Bestand

Haus Wildenberg (Dep.) / Akten (Bestand)

Geschichte der Grafschafter Vogteigüter Brunskappel und Siedlinghausen und ihrer Besitzer (Edelherren von Grafschaft, von Gaugreben, Voigt von Elspe, Vincke zu Kilver, von Fürstenberg zu Körtlinghausen, Weise und Seibertz) (21); Ritterschaftsstatus (25); Wiederherstellung des Gutes und dessen Bewirtschaftung, v.a. durch Johann Suibert Seibertz (320).

Bestandsgeschichte: Adeliges, im 19. Jahrhundert nicht mehr landtagsfähiges Gut in Brunskappel, Stadt Olsberg (Hochsauerlandkreis), im Besitz der Edelherren von Grafschaft sowie der Familien von Gaugreben, Weise und Seibertz.

Form und Inhalt: 1. Geschichte des Gutes bis zum Ende des 19. Jahrhunderts

Die Geschichte des Gutes Wildenberg zu Brunskappel ist in ihren Anfängen eng mit der Ausstattung des Klosters Grafschaft verbunden file://fn@01 . Nach dessen (auf Grund einer echten Vorlage gefälschten) Gründungsurkunde von 1072 inkorporierte ihm sein Stifter, Erzbischof Anno II. von Köln, zwölf Kirchen, wie er ihm auch zahlreiche Güter zuwies file://fn@02 . Darunter befanden sich St. Servatii sowie ein Hof zu Brunskappel, einer Gründung des Erzbischofs Bruno I. von Köln (953-965) file://fn@03 . Der Besitz des Klosters in den Kirchspielen Assinghausen, Brunskappel, Negerkirchen und Siedlinghausen bildete die Grundlage der Vogtei Brunskappel, die wiederum einen Teil der (Gesamt-)Vogtei Grafschaft ausmachte. Die Vogtgüter fielen an dessen Erbvögte (seit dem ersten Drittel des 12. Jahrhunderts die Edelherren von Grafschaft) zu Lehen file://fn@04 .

Edelherr Wedekind I. von Grafschaft ließ wahrscheinlich um 1306 auf dem Gut zu Brunskappel ein Haus als Witwensitz für seine (zweite) Gemahlin Adelheid, geb. von Wildenberg, bauen. Jedenfalls bezog diese nach Wedekinds Tod (um 1313) mit ihrem Sohn Johann II. von Grafschaft das Gutshaus Wildenberg file://fn@05 .
Haus und Gut Wildenberg als Teil der Vogtei Brunskappel gingen von den Edelherren von Grafschaft nach 1441 in den Besitz der von Gaugreben über; nach einem zweifelhaften Zeugnis sogar bereits 1380, als Johann II. von Grafschaft den Brautschatz seiner Tochter Iliane zur Hochzeit mit Dietrich von Gaugreben bestimmte file://fn@06 Jedenfalls verzichtete Johanns letzter Nachfolger, Edelherr Jost von Grafschaft, 1566 auch auf den Brunskappeler Besitz bzw. belehnte Kurfürst Salentin von Köln 1573 den Gödert von Gaugreben mit allen Grafschafter Vogteigütern, u.a. auch mit den Gütern zu Brunskappel und zu Siedlinghausen file://fn@07 .
Die Familie von Gaugreben konnte diesen Besitz jedoch nicht lange halten. Nach Verpfändungen einzelner Gutszubehöre mußten schon Göderts Witwe Ursula, geb. von Schade, und ihr Sohn Jost Dietrich 1618 bzw. endgültig dessen Witwe Margaretha, geb. von Beringhausen, 1620 das Gut zu Brunskappel an den kurkölnischen Richter Georg Weise verkaufen. Das Gut zu Siedlinghausen erwarb schließlich (1657) Christian Vogt von Elspe, der Mechthild Maria Elisabeth, eine Enkelin des Jost Dietrich von Gaugreben, geheiratet hatte file://fn@08 . Gestützt auf dieses Verwandtschaftsbeziehung, versuchte er, auch Ansprüche auf das Brunskappeler Gut Wildenberg durchzusetzen -doch bekamen Weises Söhne 1668 vom Kölner Kurfürsten Maximilian die Gaugrebensche Lehensveräußerung bestätigt. Seit 1692 erschienen stets Mitglieder der Familie Weise als Kölnische Lehensträger des Hauses und Gutes Wildenberg zu Brunskappel. Dagegen behauptete Vogt von Elspe erfolgreich die Erbpacht- und Eigentumsrecht an den Gutsabsplissen Gerhans-Hof, Hopmanns-Hof und der Mühle file://fn@09 .
Durch Johann Rudolf Weise, Richter zu Bödefeld und Hallenberg (gestorben 1739) wurde das Gut zu Brunskappel durch viele schatzfreie Grundstücke erweitert. Sein Bruder Johann Georg, Vikar zu Körbecke, errichtete 1711 und 1740 den fideikommissarischen "Weiseschen", später "Wildenberger Studien- und Armenfonds". Dagegen setzte aufgrund fehlgeschlagener Bauprojekte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine erneute Verschuldung des Gutes ein. Schließlich sah sich Carl Martin Weise 1817 gezwungen, seinen restlichen Besitz zu Brunskappel an den Justizbeamten Johann Suibert Seibertz zu verkaufen.

