Bestand

Altshausen, Landkommende, Münchner Ablieferung III (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Der Bestand wurde 2006 vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv München an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart abgegeben.
Inhalt und Bewertung
Die enthaltenen Unterlagen betreffen die heute im Landkreis Günzburg gelegenen Orte Rohr und Waldstetten sowie den Ort Ellhofen im Allgäu, Lindau und Achberg. Es handelt sich dabei um die Aktenüberlieferung zu den in B 343 M I sowie B 343 M II enthaltenen Urkunden. Die Gliederung orientiert sich an den zu den jeweiligen Orten entstandenen Unterlagen.

Zur Geschichte von Rohr, Waldstetten und Ellhofen: Der Bestand B 343 M III enthält zum einen die bei der Deutschordens-Landkommende Altshausen geführten Akten zu den heute im Landkreis Günzburg gelegenen ehemaligen Herrschaften Rohr und Waldstetten sowie der Ortschaft Raunertshofen. Den zweiten Teil des Bestands bildet die Überlieferung der Herrschaft Ellhofen bei Lindenberg im Allgäu. Die Deutschordensballei Elsass-Schwaben-Burgund erwarb diese Besitzungen schrittweise, zuerst 1562 Ellhofen, dann im Jahr 1574 von der Reichsabtei Wettenhausen die Herrschaft Rohr mit dem zugehörigen Ort Bleichen. 1673 ging schließlich die reichsunmittelbare, ursprünglich reichsritterliche und mit der Hochgerichtsbarkeit ausgestattete Herrschaft Waldstetten durch Kauf vom Reichskloster Elchingen an die Deutschordenskommende Altshausen über. Es bleibt unklar, ob und wann genau die Zusammenfassung der bei Günzburg gelegenen Güter zu einer Kommende erfolgte. In einer Bescheibung von 1734 (vgl. Bü. 164) wird zwar die Gründung einer Kommende unter Landkomtur Franz Benedikt von Baden erwähnt, der von 1668-1707 in Altshausen amtierte. Ebenso werden Rohr und Waldstetten in den Akten sowie den älteren Findmitteln mehrfach als "Kommende" oder sogar als "Kommenden" bezeichnet. Jedoch lässt sich das Wirken eines Komturs auch in der Überlieferung des 18. Jahrhunderts an keinem der beiden Orte belegen. Stattdessen ist die vor dem Erwerb durch den Deutschen Orden etablierte Verwaltungsgliederung weitgehend beibehalten worden. Dementsprechend wurden in Altshausen Obervögte ernannt, die ihren Sitz in Waldstetten nahmen und von dort regelmäßig an den Landkomtur zu berichten hatten. Die schwer rekonstruierbare Einbindung von Waldstetten und Rohr in die Verwaltungsgliederung des Deutschen Ordens erklärt sich zumindest teilweise aus den uneinheitlichen Rechtsverhältnissen der beiden Herrschaften. Anders als in Waldstetten gelang es dem Deutschen Orden in Rohr nicht, den Einfluss benachbarter Landesherrschaften erfolgreich zurückzudrängen. So blieb etwa das Hochgericht in Händen der Markgrafschaft Burgau, wodurch das Haus Habsburg wesentliche Herrschaftsrechte behaupten konnte. Neben der Markgrafschaft hatte sich der Deutsche Orden zudem mit Ansprüchen des Hochstifts Augsburg, der Reichsklöster Elchingen und Wettenhausen sowie der Weißenhorner und Ichenhausener Linie der Grafen Fugger auseinanderzusetzen. In einem völlig anderen Verwaltungszusammenhang standen der Ort Ellhofen sowie die wenigen in der Ablieferung enthaltenen Unterlagen zu den Besitzungen des Deutschen Ordens in Achberg und Lindau. Bereits die geographische Distanz impliziert, dass keine direkte Beziehung der dortigen Besitzungen zur Kommende Rohr und Waldstetten existierte. Ähnlich wie in Rohr blieben auch in Ellhofen nach dem Erwerb durch den Deutschen Orden bedeutende Rechtsansprüche auswärtiger Herrschaften bestehen. Diese gingen in erster Linie von Vorderösterreich aus, etwa der Herrschaft Bregenz. Inhaltlich drehten sich die in diesem Zusammenhang Auseinandersetzungen um ein breites Spektrum, etwa die Jurisdiktionsgewalt oder strittige Ansprüche auf Privilegien und Einkünfte. Im Zuge der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation wurde die Deutschordensballei in den Jahren 1805/1806 zerschlagen und ihr Besitz an mehrere Nachfolgestaaten des Alten Reiches aufgeteilt. Die Herrschaften Rohr und Waldstetten fielen dabei ebenso an das neu geschaffene Königreich Bayern wie die Rechte des Ordens in Ellhofen.

