Forschungsbericht | Research report

Zur simulierten Rechtfertigung wirtschaftlicher und medizinischer Entscheidungen in Ethikkommissionen: eine empirische Analyse des Einflusses verschiedener Rollen

"Die Studie versucht die Frage zu beantworten, ob verschiedene soziale Rollen zu unterschiedlichen Entscheidungen und Rechtfertigungen bezüglich ethischer Probleme führen. Versuchspersonen (N = 682) wurden gebeten, entweder zu einem wirtschaftlichen (Soll die Produktion ins Ausland verlegt und dadurch Arbeitsplätze gestrichen werden?) oder zu einem medizinischen Problem (Sollen Gene manipuliert werden, um den Ausbruch von Erbkrankheiten zu verhindern?) eine Entscheidung zu treffen, wobei sie sich in eine beziehungsreiche soziale Rolle hineinversetzen sollten (z.B. Externer Berater, Forscher, Politiker). Danach sollte die getroffene Entscheidung anhand einer Wichtigkeitseinschätzung von vier klassischen, ethischen Positionen gerechtfertigt werden: Hedonismus, Intuitionismus, Utilitarismus und Deontologie. Es hat sich herausgestellt, dass die Wichtigkeitseinschätzungen der ethischen Grundpositionen mit dem Kontext (Medizin, Wirtschaft) kaum variieren. Vor allem wird der Utilitarismus, dann die Deontologie zur Rechtfertigung herangezogen. Rollenunterschiede sind vorwiegend in der Medizin beim Intuitionismus und in der Wirtschaft beim Hedonismus zu beobachten. Die generelle Abhängigkeit der Wichtigkeitseinschätzung von der Rolle ist bei geringeren Effekten trotzdem bedeutsam, d.h. es gibt eine signifikante Wechselwirkung zwischen Ethik und Rolle. Bei der individuellen Rechtfertigung der Entscheidungen nehmen im Bereich der Wirtschaft die drei ethischen Grundpositionen Intuitionismus, Utilitarismus und Deontologie einen signifikanten Einfluss auf die individuelle Variation der Entscheidung. In der Medizin sind es vor allem Hedonismus und Deontologie. Abhängig von der Rolle können interindividuelle Varianzen die Entscheidungen vorhersagen, allerdings nur bei weniger normierten Rollenbedingungen. Der Einbezug der Rolle ist hilfreich, wenn die Unterschiede in den Rechtfertigungen beachtet werden. Andersherum bedeutet dies, dass darüber nachgedacht werden muss, wie Diskussionen angeleitet werden können, will man den Einfluss sozialer Normierung gering halten und stattdessen ergebnisoffen und ethisch ausgewogen diskutieren."[Autorenreferat]

Zur simulierten Rechtfertigung wirtschaftlicher und medizinischer Entscheidungen in Ethikkommissionen: eine empirische Analyse des Einflusses verschiedener Rollen

Urheber*in: Heitkamp, Imke; Borchardt, Heike; Witte, Erich H.

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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Weitere Titel
Simulated justification of economic and medical decisions in Ethics Commissions: an empirical analysis of the influence of different roles
Umfang
Seite(n): 39
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion

Erschienen in
Hamburger Forschungsberichte zur Sozialpsychologie (HaFoS) (55)

Thema
Psychologie
Sozialpsychologie
Ethik
Kommission
Entscheidung
Legitimation
wirtschaftliche Faktoren
medizinische Faktoren
Rolle
Utilitarismus
Hedonismus
empirisch
empirisch-quantitativ

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Heitkamp, Imke
Borchardt, Heike
Witte, Erich H.
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Universität Hamburg, Fak. für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft, FB Psychologie, Arbeitsbereich Sozialpsychologie
(wo)
Deutschland, Hamburg
(wann)
2005

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-374066
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

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Objekttyp

  • Forschungsbericht

Beteiligte

  • Heitkamp, Imke
  • Borchardt, Heike
  • Witte, Erich H.
  • Universität Hamburg, Fak. für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft, FB Psychologie, Arbeitsbereich Sozialpsychologie

Entstanden

  • 2005

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