Bestand

Pastorin Änne Kaufmann (Bestand)

Bestandsbeschreibung: Pastorin Änne Kaufmann Anna Auguste Kaufmann (1903-1991) stammte aus Bremen und war zunächst als Lehrerin tätig. Nach dem Theologiestudium und der Ablegung der beiden Prüfungen wurde sie am 08.12.1935 in Essen als erste rheinische Theologin ordiniert. 1941 erfolgte die hauptamtliche Anstellung als Vikarin hauptsächlich im Bereich der weiblichen Jugendarbeit, 1966 erfolgte die Berufung zur Pastorin für die weibliche Berufstätigenarbeit. 1970 ging sie in den Ruhestand. Inhalt: Gesetze und Richtlinien für Theologinnen in allen Landeskirchen 1923-1974; Korrespondenz der rheinischen BK-Theologinnen 1930-1942; Amtstracht der Theologinnen 1946-1962; Theologinnenkorrespondenz 1946-1969; Arbeit der Vertrauensvikarin 1950-1967; Ausbildungs- und Rechtsfragen; Kontakte mit Theologinnen der DDR 1954-1972. Literatur: "Darum wagt es, Schwestern ...". Zur Geschichte evangelischer Theologinnen in Deutschland (Historisch-theologische Studien zum 19. und 20. Jh. Bd. 7), Neukirchen-Vluyn 1994; Dagmar Herbrecht/ Ilse Härter/ Hannelore Erhart (Hrsg.): Der Streit um die Frauenordination in der Bekennenden Kirche. Quellentexte zu ihrer Geschichte im Zweiten Weltkrieg, Neukirchen-Vluyn 1997. Ergänzende Archivbestände: Pers. 51 K 350. Akzessionsdatum: vor 1990; 1992 Einleitung des Findbuchs Biografische Skizze Anna Auguste (Änne) Kaufmann wurde am 04.09.1903 als Tochter des Bremer Obertelegraphensekretärs Friedrich Kaufmann und dessen Frau Fanny geb. Stündel in Bremen geboren. Bereits in der Unterprima, also ein Jahr vor der Matura, hatte sie den Entschluss gefasst, Theologie zu studieren. Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse ließen dies jedoch zunächst nicht zu. So nahm sie nach dem Abitur am heimischen Kippenberg-Lyceum (23.02.1923) 1924 / 1925 zunächst eine Tätigkeit als Lehrerin in Mecklenburg sowie 1925-1926 und 1928 in Bremen auf, holte 1927 am Alten Gymnasium in Bremen Latinum und Graecum nach und erwarb 1928 in Marburg das Haebraicum. Ihre akademische Ausbildung nahm sie, seit 1929 Mitglied im Verband Evangelischer Theologinnen, 1929 in Göttingen auf und setzte diese 1930 in Bonn fort. Nach ihrer ersten theologischen Prüfung vor dem rheinischen Konsistorium in Koblenz am 05.10.1932 trat Änne Kaufmann am 02.11.1932 eine Stelle als Lehrvikarin beim Kreisverband für die weibliche Jugend im Kirchenkreis Essen-Mitte und in der Gemeindearbeit bei Pfarrer Johannes Böttcher in der Kirchengemeinde Essen-Altstadt an. Der Kreisverband der weiblichen Jugend, ein beitragsfinanzierter Verein, war infolge der Wirtschaftskrise durch ausbleibende Zahlungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten und konnte das Jahresgehalt für die Jugendsekretärin nicht mehr aufbringen. So hatte sich dessen Vorsitzender, Pfr. Böttcher, an das Konsistorium gewandt und um Zuweisung einer Lehrvikarin, die im Gegensatz zu einer Angestellten nicht nur kostenfrei arbeitete sondern sogar noch für ihre Ausbildung zahlen musste, gebeten. Die Doppelstelle begründete sich in dem Umstand, dass Lehrvikarinnen einen jeweils einjährigen Dienst in der Inneren Mission und in einer Gemeinde versahen, sie jedoch volle 2 Jahre in Essen verbleiben und beide Stationen parallel durchlaufen sollte. Kaufmann oblag somit in Essen die weibliche Jugendarbeit des Kirchenkreises, die Leitung des Kindergottesdienstes in der Kirchengemeinde sowie der Konfirmanden- und Katechumenunterricht und die Betreuung der Rotlichtmeile in der Stahlstraße. In der Zeit des Kirchenkampfes nach der Machtübernahme der NSDAP betätigte sie sich in der Bekennenden Kirche, ihr Zimmer wird Gründungsort und Treff der Essener Gruppe des Pfarrernotbundes. Nachdem 1933 Reichsbischof Ludwig Müller und der Reichsjugendführer Baldur von Schirach in einem Vertrag die Eingliederung der evangelischen Jugendverbände in die Hitlerjugend vereinbart hatten, wurde 1934 die verbandsmäßig organisierte Jugend in