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Urgicht der Ursula, Witib des Noe Zeyb

Regest: Auf den Vorhalt wegen des Zustands des Weibs des Marxen Bastlin sagt sie, sie wolle das heil. Nachtmahl darauf empfangen und darauf leben und sterben, dass sie des Marxen Bastlins Weib nichts getan noch sonst jemand verletzt habe.
Auf die anderen Punkte verantwortet sie sich, wie vordem bei den Herren Ratsgeheimen, so wahr Sonne, Mond und Sterne am Himmel stehen, so wahr geschehe ihr Unrecht.
Auf den Vorhalt, dass sie gesagt hab, wenn sie naus müsse, so müssen andere mehr mit ihr, sagt sie, sie hab gesagt, wenn sie eine Unholdin wäre, könne sie wohl denken, es seien andere mehr und sie nicht allein. Sie könne nichts sagen. Man lüg auf sie, es sei alles nicht wahr.
Auf den Vorhalt wegen des verstorbenen Kinds der Hausfrau des Barthlin Schmidt sagt sie, es gescheh ihr Gewalt und Unrecht. Die Gipflerin und Moslerin seien stetigs (= beständig) im Haus gewesen und bei dem Kind gesessen. Es können's wohl andere getan haben. Sie wisse weder vom Vorhalt des Conrad Missel noch anderem. Sie wisse auch nichts von dem Bezig (= der Beschuldigung) des Scherers Knorrlin.
Von dem Angeben der Ursula Bihler wisse sie auch kein Wort.
Das Mädlin der Fürkäuflerin sei eine katholische Hur, hab gelogen, sie sei damals auf die Knie niedergefallen und hab gebetet. Sei nachts um 7 Uhr gewesen.
Auf Befragen, was das in dem Büchslein, das man in ihrem Trog (= Truhe) gefunden, für ein Pulver sei, sagt sie, es sei gestossener Schwefel, den sie vordem, als sie räudig war, zu einer Salbe gebraucht hab.
Auf den Vorhalt, warum des Mosers Essig, als seine Hausfrau starb, ganz schwarz wurde, will sie ebenfalls nichts gestehen, leugnet auch alle anderen Punkte.
Auf den Vorhalt, warum sie dem Moser auf Absterben (= nach dem Tod) seiner Hausfrau Leinwand stahl, sagt sie, das Mädlin hab's ihr gegeben, sei ein Hemd und ein Leinlach (= Leintuch) gewesen. Man solle sie für keine Moslerin und Gipflerin halten. Sie hoff und vertrau, Gott werde ein Wunderzeichen tun und selbst mit trauern. Unser Herrgott wolle sie behüten! Es gescheh ihr Gewalt und Unrecht... Sie wolle lieber um Unschuld sterben und am jüngsten Tag über die Leut, die sie dahin bringen, Rache schreien.
Obwohl man sie nicht darnach gefragt hatte, hat sie doch immerzu gesagt, sie wisse von keiner Unholden (= Hexe) etwas, könne auch keine angeben. Sie hab ihr Herz dermassen ausgeschüttet, dass sie nicht weinen könne Wenn man ihr schon eine Ader nach der andern aus dem Leib risse, könne sie doch nicht sagen, dass sie eine Unholdin sei ...
Obwohl man ihr den Nachrichter mit seinen tormentis (= Folterwerkzeugen) unter Augen stellte, hat sie doch kein Wasser aus ihren Augen verröhrt (= vergossen), sondern immer nur gesagt, sie sehe wohl, dass man ihr Unrecht tue ...
Bei peinlicher Befragung schreit sie immer, Gott soll ihr gnädig sein ... sie hab ihr Lebtag nichts Böses getan ...
Auf Befragen, warum der schwarze Bock vor ihr, als man sie auf den Turm führte, die Stiege hinaufgeloffen sei, sagte sie, sie wisse nichts vom Bock, hab auch keinen gesehen.
Als man ihr den kleinen Stein angehängt und sie wieder aufgezogen hatte, schrie sie immer: "O Gott, sei mir gnädig und barmherzig!" zitterte dabei sehr, liess aber keinen Tropfen Wassers aus ihren Augen gehen ...
Auf den letzten Vorhalt, ob sie gar nichts bekennen wolle, sagt sie, sie wisse nichts ... Als man sie herabgelassen hatte, hat sie das Vaterunser und den 23. Psalm gebetet ...
Als die Ursula am 6. August durch die Herren Commissarii nochmals und zwar allein in Güte verhört wurde, ist sie auf ihren vorigen Leugnen beständig verblieben und hat um Gottes Willen gebeten, man solle ihr ihre beiden Hände abhauen. Sie könne sie doch nicht mehr brauchen, so übel seien sie zugerichtes.
Auf den Vorhalt, was sie ihrer Schwester zu Gomaringen für Fahrnis genommen habe, sagt sie, sie hab derselben nichts entwendet. Sie hab ihr ein Ziechlein (= Überzug) zu waschen gegeben, welches aber in der Wäsch verloren ging, einen alten verlöcherten Rock und ein Wäglein hab sie ihr selbst gegeben und heissen mit hereinnehmen, was noch in ihrem Haus zugegen sei.
Im übrigen könne sie nichts sagen; wenn man sie schon 100mal frage, so könne sie doch nichts bekennen, wenn sie nichts wisse.
Auf den Vorhalt, wenn sie so ganz unschuldig sei, warum sie dann ihr Bett, Kleider und anderes vermacht hab, sagt sie, sie hab niemand etwas vermacht oder gegeben, sondern was sie gehabt, sei alles noch da. Endlich aber auf starkes Erinnern und nachdem sie gesehen, dass sie dies Orts (= in diesem Punkt) überzeugt (= überführt) war, bekennt sie, dass sie des Bechtlins Mädlin, als dieses zum Nachtmahl ging, ihren Pelz und einen Rock gegeben habe.
Auf Befragen, wo sie ihr Geld hingetan, antwortete sie, sie hab dem Zunftmeister Kegel 8 fl zum Aufbewahren gegeben, unterdessen aber davon ihren Unterhalt gehabt, so dass es nicht viel über 5 fl noch sein möchten.
Als Man sie fragte, was sie ihrer Base, dem Weib des Marxen Bastlin, getan, dass sie so arbeitselig (= elend) worden sei, leugnete sie alles. Sie habe überhaupt niemand je ein Leid getan. Man solle den Herrn Bürgermeister Beger, Herrn Carl Hausser, Kartenmaler, und andere, in deren Häusern sie Kranke gepflegt habe, fragen, wie sie sich gehalten habe ... Sie wisse, dass sie ein gut Gewissen habe.
(Die Aussagen der Ursula sind voll von immer wiederholten Beteuerungen ihrer Unschuld).

Reference number
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7783
Further information
Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 23 Hexenprozesse
Holding
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Date of creation
1644 August 1

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

Time of origin

  • 1644 August 1

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