Bestand

Kreis- und Hofgericht Karlsruhe/Landgericht Karlsruhe (mit Hofgericht Karlsruhe und Hofgericht des Mittelrheinkreises) (Bestand)

Überlieferungsgeschichte

Provenienz auch: Hofgericht Karlsruhe

Inhalt und Bewertung

Generalia und Prozessakten des Landgerichts Karlsruhe und seiner Vorläufer, u.a. Erbschaften, Grundherrlichkeit, Jagd- und Forstrecht, Landbau und Landeskultur, Schulden, Verlassenschaften, Verbrechen (vor allem: Revolution 1848/49, Kulturkampf, Sozialisten, Pressegesetz, Republikschutzgesetz, Rathenau-Mord, Heimtückegesetz)

Behördengeschichte: Durch das erste Organisationsedikt vom 4. Februar 1803 wurden in Baden Hofgerichte als mittlere Stufe der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit eingerichtet. Die untere Stufe bildeten die Ämter bzw. Amtsrevisorate (ab 1.9.1857 die Amtsgerichte), die oberste Instanz das Oberhofgericht (seit 1879 Oberlandesgericht). 1864 wurde das Großherzogtum Baden in elf Kreise eingeteilt. Für jeden Kreis wurde als Gericht der Mittelstufe ein Kreisgericht gebildet. Fünf dieser elf Kreisgerichte erhielten die Funktion von Berufungsgerichten und den Namen "Kreis- und Hofgericht". Gemäß dem Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 3. März 1879 wurden per Verordnung vom 23. April 1879 aus den 11 Kreisgerichtsbezirken 7 Landgerichtsbezirke gebildet. Die Landgerichtsbezirke blieben seither nicht unverändert (1899 Errichtung des Landgerichts Heidelberg, 1950 Errichtung des Landgerichts Baden-Baden). Karlsruhe wurde unerachtet seiner Funktion als Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums Baden erst im Jahr 1864 Sitz eines Kreis- und Hofgerichts und somit einer mittleren Instanz. Es behielt diesen Status bei, als 1879 die Landgerichte an die Stelle der Kreis- und Hofgerichte traten. Bis 1864 hatte Karlsruhe zum Bezirk des Hofgerichts am Mittelrhein bzw. Hofgericht des Mittelrheinkreises mit Sitz in Rastatt gehört, das 1847 nach Bruchsal verlegt worden war. Der alte Bezirk des Hofgerichts des Mittelrheinkreises wurde 1864 geteilt: der nördliche Teil mit den Amtsgerichten Bretten, Bruchsal, Durlach, Ettlingen, Karlsruhe, Philippsburg und Pforzheim kam zum Kreis- und Hofgericht Karlsruhe, der südliche zum Bezirk des Kreis- und Hofgerichts Offenburg. 1872 wurden die Amtsgerichtsbezirke Baden-Baden, Rastatt und Gernsbach aus dem Bezirk des Kreis- und Hofgerichts Offenburg ausgegliedert und Karlsruhe zugeschlagen. Mit der Errichtung des Landgerichts Baden-Baden 1950 verlor das Landgericht Karlsruhe diese drei südlichen Amtsgerichtsbezirke wieder. Zwischen 1879 und 1900 gehörte auch das Amtsgericht Eppingen zum Landgerichtsbezirk Karlsruhe (zuvor zum Kreisgericht Heidelberg gehörig, ab 1901 zum Landgericht Heidelberg). Im Zuge der Gebietsreform der 1970er Jahre kamen einige Gemeinden des aufgelösten Amtsgerichts Neuenbürg zu Pforzheim und somit zum Landgericht Karlsruhe, und 1995 wechselte das Amtsgericht Maulbronn vom Landgerichtsbezirk Heilbronn nach Karlsruhe. Auch wenn Karlsruhe in großherzoglicher Zeit erst relativ spät zum Sitz mittlerer und höherer Instanzen der badischen Gerichtsbarkeit wurde, so war zuvor in markgräflicher Zeit durchaus eine zentrale Justizinstanz in der Stadt angesiedelt, nämlich das im Jahr 1790 aus dem Hofrat erwachsene Hofgericht Karlsruhe. Dieses hörte aber ab 1803 auf zu bestehen und hatte als frühneuzeitliches Zentralkollegium nur den Namen mit den mittelinstanzlichen Hofgerichten der großherzoglichen Zeit gemein.