Leben und Laufbahn dieses Gutsbesitzers, der sich bekanntlich als "Nestor unter den Historikern Westfalens" große Verdienste um die Geschichtsschreibung des Herzogtums Westfalens erwarb, können mit folgenden Daten umrissen werden: file://fn@10

1788 als Sohn des kurkölnischen Gerichtsschreibers Caspar Engelbert Seibertz zu Brilon geboren
1810 Abschluß der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien (Universitäten Gießen und Heidelberg), Anstellung als Accessist beim Hofgericht zu Arnsberg
1811 Hofgerichtsadvokat und Steuerempfänger zu Brilon
1814 Patrimonialrichter zu Scharfenberg
1819 Veröffentlichung der "Westfälischen Beiträge zur deutschen Geschichte"
1820 Justizamtsverwalter zu Rüthen
1823 Amtsverwalter zu Belecke
1829 Justizamtmann zu Brilon
1839 Land- und Stadtgerichtsrat zu Arnsberg, Veröffentlichung der "Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen" (mit Urkundenbuch; bis 1864)
1857 Veröffentlichung der "Quellen der westfälischen Geschichte" (bis 1869)
1871 gestorben zu Arnsberg
Als Herr auf Wildenberg setzte es sich J.S. Seibertz zum Ziel, nach Allodifikation des Lehens (1823) den zersplitterten, teils verpfändeten, teils wiederlöslich veräußerten Gutsbesitz möglichst in vollem Umfang wiederherzustellen. Weiterhin ließ er 1822 das alte Gutshaus abreißen und ein Ökonomiegebäude zum Wohnhaus erweitern. Dort fand auch seine (um 1840 begonnene) "Antiquitätensammlung" ihre Heimstatt file://fn@11 .
Beim Rückkauf der verschiedenen Hofstätten, Acker-, Wiesen- und Waldplätze konnte J.S. Seibertz auch seine rechts- und landesgeschichtlichen Kenntnisse ausbauen und einsetzen. Um 1850 hatte er den Gutsbesitz auf etwa 1000 Morgen vergrößert. Seine Äcker lagen hauptsächlich am Kahlenberge (östlich von Brunskappel), die Wiesen im Negertal, der Wald am Kahlen- und Wolkenberg (westlich von Brunskappel). Dazu kamen u.a. Zehntrechte in den Marken der Wüstungen Frielinghausen (zwischen Siedlinghausen und Brunskappel), Othmaringhausen (unterhalb von Brunskappel, ehemals Sitz eines Lehnsgutes des Stifts Meschede), Remlinghausen und Rölinghausen (oberhalb bzw. unterhalb von Siedlinghausen) file://fn@12 . Wildenberg gehörte damit aber nicht zu den in der Ritterschaftsmatrikel aufgenommenen Gütern des Kreises Brilon, deren Besitzer zum Provinziallandtag qualifiziert waren file://fn@13 .
Nach J.S. Seibertz Tod 1871 ging der Besitz an den Sohn Adalbert über file://fn@14 , der aber schon einen Monat später verstarb. Danach fielen die Gutseunkünfte aus Verpachtungen und Holzverkauf an die aus seinen sieben Söhnen bestehende Erbengemeinschaft file://fn@15 . Baumeister Engelbert Seibertz zu Berlin verkaufte Wildenberg 1905 an den Industriellen Friedrich Lob aus Hohenlohehütte in Oberschlesien. Danach wechselte das Gut in den Besitz der Familie Schäfer-Wildenberg.

2. Zur Archivgeschichte und Bestandsbearbeitung

Urkunden, Akten und Amtsbücher sowie Karten, Pläne und Bilder des Gutsarchivs Wildenberg gelangten im April 1984 als Depositum des Herrn Ernst Georg Schäfer-Wildenberg mit Zugang 62/84 in das Staatsarchiv Münster file://fn@16 .
Die Archivalien befanden sich zum Teil in blaue Aktendeckel eingeschlagen, die mit der Aufschrift "Zum Archive Seibertz Wildenberg - III. Gut zu Brunskappel" bedruckt waren. Sie bildeten also den dritten Teil eines ehemaligen Seibertzschen Gesamtarchivs. Dessen Teile "I. Familiensachen" bzw. "II. Haus und Hof zu Arnsberg" nahm Engelbert Seibertz nach dem Verkauf 1905 mit nach Berlin; desgleichen die Antiquitätensammlung. Sie sind seitdem verstreut file://fn@17 .