Essen aufgelöst. Die im Weigle-Haus überregional zusammengefasste männliche Jugend fand dabei in der „Evangelische Stadtmission“ (STAMI) eine neue Organisationsform. Änne Kaufmann sollte nun nach diesem Vorbild die bislang bezirksmäßig organisierte unter 18jährige weibliche Jugend in eine ähnliche Struktur unter dem Namen „Stadtmission - Weiblicher Jugenddienst“ gliedern. Kern der Betätigung dieser Gruppe bildeten wöchentliche Abende mit Bibelarbeiten. Im März 1934 suspendierte das Konsistorium Friedrich Wilhelm Gräber, den Pfarrer der Pauluskirche und die Pfarrstelle wurde mit einem DC-Pfarrer besetzt während mit Kaufmann der Kindergottesdienst weiter in der Hand der BK blieb. Am 16.03.1935 legte sie ihre zweite theologische Prüfung bei der Bekennenden Kirche in Barmen ab und wurde tags darauf auf der Grundlage des Vikarinnengesetzes der altpreußischen Union direkt von der Kirchengemeinde Essen-Altstadt angestellt. Am 08.12.1935 folgte in Essen durch den Vertrauensmann der BK in der Synode Essen, Pfr. Böttcher, ihre, nach geltendem Kirchenrecht illegale, Ordination; nach eigener Aussage die erste einer Frau in Deutschland. Da das Presbyterium eine Kostenübernahme für ihre Stelle durch die Landeskirche erreichen wollte, stellte dieses 1942 beim Konsistorium den Antrag, Änne Kaufmann in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Vorraussetzung hierfür war jedoch die Anerkennung ihrer zweiten Prüfung und ihrer Ordination der BK durch das Konsistorium. Diese Legalisierung erfolgte am 31.07.1942 rückwirkend für den 08.12.1935, nachdem bereits ihre Prüfung 1936 durch das Konsistorium und nochmals 1942 durch das Theologische Ausbildungs- und Prüfungsamt des Evangelischen Oberkirchenrates in Berlin anerkannt worden war. Der Antrag auf ihre Verbeamtung wurde dann am 20.07.1942 behandelt und offenbar positiv beschieden. Sie selbst bezeichnet sich in einem späteren Zeitungsinterview als erste Pastorin mit einer Anstellung im Beamtenverhältnis und als erste Frau, die eine Taufe und die Austeilung des Abendmahls durchführen durfte. Durch Personalmangel fanden während des Krieges Vikarinnen auch Verwendung im Pfarramt, jedoch endete Duldung dessen mit den sich wieder stabilisierenden Verhältnissen in der frühen Bundesrepublik. Kaufmann setzte sich nun mit anderen Vikarinnen, die von dieser Entwicklung gleichsam betroffen waren, innerhalb der Landeskirche und darüber hinaus für die gleichwertige und volle Anerkennung der Frau im Pfarrerberuf ein. Von ihrer Pfarrstelle in der Kirchengemeinde Essen-Altstadt, die ab 1957 infolge einer Gemeindeteilung zu Essen-Altstadt-Süd gehörte, wechselte sie am 20.01.1966 in das Amt der Pastorin für die weibliche Berufstätigenarbeit im Kirchenkreis Essen-Mitte. Die Notwendigkeit zu dieser Arbeit entstand, als ihre Zöglinge aus der STAMI erwachsen geworden waren und eine neue geistliche Heimat suchten. Zudem betätigte sie in der Krankenhausseelsorge an Frauen und Mädchen und leitete weiterhin Kindergottesdienste. Neben diesem war sie ab 1953 als Vorsitzende des Rheinischen Theologinnenkonvents Angehörige im Prüfungsausschuss für Vikarinnen im Rheinland, übernahm zumindest 1954 die theologische Lehre in der Schwesternausbildung im Essener Huyssens-Stift, hatte wesentlichen Anteil an der Entstehung des Evangelischen Mädchenheims in Essen und war bis 1964 Vertrauenspastorin des Konventes Rheinischer Theologinnen. Als im Haus Quellengrund, in dem seit 1946 die weibliche Jugend als Evangelisches Mädchenwerk im Rheinland organisiert war, 1960 die Vereinigung evangelischer berufstätiger Frauen gegründet wurde, übernahm Änne Kaufmann das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden. Zu Theologinnen in der DDR pflegte sie regelmäßigen Kontakt und fand durch persönliche Freundschaft ab Ende der 50er Jahre zur Israel-Arbeit für die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Christen und Juden. Hierzu gründete sie 1970 einen Förderkreis für das 1976 