Bestand

Offenburg, Stadt (Bestand)

Überlieferungsgeschichte

Offenburg wurde als Teil der Reichslandvogtei Ortenau mehrfach verpfändet, war 1701-1771 badisches Lehen und als Zentralort der Landvogtei bis 1803 Sitz eines vorderösterreichischen Oberamts. Durch den Zusammenschluß mit den "Vereinsstädten" Gengenbach und Zell am Harmersbach 1575 konnte die Stadt ihre Stellung als Reichsstadt jedoch bis zum Ende des Alten Reiches erhalten. Bei der Mediatisierung durch Baden beschlagnahmten die badischen Kommissare im städtischen Archiv die "hoheitlichen" Unterlagen (vgl. Bestand 30).

Inhalt und Bewertung

Der Bestand enthält neben den reichsstädtischen Unterlagen vor allem Archivalien hochstift-straßburgischer, vorderösterreichischer und badischer Provenienz (vgl. Bestand 368).

1. Geschichte der Stadt Offenburg im Spiegel der Bestandsüberlieferung: Die Stadt Offenburg entstand Anfang des 12. Jahrhunderts, vermutlich als Marktsiedlung der Zähringer, auf Grund der Vogteirechte, welche diese sowohl über den Besitz die Klöster Gengenbach Schuttern und St. Georgen als auch über die Güter der Straßburger Kirche hier ausübten. An der Gründung war aber vermutlich auch der Bischof von Straßburg beteiligt. Kaiser Friedrich II. nahm 1218, zunächst gegen den Widerstand des Bischofs von Straßburg, Offenburg und weitere Teile der Ortenau, darunter Ortenberg, Gengenbach und Zell am Harmersbach, in Besitz, einigte sich aber später mit dem Bischof und ließ sich von diesem 1236 mit der Vogtei belehnen. Die Stadterhebung und Ummauerung folgte um 1235, und 1241 tauchte Offenburg erstmals im Reichssteuerverzeichnis auf. Ein Offenburger Stadtrecht ist indes nicht erhalten. Der Landvogt der Ortenau ernannte den (Reichs-) Schultheißen, der mit einem aus den vornehmen Familien rekrutierten Zwölferrat vorstand, der um 1300 durch einen aus den Zünften bestehenden "jüngeren Zwölferrat" und einen Bürgermeister, später an dessen Stelle vier Stettmeister, ergänzt wurde. Im Zuge der päpstlichen Absetzungsverfügung gegen Kaiser Friedrich II. eroberte der Bischof von Straßburg 1245 Offenburg und die anderen staufischen Besitzungen der Ortenau und ließ sich 1263 die Lehensrechte verleihen. Rudolf von Habsburg gelang es dennoch, das Kerngebiet der Ortenau und damit auch Offenburg wieder ans Reich zu ziehen. Im Jahre 1280 wurden vom Rat einige Franziskaner in die Stadt geholt, welche bald darauf ein Kloster gründeten. Trotz ihres nunmehrigen Status als Reichsstadt wurde Offenburg 1334-1351 an Baden, 1351 an das Hochstift Straßburg, zur Hälfte 1405 an Kurpfalz und 1504 an Fürstenberg. Erst 1551/56 wurde die Pfandschaft wieder komplett durch die Habsburger eingelöst. Zum Schutz gegen die österreichischen Bestrebungen, die ganze Ortenau an sich zu ziehen, schlossen sich die Reichsstädte Offenburg, Gengenbach und Zell am Harmersbach 1575 zu den "Vereinsstädten" zusammen, ein Bündnis, welches bis zum Ende des Alten Reiches bestehen sollte. Der Offenburger Gerichtsbann, der anfangs auf die Stadt selbst beschränkt blieb, wurde nach und nach erweitert. Von den Geroldseckern kaufte man 1293 den Schutterwald. Ein wichtiges Ereignis dieser Zeit war auch die Gründung des Andreasspitals. Durch ein kaiserliches Privileg Maximilians I. erfolgte 1504 die Eingliederung Kinzigdorfs und Ufhofens in den Offenburger Gerichtsbann. Der Stadtwald wurde 1775 durch einen Teil des Gengenbacher Gotteshauswaldes ergänzt. Im Dreißigjährigen Krieg war Offenburg von 1632-1635 von den Schweden besetzt, konnte aber in der Endphase des Krieges während einer Belagerung 1639-1648 von Reinhard v. Schauenberg erfolgreich gegen die Franzosen verteidigt werden. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde die Stadt jedoch, ebenso wie Heidelberg, von den Franzosen 1689 bis auf das 1645 gegründete Kapuzinerkloster völlig zerstört. Sowohl Offenburg als auch die Landvogtei Ortenau waren in den Jahren 1701-1771 Lehen der Markgrafen von Baden-Baden, also bis zur Wiedervereinigung der badischen Markgrafschaften. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 nahm Baden die Reichsstadt in Besitz. Offenburg war seitdem badische Amtsstadt und von 1810-1832 auch Sitz des Kinzigkreisdirektoriums. Als Spätfolge der Säkularisierungsmaßnahmen wurden 1816 bzw. 1820 auch die beiden Klöster aufgehoben.

