Bestand

Hochstift Würzburg (Bestand)

Inhalt und Bewertung

Die Beziehungen zwischen der Grafschaft Wertheim und dem Hochstift Würzburg, insbesondere der Streit um die vier Ämter Remlingen, Laudenbach, Schweinberg, Freudenberg

Einführung: Der Bestand enthält die Überlieferung der Beziehungen der Grafschaft Wertheim zum Hochstift Würzburg vom 15.-18. Jahrhundert, vor allem verschiedene Konflikte um Herrschaftsrechte und Herrschaftsansprüche unter den Grafen von Wertheim, Graf Ludwig von Stolberg und seinen Erben sowie Graf Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim und seinen Nachfolgern. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Konflikten um die würzburgischen Lehen der Grafschaft Wertheim, die seit dem Aussterben der Grafen von Wertheim im Mannesstamm 1556 das Verhältnis zwischen dem Hochstift Würzburg und der Grafschaft bestimmte und in der Fehde zwischen Würzburg und Wertheim Anfang des 17. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fand. Die würzburgischen Lehen bestanden im Wesentlichen aus den vier Ämtern Remlingen, Laudenbach, Schweinberg und Freudenberg; daneben weiteren Dörfern, einem Drittel der Zent Wertheim, den Zenten Michelrieth und Remlingen sowie dem Schirmrecht über die Klöster Bronnbach, Grünau und Holzkirchen. Zusammen machten sie einen beträchtlichen Teil der Grafschaft aus. Um die rechtliche Situation zu verstehen, die schließlich zur Fehde und zum Verlust der Lehen führte, muss kurz auf die Situation 1556 eingegangen werden: In diesem Jahr stirbt Graf Michael III. als letzter Graf von Wertheim ohne männlichen Erben. Nach seinem Tod gelingt es seinem Schwiegervater Graf Ludwig von Stolberg sein Erbe anzutreten. Er erhält durch den Kaiser die böhmischen Lehen und die Reichslehen der Grafschaft Wertheim. Bischof Melchior von Würzburg ist gegen die Zahlung von 25. 000 Gulden bereit, auch die würzburgischen Lehen der Grafschaft Wertheim an Stolberg zu vergeben. Allerdings legt ein Vertrag fest, dass diese Lehen nur an die männlichen Nachkommen seiner beiden ältesten Töchter weitergegeben werden dürfen. Das heißt: Ohne männliche Erben fielen sie wieder an Würzburg. Nun hatte Graf Ludwig von Stolberg aber drei Töchter. Die älteste, Katharina, war die Ehefrau Michaels III. von Wertheim gewesen. Die gemeinsame Tochter war früh verstorben. In zweiter Ehe heiratete sie Philipp von Eberstein, diese Ehe sollte aber kinderlos bleiben. Die zweite, Elisabeth, heiratete 1560 Graf Dietrich VI. von Manderscheid-Schleiden (Erbe der Grafschaft Virneburg), auch diese Ehe blieb kinderlos. Die jüngste, Anna, die im Vertrag mit Würzburg nicht berücksichtigt worden war, heiratete Graf Ludwig III. von Löwenstein. Aus dieser Ehe gingen 15 Kinder hervor. Bereits 1566 hatte Graf Ludwig von Stolberg voraussschauend eine Verfügung erlassen, nach der seine Töchter und deren Ehemänner ihn in gleicher Weise beerben sollten, obwohl der mit Würzburg geschlossene Vertrag eine solche Erbfolge ausschloss. Als Stolberg 1574 starb, ging es darum, diesen Willen umzusetzen und dennoch im Besitz der würzburgischen Lehen zu bleiben. Entsprechend installierten die Schwiegersöhne eine Gemeinschaftsregierung und regierten ab 1576 auch im jährlichen Wechsel, ab 1579 durch gemeinschaftliche Beamte. 1580 wurde die Grafschaft in drei gleiche Teile geteilt, nach drei Jahren sollten die Teile jeweils gewechselt werden. Philipp von Eberstein starb 1589, Dietrich von Manderscheid 1593. Seine Witwe Elisabeth heiratete 1594 Graf Wilhelm von Kriechingen und verstarb vier Jahre später. Kriechingen verweigerte nach ihrem Tod die bisherige Aufteilungspraxis. Graf Ludwig III. von Löwenstein regierte die Grafschaft Wertheim von nun an alleine und im Widerstreit mit Kriechingen. Für Graf Ludwig III. ging es in den nächsten Jahren darum , das Erbe für seine Kinder zu sichern; vor allem galt es, den Anspruch auf die Würzburger Lehen durchzusetzen. Allerdings stand Ludwig hier dem Bischof von Würzburg und dem Grafen von Kriechingen gegenüber, dem die Lehen zufallen sollten: Es begann die sogenannte Vier-Ämter-Fehde. Diese zog sich über Jahrzehnte hin. Bereits 1598 bemächtigten sich Würzburgische Truppen der Dörfer Laudenbach und Remlingen, die Untertanen wurden gezwungen Kriechingen zu huldigen. In den folgenden Jahren kam es zu gewalttätigen Einnahmen. Vor allem in Dertingen wurde schwer gewütet, weil der Bischof hier auch den Zehnten beanspruchte. Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim wendete sich an den Fränkischen Kreis um Hilfe, erbat Disizplinarmaßnahmen gegen Bischof Julius Echter und strebte eine Kreisexekution gegen ihn an. Er bemühte sich um die Einrichtung einer kaiserlichen Komission und klagte beim Reichskammergericht gegen die Gewalttaten und Übergriffe Würzburgs. Aber die Übermacht Würzburgs gegenüber einem mindermächtigen Stand, dessen Ansprüche auch noch auf rechtlich wackligen Beinen standen, war zu groß. Die Klage am Reichskammergericht wurde bereits 1602 abgewiesen, 1607 auch die Appellation Wertheims abgelehnt, die Kreisexekution fand nie statt. Zwanzig Jahre lang überzogen Landfriedensbrüche die Grafschaft, die mit Plünderungen und Gewalttaten nicht nur gegen Wertheimische Amtsleute, sondern auch mit Angriffen gegen die Untertanen einhergingen. Erst mit dem Tod Bischof Julius Echters von Würzburg entspannte sich die Situation etwas. Die vier Ämter blieben würzburgisch. Aber auch die Söhne und Nachfolger Graf Ludwigs III. erkannten diesen Zustand nie an. Die Reihe von erwirkten Strafmandaten, von Klagen und Gegenklagen zwischen Wertheim und Würzburg reißt bis zum Ende des Alten Reiches nicht ab. Auch hat man immer wieder Hoffnung, eine Revision des Urteils von 1602 zu erreichen. 1617/18 wird eine Deduktion gedruckt, der sogenannte Wertheimer Gegenbericht. Es wurden umfangreiche Korrespondenzen geführt, um Fürsprecher zu gewinnen und mögliche Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Während des Dreißigjährigen Kriegs erhielten die protestantischen Grafen von Wertheim die verlorenen Ämter sogar von Schweden zurück, doch dieser Zustand war nur von kurzer Dauer. 1681 strengte Wertheim eine erneute Revision an und 1769 wurde ein erneutes Revisionslibell bei Reichshofrat und Reichskammergericht eingereicht. Die Ansprüche an die vier Ämter gingen erst zusammen mit dem Alten Reich endgültig unter.

