Bestand
Hofgericht/Landgericht Mannheim (mit kurpfälzischem Hofgericht Mannheim) (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Zivil- und Strafprozessakten und Generalia des
kurpfälzischen (bis 1803) und badischen (1803-1879) Hofgerichts
Mannheim sowie des Landgerichts Mannheim (ab 1879), v.a.:
grundherrliche Abgaben, sonstige dingliche Rechte und Lasten,
Zehnt- und Frohnablösung, Vormärz und Revolution 1848/49 (Karl
Ludwig Sand, Burschenschaft Heidelberg, Gustav von Struve),
gewerberechtliche Streitigkeiten (u.a. Heinrich Lanz AG Mannheim),
Ehescheidung ("Drittes Reich")
Behördengeschichte: Durch das
erste Organisationsedikt vom 4. Februar 1803 wurden in Baden
Hofgerichte als mittlere Stufe der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit
zwischen den Ämtern bzw. Amtsrevisoraten (ab 1.9.1857 Amtsgerichte)
auf der Unterstufe und dem Oberhofgericht (seit 1879
Oberlandesgericht; dessen Sitz 1803 Bruchsal, 1810 Mannheim, 1879
Karlsruhe) auf der obersten Stufe geschaffen. 1864 wurden daraus
die Kreis- bzw. Kreis- und Hofgerichte. Gemäß dem Einführungsgesetz
zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 3. März 1879 wurden per
Verordnung vom 23. April 1879 aus den 11 Kreisgerichtsbezirken 7
Landgerichtsbezirke in Baden gebildet. Mannheim wurde 1803 Sitz
eines badischen Hofgerichts. Dieses Gericht stand in der Tradition
des kurpfälzischen Hofgerichts, dem zentralen Zivilgericht der
gesamten Kurpfalz, das seit Wegverlegung der Residenz der Pfälzer
Kurfürsten von Heidelberg 1720 seinen Sitz in Mannheim hatte. Der
Sprengel des badischen Hofgerichts Mannheim ab 1803 erstreckte sich
auf den gesamten nordbadischen Raum von der Rhein-Neckar-Region
über den badischen Odenwald bis in die Region
Wertheim-Tauberbischofsheim in Franken. 1864 erhielt das Hofgericht
Mannheim im Zuge der großangelegten Reform der inneren Verwaltung
Badens den Namen Kreis- und Hofgericht und 1879 im Wege der
Reorganisation der badischen Gerichtsverfassung den Namen
Landgericht. Gleichzeitig wurde sein Sprengel durch die Gründung
des Kreis- bzw. Landgerichts Mosbach verkleinert, dem die badischen
Teile des Odenwalds und Frankens zufielen. Mannheim blieb aber als
Appellationsinstanz zunächst auch für diese Region zuständig.
Außerdem war das Kreis- und Hofgericht (wie später das Landgericht)
Rheinschiffahrtsobergericht für ganz Baden. 1899 wurden weitere
Teile des Sprengels dem neu gegründeten Landgericht Heidelberg
zugewiesen. Heute umfasst der örtliche Zuständigkeitsbereich des
Landgerichts Mannheim die Amtsgerichtsbezirke Mannheim,
Schwetzingen und Weinheim.
