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Täter und Opfer

Als die Alliierten 1945 nach Süddeutschland einrücken, herrscht Angst bei NS-Tätern und Mitläufern. Jeder versucht, noch schnell und unauffällig alles verschwinden zu lassen, was sie selbst in Verbindung mit den Nazis bringen könnte. Auf ein rasches Vorrücken der Alliierten hoffen dagegen vor allem die Gegner und Opfer des NS-Regimes. Jede weitere Woche, ja sogar jeder Tag kann sie noch das Leben kosten. Im Film schildert Albert Fäh, ein französischer Häftling im KZ Neckarelz wie er diese grauenhaften Monate zwischen Hoffen und Bangen elebt hat: "Man hofft immer, trotz allem hofft man immer ... Doch wir wußten nicht, ob man es glauben sollte, dass Himmler den Befehl gegeben habe, dass niemanden aus den Konzentratrationslager lebend von den Alliierten gefunden werden sollte." Für Albert Fäh kommen die Alliierten gerade noch rechtzeitig. Bei seiner Befreiung wiegt er noch 38 Kilogramm - aber er überlebt. Jetzt ging es für ihn darum, die körperlichen und seelischen Wunden heilen zu lassen, die ihm in dem deutschen Lager zugefügt worden waren. Er kehrt zurück nach Frankreich, wie viele ehemalige KZ-Häftlinge und zwangsarbeiter. "Ja, es ist schrecklich, was sie mit den Juden gemacht haben, aber was konnte ich denn dazu? Und warum werde ich jetzt dafür verantwortlich gemacht?" Sätze wie diesen hörte Fritz Weinschenk oft im Nachkriegsdeutschland. Er selbst war als Jugendlicher mit seinen Eltern vor den nazis aus seiner Heimatstadt Mainz geflohen und kam mit der Besatzungsarmee zurück in sein Heimatland. Sein Auftrag: Die Suche nach Tätern, die sich schuldig gemacht hatten. Denn die Alliierten sind sich einig darüber, dass die Veranwortlichen für das millionenfache Leid zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Der Film erzählt von verschiedenen Versuchen, diese Täter zu finden und zu bestrafen. Die Amerikaner verteilen Fragebögen, in denen alle Deutsche über 18 Jahren Angaben über ihre Mitgliedschaft in NS-Organisationen machen müssen. Einige werden in Internierungslager eingewiesen zum Beispiel nach Ludwigsburg, und müssen sich vor Gerichten verantworten. Auch im Rastatter Schloss finden auf Betreiben der französischen Besatzungsmacht Prozesse gegen Kriegsverbrecher statt. Der Film erzählt aber auch, wie die Amerikaner und Franzosen nach und nach einen "mildereren" Kurs einschlagen, wie die Deutschen selbst "endlich einen Schlussstrich" ziehen wollen. Und tatsächlich werden viele Täter bald begnadigt. Zum Beispiel Reinhold Maier, dem ersten Ministerpräsidenten von Württemberg-Baden, dessen eigene Familie nur mit Glück dem Holocaust entflohen war. Magda Maier, die nach Krieg aus dem englischen Exil nach Stuttgart zurückkehrte, schildert, wie sie mit der Zeit auch selbst aufhörte, nach dert Nazivergangeneheit derjenigen zu fragen, die sie nach ihrem Exil traf: "Bei manchen weiß man's, bei manchen weiß man's nicht. Nicht jede Schuld wird bestraft. Auch nicht von Menschen bestraft. Und wie gesagt, wenn ich mir vorstelle, wie ich hätte so was gemacht und müsste damit mein Leben verbringen, würde ich mr selber Leid tun".

Reference number
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, R 4/016 R0500011/10
Former reference number
V
Extent
0:43:20; 0'43
Further information
Herkunft: Trümmerleben

Context
Fernsehsendungen von Südwest Fernsehen aus dem Jahre 2005 >> April 2005
Holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, R 4/016 Fernsehsendungen von Südwest Fernsehen aus dem Jahre 2005

Indexbegriff subject
Arbeit: Zwangsarbeit
Nationalsozialismus; Judenverfolgung
Indexentry person
Bormann, Irmgard
Fäh, Albert
Gladyszek, Stanislas
Grimaud, Maurice
Hecht, Ingeborg; Schriftstellerin, 1921-2011
Kahn, Heinz
Kamm, Bertold; Geschäftsführer, Politiker, Abgeordneter, 1926-2016
Maier, Magda; Lehrerin, 1929-
Merglen, Albert
Riblet, Jules
Riblet, Roger
Schwartz, Gerald
Weinschenk, Fritz
Indexentry place
Dautmergen BL
Neckarelz : Mosbach MOS
Pforzheim PF

Date of creation
28. April 2005

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Rights
Last update
20.01.2023, 4:51 PM CET

Data provider

This object is provided by:
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Object type

  • AV-Materialien

Time of origin

  • 28. April 2005

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