Bestandsaufbau: Der Bestandsaufbau orientiert sich an der Chronologie und den jeweiligen Besitzern der Grafschaft und ist innerhalb der einzelnen zeitlichen Abschnitte thematisch sortiert. Beginnend mit den Beziehungen zum Hochstift Würzburg während der Regierungszeit der Grafen von Wertheim, über die Regierung Stolberg und seiner Erben bis bis zu Graf Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim und seinen Nachfolgern sind die Akten in thematische Kategorien zusammengefasst. Generell befassen die Akten sich meist mit Unstimmigkeiten zwischen den beiden Herrschaften, es geht um strittige Gerechtigkeiten wie Jagd-, Fisch-, Holz- und Weiderechte und verschiedene Gefälle wie Gült-und Zehntrechte. Außerdem werden Ansprüche Würzburgs auf kirchliche Gefälle immer wieder diskutiert. Daneben treten Kauf- und Pfandgeschäfte auf sowie allgemeine Lehensfragen. Bis zur Übernahme der Grafschaft durch Graf Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim konnten all diese Aspekte meist noch im Rahmen von außergerichtlichen (Schieds-)Verfahren und in Form der sogenannten Handlungen geregelt werden. Diese werden bis zum Ende des 16. Jh. immer seltener und treten irgendwann nicht mehr auf. Konnten nach dem Aussterben der Grafen von Wertheim die neuen Besitz- und Lehensverhältnisse zwischen Würzburg und Wertheim noch vertraglich geregelt werden, ist dies unter Ludwig III. von Löwenstein-Wertheim nicht mehr möglich. Entsprechend besteht die Kommunikation zwischen Würzburg und Wertheim (in Kapitel 4) hauptsächlich aus Strafmandaten, Berichten über die Übergriffe und dem Versuch der unterlegenen Grafschaft, dem mächtigeren Bischof mit reichsrechtlichen Mitteln Einhalt zu gebieten, was im Grunde nicht gelang. Der Bestand enthält auch Akten aus der Zent Remlingen und der Zent Freudenberg.