2. Bestandsgeschichte: Der Bestand wurde im 19. Jahrhundert nach dem damaligen Pertinenzprinzip gebildet und nach dem Brauer'schen Rubrikensystem geordnet. Die einzelnen Provenienzen gehen auf Grund der komplizierten territorialen Gemengelage in der Ortenau auf verschiedene Vorgängerterritorien des Großherzogtums Baden zurück. Im Bestand befinden sich zum einen Teil "hoheitliche" Unterlagen der ehemaligen Reichsstadt Offenburg, die von Baden nach dem Ende des Alten Reiches beschlagnahmt wurden, zum anderen Unterlagen des Hochstifts Straßburg, der unter vorderösterreichischer Hegemonie stehenden Landvogtei Ortenau, des Hochstifts Straßburg sowie der beiden badischen Markgrafschaften. Sie wurden zusammen mit weiteren, die Stadt Offenburg betreffenden Unterlagen aus den badischen Zentral-, Mittel und Unterbehörden des 19. Jahrhunderts vermischt. Mit der Einführung des Provenienzprinzips wurde dies gestoppt und der Bestand abgeschlossen. Im Zuge eines Beständeausgleichs wurden im Jahr 2000 die Unterlagen der Mittel- und Unterbehörden mit Sitz im heutigen Regierungsbezirk Freiburg (ab 1806) an das Staatsarchiv Freiburg (StAF) abgegeben. Die Titelaufnahmen dieser Unterlagen wurden jedoch in das neue Repertorium übernommen und entsprechend gekennzeichnet, um Lücken bei den Bestellnummern bzw. eine Neusignierung zu vermeiden. Außerdem wird sich diese Maßnahme aus Gründen der Transparenz als sinnvoll erweisen. Eine ergänzende Überlieferung im Generallandesarchiv stellen Bestand 170 Offenburg, Amt (Pertinenzmäßige Zusammenstellung der Unterlagen über das Bezirksamt Offenburg und dessen Vorgängerbehörden) und Bestand 368 Bezirksamt Offenburg (Vorprovenienzen) dar. Einen Sonderbestand bilden die Reichs- und Kreisakten der Stadt (Bestand 216a). Die Unterlagen des Kinzigkreisdirektoriums und des Bezirksamts Offenburg selbst befinden sich im Staatsarchiv Freiburg bzw. im Kreisarchiv des Ortenaukreises, während die nicht hoheitliche Überlieferung der Reichsstadt Offenburg sowie die städtischen Unterlagen neuerer Zeit im Offenburger Stadtarchiv verwahrt werden.

3. Bearbeiterbericht: Das vorliegende Findbuch entstand im Rahmen eines Projektes zur Umwandlung von Zettel- in Bandrepertorien. Die aus dem Jahr 1919 stammende handschriftliche Zettelkartei von Karl Obser wurde von Frau Edeltraud Reibenspies in das Datenbankprogramm Midosa 95 eingegeben, von ihr und dem Unterzeichneten überarbeitet und teilweise mit Enthält-Vermerken ergänzt, Karten, Pläne und Skizzen ausgeworfen. Außerdem erfolgte eine Bestimmung des Umfangs der einzelnen Akten und, wenn möglich, die Feststellung der Provenienzen. Die Recherchemöglichkeiten wurden mit Hilfe einer Konkordanz, einer Übersicht der Provenienzen sowie eines Orts-, Personen- und Sachregisters verbessert. Karlsruhe, im Mai 2002 Johannes Renz

3. Literatur: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, Band VI, Stuttgart 1982 Otto Kähni, Offenburg. Aus der Geschichte einer Reichsstadt, Offenburg 1951 Otto Kähni, Offenburg und die Ortenau, Offenburg 1975 Offenburg. Porträt einer Stadt, Offenburg 1975 Rainer Schimpf, Offenburg 1802-1847. Zwischen Reichsstadt und Revolution, Karlsruhe 1997

Abkürzungsverzeichnis:
Bestellsign. Bestellsignatur
Bf. Bischof
Bl. Blatt
Bst. Bistum
Dep. Département
Dst. Domstift
EM Landkreis Emmendingen
Fasz. Faszikel
Frh. Freiherr
frz. französisch
Fsm. Fürstentum
Fst. Fürst
Gf. Graf
Gft. Grafschaft
Hst. Hochstift
Hz. Herzog
Hzm. Herzogtum
KA Landkreis Karlsruhe
Kg. König
Kgr. Königreich
Kl. Kloster
Ks. Kaiser
LÖ Landkreis Lörrach
Mgf. Markgraf
Mgft. Markgrafschaft
OG Ortenaukreis
o.ö. oberösterreichisch
RA Landkreis Rastatt
StAF Staatsarchiv Freiburg
v. von
v.ö. vorderösterreichisch
VS Schwarzwald-Baar-Kreis

Reference number of holding
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 216
Extent
478 Akten (Nr. 1-550)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Ältere Bestände (vornehmlich aus der Zeit des Alten Reichs) >> Akten >> Städte >> Offenburg, Stadt
Related materials
Rainer Brüning/Gabriele Wüst (Bearb.), Die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe, Teil 6, Bestände des Alten Reiches, insbesondere Generalakten (71-228), Stuttgart 2006, S.379

Date of creation of holding
1306-1864

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03.04.2025, 11:03 AM CEST

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1306-1864

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