Inhalt und Geschichte des Bestands B 343 M III: Zusammenhängend mit dem Erwerb der Besitzungen durch den Deutschen Orden fällt der zeitliche Schwerpunkt der Unterlagen in die zweite Hälfte des 17. sowie ins 18. Jahrhundert. Allerdings finden sich auch ältere Akten des 16. Jahrhunderts, welche offenbar von den Vorbesitzern übernommen wurden und ebenfalls in das Altshausener Archiv gelangt sind. Mit Blick auf Rohr und Waldstetten ist festzustellen, dass neben den inneren Angelegenheiten vor allem die Beziehungen der Kommende zu ihren Nachbarn umfangreichen Niederschlag in den Akten gefunden haben, aus denen unter anderem die einzelnen Nachbarschaftskonflikte hervorgehen. Größeren Umfang nehmen zudem die Unterlagen zu den Herrschafts- und Besitzverhältnissen sowie zum Finanz- und Kirchenwesen ein. Hervorzuheben ist schließlich die beinahe durchgehende, von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zum Ende der Kommende reichende Serie von Berichten, welche von den Obervögten zu Waldstetten an den Altshausener Landkomtur gesandt wurden. Weniger vielschichtig sind die Akten zu Raunertshofen, welche in erster Linie lehensrechtliche Aspekte zum Gegenstand haben. Die zu Ellhofen überlieferten Akten beleuchten in besonderem Maße die komplexen und oftmals konfliktträchtigen Beziehungen zu den vorderösterreichen Nachbarn. Daneben enthält der Bestand umfangreiche Unterlagen zu den ökonomischen Verhältnissen in und um Ellhofen, etwa die Regelung von Weiderechten und Viehtrieb. In geringerem Umfang finden sich auch Unterlagen zu Rechtsprechung und Kirchenwesen. Mit dem Ende der Ballei wurde in den Jahren nach 1806 auch das in Altshausen aufbewahrte Archiv zerschlagen. Die zu den einzelnen Herrschaften entstandenen Unterlagen wurden nach geographischer Pertinenz aufgeteilt und nach und nach ihren neuen Eigentümern übergeben. Dementsprechend wurden die Rohr und Waldstetten betreffenden Teile des Altshausener Archivs im Jahr 1827 vom Königlich Württembergischen Cameralamt zu Altshausen an das Allgemeine Reichsarchiv nach München abgegeben. Im Zuge des mit der Absicht einer konsequenten Umsetzung des Provenienzprinzips durchgeführten baden-württembergisch-bayerischen Beständeausgleichs wurde versucht, die am Ende des Alten Reiches herrschenden Archivstrukturen wiederherzustellen. Die an Bayern abgegebenen Teile des Archivs der Deutschordensballei gelangten so zurück an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart und wurden dort provenienzgerecht den Beständen der Deutschordensballei Elsass-Schwaben-Burgund angegliedert. Der im Jahr 2006 ins Hauptstaatsarchiv gelangte Bestand erhielt dort die Signatur B 343 M III. Die heute mit den Nummern 386 bis 390 versehenen Büschel gelangten über das Staatsarchiv Augsburg ebenfalls zurück nach Stuttgart, nachdem sie im 19. Jahrhundert von München zunächst an das Staatsarchiv Neuburg an der Donau abgegeben worden waren.