Bearbeiterbericht: Der Bestand wurde 2021-2022 im Rahmen eines Projekts der Siftung Kulturgut Baden-Württemberg neu verzeichnet. Dies war notwendig, da die Titelaufnahmen recht unvollständig, oft fehlerhaft und vor allem für heutige Nutzer auch sehr unverständlich waren. Außerdem fehlten Enthält-Vermerke und Umfangsangaben; die vorhandenen Laufzeiten waren oft fehlerhaft. Deshalb wurden die Titelaufnahmen neu formuliert, wo es sinnvoll und möglich war detaillierte Enthältvermerke angelegt, die Laufzeitangaben korrigiert und Umfangsangaben gemacht. Im Zuge der Sichtung wurde auch der Inhalt der einzelnen Akten, wenn möglich, chronologisch sortiert. Während der Verzeichnung wurden Deskriptoren für Personen vergeben. Auf die Anlage von Orts- und Sachbetreffen wurde verzichtet. Die komplizierte Systematik der Signaturen, die aus römischen Kapiteln und arabischen Zahlen bestand, wurde aufgelöst. Die Akten sind nun fortlaufend durchnummeriert. Die Vorsignaturen sind angegeben. Die Umfänge der einzelnen Verzeichnungseinheiten sind in der Regel in Blatt angegeben. Für die Berechnung der Anzahl an Kopien gilt daher in der Regel: 1 Blatt=2 Seiten. Größere Volumen werden nach ihrer Gesamthöhe in Zentimeter angegeben; Drucksachen, wenn eine entsprechende Zählung vorhanden ist, in Seiten. Nach Abschluss der Bearbeitung umfasst der Bestand jetzt 348 Nummern in 8 lfd. Metern. Die Nummern 20 und 24 sind nicht vergeben. G-Rep. 19 XII 52 (Nr. 12 52) und G-Rep. 19 XII 126 (Nr. 12 126) waren noch nicht im Findmittel verzeichnet gewesen. Sie wurden mit den Signaturen G-Rep. 19 Nr. 263 und G-Rep. 19 Nr. 337 belegt. Die Akten mit den Nummern 307-311 sind derzeit verschollen. Sie wurden zur Information trotzdem im Findmitel belassen. Eine Akte war unverzeichnet. Sie hat nun die Nummer G-Rep. 19 Nr. 353. Bronnbach im Januar 2022 Dr. Anne Christina May

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim, G-Rep. 19

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim (Archivtektonik) >> Gemeinschaftliches Archiv >> Akten
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Neu, Heinrich: Die Fehde des Würzburger Fürstbischofs Julius gegen die Grafen von Löwenstein-Wertheim in den Jahren 1598-1617. In: Deutsch-Evangelische Blätter 28 (1903), S.471-489.

Indexentry place
Würzburg WÜ; Hochstift

Date of creation of holding
1400-1802

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Last update
25.03.2024, 1:33 PM CET

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  • Bestand

Time of origin

  • 1400-1802

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