Überlieferungsgeschichte und
Bearbeitung: Der Bestand 245 beinhaltet die älteste
Überlieferungsschicht des Landgerichts Mannheim. Die Zugänge, aus
denen der Bestand 245 sich zusammensetzt, kamen in den Jahren 1891
bis 1981 in das Generallandesarchiv Karlsruhe, wobei der
Schwerpunkt auf dem Zugang 1899-36 mit 2612 Nummern liegt. Das
badische Hofgericht Mannheim hat die Akten seines gleichnamigen
kurpfälzischen Vorgängers zu großen Teilen übernommen. Einige der
in kurpfälzischer Zeit begonnenen Verfahren wurden erst in
badischer Zeit nach 1803 zu Ende gebracht. Die Laufzeit des
überwiegende Teils der Akten kurpfälzischer Provenienz endet aber
noch in der Zeit des "Alten Reichs". Zwei Akten (Nr. 2026, 2560)
reichen bis in das 15. Jahrhundert zurück. Vereinzelt findet man
Unterlagen des Reichskammergerichts mit pfälzischen Betreffen
(Bestellnummern 1310-1312 und 1314-1319). Weil das kurpfälzische
Hofgericht die Funktion eines Zentralgerichts hatte, weisen die
Akten kurpfälzischer Provenienz in dem vorliegenden Bestand weit
über Baden hinaus und betreffen auch den
rheinhessich-mittelrheinischen Raum. Die Akten aus badischer Zeit
im vorliegenden Bestand betreffen entsprechend der historischen
Entwicklung des Sprengels des Hof-, Kreis- und Landgerichts
Mannheim ein Gebiet, das über den Sprengel des heutigen
Landgerichts Mannheim hinaus bis nach Franken reicht. Von den 2820
Akten des Bestands 245 sind rund 900 in kurpfälzischer Zeit
entstanden, enden also spätestens 1803, als es das badische
Hofgericht Mannheim noch gar nicht gab. Die Zahl der beim
Landgericht Mannheim ab 1879 abgeschlossenen Akten beträgt nicht
mehr als 223. Der Bestand 243 besteht also überwiegend aus
Vorprovenienzen des Landgerichts Mannheim mit Schwerpunkt auf der
Zeit des kurpfälzischen Hofgerichts bis 1803 und des badischen
Hofgerichts Mannheim 1803-1879. Bis 2015 waren die Akten des
Bestands 245 durch eine Zettelkartei erschlossen, die nach dem
Muster der Altbestände des Generallandesarchivs in Generalia und
Ortsspezialia gegliedert war. Eine gezielte Suche nach
Personennamen und Themen war darin nicht möglich, zudem war der
Ortsbezug oft uneindeutig, weil es sich schwerpunktmäßig um
Zivilprozessakten handelt mit bis zu dreifachem Ortsbezug (Wohnsitz
des Klägers und des Beklagten sowie evtl. ortsbezogener
Streitgegenstand). Die Zettelkartei wurde ab Dezember 2014
konvertiert. Der Tenor der Titelaufnahmen wurde dabei behutsam
aktualisiert. Auf die Ermittlung und Dokumentation sämtlicher
Vorprovenienzen musste verzichtet werden, weil dazu jede einzelne
Akte hätte überprüft werden müssen. Um dennoch die Herkunft der
Akten mit vertretbarem Aufwand transparent zu machen, wurde das
konvertierte Findmittel neu gegliedert in die drei
Hauptprovenienzen Kurpfälzisches Hofgericht Mannheim, Badisches
Hof-/Kreisgericht Mannheim und Landgericht Mannheim. Bei der
Untergliederung dieser Hauptgruppen wurde die Unterteilung nach
Generalia und Spezialia für die Zeit bis 1879 beibehalten
unerachtet der Uneindeutigkeiten in der Zuordnung bei den
Spezialia, weil eine völlige Neustrukturierung eine Neuverzeichnung
erfordert hätte und weil die Volltextsuche im elektronischen
Findmittel die Nachteile der Struktur ausgleicht, ohne deren
Vorteile aufzugeben. Lediglich die Akten ab 1879 wurden wegen der
zunehmenden Irrelevanz des Ortsbezugs neu strukturiert. Karlsruhe,
im August 2015 Dr. Martin Stingl
Literaturhinweis: Radke,
Holger / Zöbely, Günter: Die Gerichte im Landgerichtsbezirk
Mannheim. In: Werner Münchbach (Hrsg.): Festschrift 200 Jahre
Badisches Oberhofgericht - Oberlandesgericht Karlsruhe. Heidelberg
2003, S. 425-464.
- Bestandssignatur
-
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 245
- Umfang
-
2820 Akten
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Neuere Bestände (vornehmlich ab ca. 1800) >> Justiz >> Landgerichte (mit Kreis- und Hofgerichten) >> Mannheim
- Bestandslaufzeit
-
1442-1972
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 11:03 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1442-1972