Innerhalb der Aktendeckel lagen meist weitere Kladden, daneben auch lose Schriftstücke. Viele Aktendeckel enthielten zuoberst einen Schriftsatz von der Hand J.S. Seibertz, ca. 1850. Diese "Gutachten" gaben einen Überblick über die Geschichte des jeweiligen Gutsteiles, dessen Dokumente den Deckel füllten file://fn@18 .
Einige Schriftstücke waren vor Seibertz mit Signaturen in der Folge römische Ziffer-arabische Ziffer-Großbuchstabe versehen worden (z.B. : VII 3-A [betr. das erste Gewende Land am Kahlenberge]). Seibertz ordnete die Dokumente in den Jahren 1847 bis 1850 neu, schlug sie in Aktendeckel und vergab diesen Signaturen in der Folge römische Ziffer-Großbuchstabe-arabische Ziffer (z.B. III-H-1 [betr. das erste Gewende Land am Kahlenberge]). Diese Signaturen zitierte er auch in seinen Gutachten, wenn Querverweise herzustellen waren. Die Ordnung kam jedoch um 1889 wieder durcheinander file://fn@19
Rentmeister Maas und Archivar Wenner (Münster) versuchten daher 1927, den alten Zustand wiederherzustellen. Sie folgten dabei so weit wie möglich dem vorgegebenen Signaturenschema (A - U), erweiterten dieses aber auch nach hinten durch neue Ordnungsgruppen (V - Y). Mit diesen Ergänzungen wurde das Seibertzsche Ordnungsschema von 1847 durch Heinrich Glasmeier im "Westfälischen Adelsblatt" 1937 veröffentlicht file://fn@20 .
Bei der Neubearbeitung des Gutsarchivs im Staatsarchiv Münster wurden aus inhaltlichen und konservatorischen Gründen einerseits die besiegelten Pergamenturkunden, andererseits das Karten- und Bildmaterial von den Akten und Amtsbüchern getrennt. Soweit die Urkunden nicht als Einzelstücke überkamen, sondern aus Akten stammten, blieb dieser Bezug durch einen Vermerk beim Regest bzw. in der Akte gewahrt file://fn@21 . Die Akten- und Amtsbuchbezeichnung orientierte sich an den kleinstformierten Verzeichnungseinheiten und erschloß damit den Inhalt der Schriftstücke auch unterhalb der alten Aktendeckelbeschriftungen. Die Titel wurden ohne Abstufung nach numerus currens durchsigniert. Ihre Klassifikation folgte soweit wie möglich den Stichwörtern des Ordnungsschemas von 1847, in das jedoch die Ergänzungen von 1927 an sachlich sinnvoller Stelle eingearbeitet wurden. So betrifft nun die Nummer 240, klassifiziert unter II-G-1, Äcker am Kahlenberge, das dortige erste Gewende Land. Über die Inhaltsangaben der Klassifikationsgruppen wird also eine Rekonstruktion der alten Ordnungszustände ermöglicht.

Mit den Gutsarchivalien Wildenberg gelangte weiterhin eine "Chronik der Familie von Wedel" zur Bearbeitung in das Staatsarchiv Münster (vgl. Findbuch A 499a). Diese nach Art eines Amtsbuches gebundene Akte stammte aus dem Besitz von Frau Liselott Schäfer-Wildenberg, geb. von Wedel file://fn@22 .

Die Neubearbeitung des Bestandes "Gut Wildenberg (Dep.)" leisteten im Staatsarchiv Münster vom November 1984 bis zum Februar 1985 die Staatsarchivreferendare Dr. B. Parisius, Dr. P. Schiffer, Dr. A. Schwersmann und K.-H. Tekath. Die Verzeichnung der Karten, Pläne und Bilder leitete Staatsarchivdirektor Dr. M. Sagebiel, die der Urkunden, Akten und Amtsbücher Staatsarchivrat Dr. J. Kloosterhuis (der auch die von Wedelsche Chronik analysierte).

Der Bestand ist zu zitieren : StA Münster, Gut Wildenberg (Dep.) Nr. ...

Letzte vergebene Nummer : Nr. 421

Münster im April 1985 Kloosterhuis


Seit 1986 besteht kein Kontakt mehr zum Deponenten. Einer weiterer Versuch der Kontaktaufnahme 2014 war erfolglos. Benutzung kann nach Benutzungsordnung erfolgen.

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Bestandssignatur
U 225
Umfang
368 Akten.; 397 Akten (28 Kartons), Findbuch U 225.
Sprache der Unterlagen
German

Kontext
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 4. Nichtstaatliches Schriftgut / Archivische Sammlungen >> 4.3. Gewerbebetriebe, Adlige Häuser, Familien, Höfe (U) >> 4.3.2. Adelige Häuser, Familien, Höfe >> Haus Wildenberg (Dep.)
Verwandte Bestände und Literatur
Johann Suibert Seibertz, Stammbuch der Familie Seibertz zu Wildenberg und Brunscappell, Arnsberg 1847; Albert K. Hömberg, Geschichtliche Nachrichten über Adelssitze und Rittergüter im Herzogtum Westfalen und ihre Besitzer. Heft 11: Kirchspiele Affeln, Allendorf, Balve, Stockum und Voßwinkel, Münster 1975.

Bestandslaufzeit
1584-1911

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Letzte Aktualisierung
06.03.2025, 18:28 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1584-1911

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