bezogene Eben-Ezer-Altenheim in Haifa, das sich um Opfer schwerer Verfolgung in Europa kümmerte. Über ihre Emeritierung 1968 hinaus war sie mittels eines Beschäftigungsauftrages in ihrem Amt als Pastorin im Kirchenkreis Essen-Mitte noch bis zum 30.06.1970 tätig. Sie blieb zeitlebens unverheiratet und verstarb am 18.5.1991 in Essen. Bestandsgeschichte und -struktur: Der Bestand gelangte vor 1990 und 1992 in zwei verschieden umfangreichen Abgaben an das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die frühere, kleinere Abgabe wurde bereits vorgeordnet, vorläufig erschlossen und in archivtauglichen Schnellheftern abgelegt. Dabei wurden Titel und Inhalt lediglich auf den Aktendeckeln erfasst, aber kein Findhilfsmittel erstellt. Der Großteil des Bestandes hingegen, die Abgabe von 1992, verblieb bis zur endgültigen Bearbeitung 2009 in unsortiertem Zustand. Ein Teil dieses Schriftgutes war in älteren Aktenordnern, ein anderer Teil in Form loser Blätter in Mappen eingelegt oder lose überliefert. Darunter befand sich ein größeres, nach Sachthemen und Provenienzen grob geordnetes Konvolut an Briefen, die noch in ihren originalen Umschlägen verpackt waren, im Bestand. Die umfangreiche Sammlung von Periodika und Grauer Literatur wurde im Zuge der Verzeichnung aus der Überlieferung entfernt. Diese konnte nach Bewertung und Dublettenabgleich in die Dienstbibliothek übernommen, zum Großteil jedoch kassiert werden. Die Archivalien wurden vollständig umgebettet, überwiegend in Einschlagmappen, da insbesondere bei zum Teil sehr kleinformatigen Stücken eine Benutzung in Schnellheftern im Sinne der Bestandserhaltung kaum möglich gewesen wäre. Auch musste ein Teil in kleinere, für die Benutzung zweckmäßigere Einheiten gefasst werden. Eine systematische Gliederung des Bestandes war nicht oder nicht mehr zu erkennen. Die in einigen Fällen vorhanden innere Ordnung von Akten wurde überwiegend erhalten. Inhalt und Bedeutung: Der Bestand umfasst überwiegend Unterlagen, die im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit stehen. Dabei handelt es sich zumeist um Schriftgut von kirchlichen Behörden und Amtsstellen, den Essener Kirchengemeinden und Kirchenkreisen sowie den Vereinen und Verbänden, in denen sie aktiv mitgearbeitet hat oder mit denen sie informell verbunden war, aber auch Unterlagen, die, wie die Sammlung von Theaterstücken, ihre Arbeit dokumentieren. Es finden sich hingegen nur wenige persönliche Stücke wie private Korrespondenzen oder Aufzeichnungen. Dies mag darin begründet liegen, dass sie alleinstehend war und offensichtlich zwischen Privatleben und Beruf kaum zu trennen vermochte - zu vielen ihrer beruflichen Weggefährtinnen hatte sie ein sehr enges, auch privates Verhältnis. Aber selbst Briefe ihrer Eltern - die Mutter verstarb 1933, der Vater unterstützte sie immerhin bis 1935 noch finanziell - sind keine erhalten. So kann festgestellt werden, dass der Nachlass vorrangig ihr berufliches Wirken und ihre Vernetzung mit weiblichen Theologinnen in ganz Deutschland abbildet. Aber auch zur Geschichte und Entwicklung ihrer Kirchengemeinde und des Kirchenkreises in Essen sowie der Werke und Vereine der Jugend- und Erwachsenenarbeit, zur Phase des Kirchenkampfes im Rheinland und zum Eingang der Frauen in das Pfarramt bietet der Nachlass eine Vielzahl an Einzeldokumenten und Materialsammlungen. Verweise auf andere Bestände: Personalakte: 1OB 009 (Personalakten der Pfarrer), K 350. [mit Foto im Lebenslauf 1932] Benutzungsbeschränkungen: Der Bestand unterliegt in Teilen den Sperrfristen für personenbezogenes Archivgut gem. § 4 AGArchG.

Bestandssignatur
7NL 084

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Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland (Archivtektonik) >> 7NL Nachlässe >> 7NL 084 Pastorin Änne Kaufmann

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Letzte Aktualisierung
06.03.2025, 18:28 MEZ

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