Zur Verzeichnung des Bestands: Die Erstverzeichnung des Bestands wurde im Januar 1826 durch den Königlich Württembergischen Hofkameralamtmann Vogel in Altshausen vorgenommen. Bereits ein Jahr später, im November und Dezember 1827, erfolgte die Abgabe der Akten an das Königlich Bayerische Allgemeine Reichsarchiv in München. Anlässlich einer im Jahr 1879 durchgeführten Revision wurde das Fehlen einiger weniger von Vogel verzeichneten Akten festgestellt, zu einer Neubearbeitung oder Reformierung der aus Altshausen abgegebenen Bestände kam es aber nicht. Nach der Abgabe der Unterlagen an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart wurden die mitgelieferten umfangreichen Urkundenregesten (vgl. B 343 M I sowie B 343 M II) beibehalten, während die Akten von Juni bis September 2009 neu verzeichnet wurden. Die vorhandenen Archivalieneinheiten wurden weitgehend übernommen, der Gesamtbestand jedoch neu klassifiziert. Im Zuge dessen wurden auch die zuvor getrennt klassifizierten Unterlagen zu Rohr und Waldstetten im Zuge der Neuverzeichnung zusammengeführt und um solche Archiveinheiten erweitert, die im bisherigen Findmittel an späterer Stelle ergänzt worden waren. Die in der Zeit bis zur Erwerbung durch den Deutschen Orden entstandenen Vorakten wurden bei den zugehörigen Orten belassen, dasselbe gilt für die geringe Zahl der im Bestand befindlichen Amtsbücher und Urbare. Der Bestand umfasst nunmehr 391 Büschel (entsprechend 5,7 lfd. Metern).

Korrespondierende Bestände und Literatur: B 343 Altshausen, Ballei Elsaß-Burgund, Kommende (1220-1804) B 343 M I Altshausen, Landkommende, Münchner Ablieferung I (1390-1805) B 343 M II Altshausen, Landkommende, Münchner Ablieferung II (1382-1807) B 344 Altshausen, Ballei Elsass-Burgund, Kommende (1312-1805) B 345 Altshausen, Ballei Elsaß-Burgund, Kommende, Rechnungen und Einzugsregister (1414-1816) Die Deutschordens-Landkommende Altshausen, Bad Mergentheim [1990]. (Schriftenreihe der Historischen Deutschorden-Compagnie Bad Mergentheim, 8). Ebner, Walter: Altshausen - Sitz des Landkomturs und Hauptort der Deutschenordensballei Elsaß-Burgund. Ausgewählte Kapitel aus der Geschichte einer Deutschordens-Kommende, in: Der Deutsche Orden und die Ballei Elsass-Burgund, Bühl/Baden 1996, S. 223-244. Fritz, Eberhard: Die Gemeinden der Deutschordenskommende Altshausen vor dem Dreißigjährigen Krieg, in: Altshauser Hefte, Bd. 1 (2004), S. 20-34. Fritz, Eberhard: Königreich statt Ordensherrschaft. Säkularisation, Mediatisierung und Besitznahme der Deutschordenskommende Altshausen, in: Alte Klöster - neue Herren, hrsg. von Volker Himmelein , Teil 1 (Vorgeschichte und Verlauf der Säkularisation), Ostfildern 2003, S. 529-542. König, Gregor: 750 Jahre Markt Waldstetten (Festschrift), Waldstetten 1976. Laub, Walther: Die Deutschordenskommende Altshausen, in: Beiträge zur Kulturgeschichte von Altshausen und Umgebung, Bd. 10 (1987), S. 1-3. Röttgers, Sebastian: Zur Wirtschaft der Herrschaft Achberg und zu ihrer Bedeutung für die Deutschordenskommende Altshausen, in: Schloß Achberg, Ravensburg 1999, S. 269-316. Rueß, Bernhard: Geschichte von Altshausen. Der Marktflecken Altshausen, sein einstiges Grafengeschlecht und seine einstige Deutschordenskommende, Schussenried 1932. Wüst, Wolfgang: Günzburg, München 1983. (Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben, Heft 13). Stuttgart, im November 2009 Michael Habersack, Mathias Kunz, Andreas Neuburger, Eva Rödel, Bernhard Theil

Abkürzungsverzeichnis: A Augsburg AA Aalen Abschr. Abschrift(en) BC Biberach Bf. Bischof, Bischöfe Bl. Blatt, Blätter Dép Département d.J. der Junge, der Jüngere DO / D.O. Deutscher Orden DON Donauwörth fl. florin, Gulden Fh. Freiherr(en) geb. geborene gedr. gedruckt KN Konstanz LI Lindau OA Oberallgäu RV Ravensburg FR Freiburg GZ Günzburg HDH Heidenheim MM Memmingen MN Mindelheim NU Neu-Ulm OAL Ostallgäu Schr. Schriftstück(e) s.d. sine dato, ohne Datum SIG Sigmaringen UL Ulm WT Waldshut-Tiengen

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 343 M III
Umfang
391 Büschel (5,7 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803/1806-1810 >> Deutscher Orden und Johanniterorden >> Deutscher Orden: Ballei Elsaß-Burgund

Bestandslaufzeit
1474-1806

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Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1474-1806

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