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Eingabe der Schneider an den Magistrat

Regest: Die Schneiderzunft hat sich am 20. April 1770 über ihren Mitmeister Erhardt Krumm beschwert und vom Magistrat die Zusage erhalten, sie bei ihren vor langen Jahren bestätigten Zunftartikeln zu manutenieren (= erhalten), auch den Krumm zu Befolgung der Ordnung anzuhalten, mit seinem nichtigen und grundfalschen Vorgeben abzuweisen und zu Einhaltung der Zunftartikel anzuweisen. Allein ungeachtet dieses obrigkeitlichen Gebots hat Krumm die Appellation ad Augustissimum (= an den Kaiser) zu ergreifen sich unterfangen, ja noch überdies seines Bruders Johannes Krumm Namen unter die Appellations-Schrift geschrieben mit dem falschen Vorgeben, als hätte Johannes dem Erhardt Krumm Vollmacht gegeben.
Da nun zur Zeit die Entscheidung des Reichshofrats noch nicht geschehen ist, so kann die Schneiderzunft bei gegenwärtiger sehr bedrängter Zeit, da alle Nahrungsmittel im höchsten Grad des Preises gestiegen sind, nicht in die Länge zuwarten, dem Magistrat ihres Mitmeisters Erhardt Krumm fortdauernd bodenloses und zu ihrer vollkommenen Zugrundrichtung unchristliches Betragen wehmütigst vorzustellen.
Erhardt Krumm fährt nämlich in seiner Unordnung und Fretterei (= Plagerei, Widerwärtigkeit) beständig fort und reisst sozusagen manchem armen Meister das Brot aus dem Munde. Er geht zu keinem Gebot +) und Verbot +) und gehorcht weder dem Zunftmeister noch dem Zunftgericht. Sein ganzes Benehmen war spöttisch, als wenn er weder Gesetz noch Ordnung zu halten verbunden wäre. Man mag ihm vorhalten, was man will, so war es ein Gelächter und Poz (= Spott). Er setzte noch hinzu: "Meine Sache liegt vorm Kaiser, ich tue was ich will, zum Trotz und gebe um niemand nichts." Mit Haltung von 3 Gesellen und Wegraffung aller Arbeit, besonders da um der harten Zeit willen die Leute nur das Nötigste an Kleidung verfertigen lassen, ist jeder kaum instande für sich allein, viel weniger mit Gesellen zu arbeiten. Deshalb ergeht an den Magistrat die angelegentliche Bitte, diesem schlimmen und hartnäckigen Mann bis zur vollkommenen reichsrichterlichen Entscheidung nachdrücklich aufzulegen, dass er sich nicht nur allen übrigen obrigkeitlich bestätigten Zunftartikeln unterwürfig zu machen, sondern auch als ein mit Nahrung reichlich versehener Mann ohne Kindersegen sich des unerlaubten Gesellenhaltens gänzlich zu enthalten habe, und der Zunft weiter zu bescheiden, wie sie sich dagegen zu verhalten habe.
Joachim Schmidt, Senator
Johann Georg Finck, Zunftmeist.
Johannes Merckh
Joh. Martin Bappelauer
Johannes Cammerer
Johann Philipp Cammerer
Christoph Besch
Johan Georg Epp
Matthaeus Merckh
Johannes Epp
Michael Rintz
Joh. Dietrich Rintz
Johannes Reinhardt
Georg Friedrich Faass
Johann Baldus Metzger
Johan Jacob Schelling
Johan Martin Letsch
Johannes Besch
Joh. Georg Wittel.
Joseph Franz Kurtz
Wilhelm Schneider
Joachim Schmidt
Johannes Krumm
Johan Heinrich Cleiwer
Johannes Schmidt
Hans Jerg Schneider
Michael Engel.
Christian Klein
Christoph Heinrich Schneider
Jacob Rintz
Johann Wilhelm Näher
Ludwig Bechtlin
32 Personen

Reference number
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 3166
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Bemerkungen: durchweg Original-Unterschriften
+) Beide Worte sind hier wohl so ziemlich gleichbedeutend = einberufene Zunftversammlung.

Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 9 Zünfte Schneider
Holding
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Date of creation
1770 Dezember 1

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

Time of origin

  • 1770 Dezember 1

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