Malerei

Blick auf Dächer und Gärten

Mit diesem kleinformatigen Bild aus seiner letzten Schaffensperiode hielt Carl Blechen die Aussicht aus seiner Berliner Wohnung in der Kochstraße Nr. 9, gelegen zwischen Wilhelm- und Friedrichstraße, fest. In das von einfachen Handwerkern bewohnte Stadtgebiet war der Künstler 1832 gezogen. Der wie zufällig wirkende Bildausschnitt gewährt eine unspektakuläre Sicht auf die ärmlichen Gebäude der Nachbarschaft. Vorbei an der regenfeuchten Dachschräge wird das Auge ins Unbedeutende, in die sich unübersichtlich bis zum Horizont erstreckenden, von Holzzäunen umgrenzten Gärten geführt. Spannungsreich rhythmisieren Dächer und Mauern die Komposition: Während rechts das Hausdach spitzwinklig bis über die Bildmitte vorragt, ist links der Blick frei auf den Hinterhof und die angrenzende Stadtrandlandschaft. Soeben noch hat es geregnet, im Hof stehen Pfützen, die den Himmel spiegeln. Mildes Licht schimmert in silbrigen Reflexen auf dem feuchten Dach. Mit spontan geführtem, expressiv bewegtem Pinselstrich sind die malerischen Klänge von Grün, Ocker und Umbra unter weißgrauem Himmel gegeben. Blechens Neigung zum Skizzenhaften, sein künftige Entwicklungen vorbereitendes Bekenntnis zu ungewöhnlichen Details und unkonventionellen Motiven hat Adolph Menzel in den 1840er Jahren in seinen Hinterhofansichten weiterentwickelt. Mit der Übernahme von dessen Nachlaß 1905 und der gemeinsamen Ausstellung der Werke beider Künstler in der Nationalgalerie wurde diese Nähe Menzels zu Blechens Werk wohl erstmals deutlich wahrgenommen; einen »Menzel vor Menzel«, heißt es, habe man Blechens Gemälde genannt (G. J. Kern, Karl Blechen, Berlin 1911, S. 134). – »Der Blick auf Häuser und Gärten überrascht den heutigen Betrachter am meisten unter diesen späteren Bildern Blechens«, schrieb 1932 Ludwig Justi in seinem Führer durch die Nationalgalerie. »Das Zufällige der Wirklichkeit gilt diesem Maler als würdig genug – wie es viel später die impressionistische Lehre der Welt verkündete: ein Winkel der Natur, gesehen durch ein Temperament« (L. Justi, Von Runge bis Thoma, Berlin 1932, S. 122). | Birgit Verwiebe

Vorderseite | Fotograf*in: Jörg P. Anders

Public Domain Mark 1.0

0
/
0

Material/Technik
Öl auf Papier auf Pappe
Maße
Höhe x Breite: 20 x 26 cm
Rahmenmaß: 31,5 x 38,5 x 4,5 cm
Standort
Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
A I 319/5

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
1881 Ankauf aus der Sammlung des Kammergerichtsreferendars Dr. jur. Carl Frick
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
um 1835

Letzte Aktualisierung
08.08.2023, 11:02 MESZ

Objekttyp


  • Malerei

Beteiligte


Entstanden


  • um 1835

Ähnliche Objekte (12)