grafische Künste
Burg mit untergehender Sonne
Am 16. Januar 1917 wurde der Transportbegleiter Klee zur Königlichen Bayerischen Fliegerschule V in Gersthofen bei Augsburg versetzt, wo er als Zahlmeister in der Kassenverwaltung Spielräume für das Malen und Zeichnen hatte. Die Leere der Kriegsjahre haben Klees Kunst ins Kosmische gehoben: Nun ist die Landschaft poetisiert als Garten Eden, Sonne und Mondsichel stiften die kosmische Gemeinschaft, doch die dunklen Akzente des Zeitgeistes fehlen nicht. Noch ist die gebirgige Welt mit Licht erfüllt, im Zentrum aber geht unwiderruflich die mattrote Sonne unter. Hinter ihr ragt der gebrochene schwarze Galgen empor. Im Vordergrund stoßen pyramidale und runde Hügelformen aufeinander, farbige Pfeile, skelettierte Bäumchen und grüne Tannenbäume streben zur Burg empor. Zwischen den Tannen steht rechts eine Figur mit geschlossenen Armen über dem Haupt, Schutz vor der schwarzen Sonne und dem bedrohlichen Pfeil von oben suchend. Bruchlos wächst aus dieser Aufwärtsbewegung der Burgberg mit seinen schachbrettartigen Fensteröffnungen hinauf. Die Burg mit untergehender Sonne ist gemalt auf ruppigem Papierleinen mit ausgefransten Enden, was dem Aquarell nicht nur eine noppige, leicht reliefhafte Struktur verleiht, sondern auch ein bezeichnendes Zeitdokument für den Mangel in den Kriegsjahren ist: Originalleinen gab es längst nicht mehr, dafür wurde Ersatz geschaffen aus grob strukturiertem Papiergarn, aus dem auch Anzüge gewebt wurden. | Roland März
- Material/Technik
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Aquarell und Tuschfeder auf grundiertem Leinen auf Papier, mit Aquarell und Feder eingefasst, auf Karton
- Maße
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Höhe x Breite: 18,5 x 27,8 cm
Rahmenmaß: 37 x 47,5 x 4 cm
- Standort
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Museum Berggruen, Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
- Inventarnummer
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NG MB 98/2000
- Letzte Aktualisierung
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08.05.2023, 07:20 MESZ
Objekttyp
- grafische Künste
Beteiligte
Entstanden
- 1918