
- Kontext
-
Hessisches Staatsarchiv Marburg (Archivtektonik) >> Gliederung >> Akten bis 1867 >> Sonstige Territorien >> Kurmainz
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Korrespondierende Archivalien: Staatsarchiv Magdeburg
Korrespondierende Archivalien: Staatsarchiv Karlsruhe
Korrespondierende Archivalien: Staatsarchiv Wertheim
Korrespondierende Archivalien: Stadtarchiv Mainz
Korrespondierende Archivalien: Bestand 86 Hanauer Nachträge
Korrespondierende Archivalien: Staatsarchiv Koblenz
Korrespondierende Archivalien: Staatsarchiv Darmstadt
Korrespondierende Archivalien: Geheimes Staatsarchiv - Preußischer Kulturbesitz
Korrespondierende Archivalien: Staatsarchiv Würzburg
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Korrespondierende Archivalien: Fürstlich-Leiningen'sches Archiv Amorbach
Korrespondierende Archivalien: Bestand 105b Kurmainzische Kellereien und Ämter in Hessen
Korrespondierende Archivalien: Staatsarchiv Ludwigsburg
Korrespondierende Archivalien: Hauptstaatsarchiv Wiesbaden
Literatur: Droege, G., Die Territorien am Mittel- und Niederrhein, in: Kurt G.A. Jeserich u.a. (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1: Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Reiches, S. 690-720.
Literatur: Falk, H., Die Mainzer Behördenorganisation in Hessen und auf dem Eichsfeld, Marburg 1930.
Literatur: Schatz, R. und A. Schwersmann (Bearb.), Inventare des Aktenarchivs der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz aufgrund der Verzeichniss in den heutigen Eigentümer-Archiven, 5 Bde., Koblenz 1990-1993.
Literatur: Goldschmidt, Hans, Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Berlin und Leipzig 1909.
Literatur: Hensler, E., Verfassung und Verwaltung von Kurmainz um das Jahr 1600, Straßburg 1909.
- Bestandslaufzeit
-
1460-1811
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
27.05.0026, 09:19 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1460-1811