Überlieferungsgeschichte und Bearbeitung: Der Bestand 243 beinhaltet die älteste Überlieferungsschicht des Landgerichts Karlsruhe. Soweit noch rekonstruierbar setzt sich der Bestand 243 aus 24 eher kleineren Einzelzugängen zusammen, die in den Jahren 1893 bis 1986 in das Generallandesarchiv Karlsruhe eingeliefert wurden, wobei erstmals im Jahr 1912 in nennenswerter Zahl (nämlich über 200 Nummern) Akten abgegeben wurden, bei denen es sich um genuine Unterlagen des Kreis- und Hofgerichts bzw. Landgerichts Karlsruhe handelte und nicht um Vorprovenienzen bzw. fortgeführte Akten älterer Zeit. Aktenzugänge größeren Umfangs erfolgten erst ab den 1990er Jahren. Diese wurden nicht mehr in den Grundbestand 243 eingearbeitet, sondern zu eigenen Teilbeständen formiert. Bis 2017 war der Bestand 243 durch eine Zettelkartei erschlossen, die nach dem Muster der Altbestände des Generallandesarchivs in Generalia und Ortsspezialia gegliedert war, was im vorliegenden Fall nur teilweise der Ablagestruktur der Akten entsprach. Es gab querliegend dazu auch Aktengruppen, die nach Rechtsmaterien oder nach sonstigen Sachmaterien gegliedert waren. Vielfach waren Titelaufnahmen in der Kartei mehrfach angefertigt worden, weil eine eindeutige Zuordnung zu einer bestimmten Orts- oder Sachrubrik nicht möglich gewesen war. Die Struktur der alten Kartei war über Jahrzehnte hinweg gewachsen und durch zahlreiche logische Brüche gekennzeichnet, die letztlich den verschiedenen Altersschichten geschuldet waren. Insbesondere war für die jüngere Überlieferungsschicht ab Errichtung des Kreis- und Hofgerichts Karlsruhe die überkommene Gliederung nach Generalia und Ortsspezialia nicht provenienzgerecht und untauglich. Im Jahr 2016 wurde die alte Kartei zunächst in der vorgefundenen Form durch Frau Sandra Schleinitz konvertiert. Bei der Redaktion der Titelaufnahmen durch den Unterzeichneten wurde der Tenor der Titelaufnahmen behutsam aktualisiert. Bei der endgültigen Gliederung der Titelaufnahmen wurde die Gruppe der ortsbezogenen Akten für die jüngere Überlieferungsschicht ab 1864 vollständig aufgegeben, weil das Gericht seine Akten nicht mehr ortsbezogen abgelegt hat. Auch bei den älteren Akten war der Ortsbezug auf der Grundlage der vorgefundenen konvertierten Titelaufnahmen nicht immer eindeutig: Wohnsitz des Klägers, bei mehreren Klägern welchen Klägers, oder Wohnsitz des Beklagten, oder Ortsbezug des Streitgegenstands? Die Gruppe der Ortsspezialia bis ca. 1864 wurde letztlich nur für Akten mit eindeutig herstellbarem Ortsbezug beibehalten. Insgesamt ist die Gliederung des Bestandes weiterhin durch pragmatische Kompromisse gekennzeichnet. Wie bei allen sogenannten "Grundbeständen" des Generallandesarchivs stellen auch beim Bestand 243 die Vorprovenienzen eine nicht einfach zu handhabende Besonderheit dar. Von den 1394 Archivalieneinheiten dieses Bestandes sind 289 in der Zeit des Alten Reichs vor 1803 entstanden, weitere 371 zwischen 1803 und 1864 beim Hofgericht des Mittelrheins, die restlichen 734 Einheiten ab 1864 beim Kreis- und Hofgericht bzw. Landgericht Karlsruhe. Soweit feststellbar sind die meisten Vorprovenienzen aus der Zeit des Alten Reichs beim alten Karlsruher Hofgericht bzw. dem Karlsruher Hofrat entstanden, außerdem beim Oberamt Karlsruhe und sodann beim Rastatter Hofrat sowie recht zersplittert bei verschiedenen Kurpfälzer Behörden in Heidelberg und Mannheim, insbesondere der Heidelberger Lehenkammer und der Hofkammer. Bei einem großen Teil der Vorprovenienzen bis 1803 kann man die genaue Herkunft nicht präzise feststellen. Auch durch sehr detaillierte und zeitaufwändige Analysen würde ein nicht zuordnungsbarer Rest bleiben. Hinzu kommt, dass nicht wenige Vorakten aus der Zeit des Alten Reichs mit Rechtsverfahren zusammen hängen, die erst in großherzoglicher Zeit endgültig entschieden wurden. Karlsruhe, im Juli 2017 Dr. Martin Stingl

Literaturhinweise: Brückert, Ingo / Haftmann, Christine / Oehler, Christiane: Das Landgericht Karlsruhe. In: Werner Münchbach (Hrsg.): Festschrift 200 Jahre Badisches Oberhofgericht - Oberlandesgericht Karlsruhe. Heidelberg 2003, S. 363-392. Stiefel, Karl: Baden 1648-1952. Karlsruhe 2001, Bd. I, S. 140-153, und Bd. II, S. 890-898.

Bestandssignatur
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 243
Umfang
1394 Archivalieneinheiten (Nr. 1-1386)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Neuere Bestände (vornehmlich ab ca. 1800) >> Justiz >> Landgerichte (mit Kreis- und Hofgerichten) >> Karlsruhe

Bestandslaufzeit
(1557), 1652-1961

Weitere Objektseiten
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 11:03 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • (1557), 1652-1961

Ähnliche Objekte (12)