Bestand

Militärgerichte (Bestand)

Bestandsbeschreibung: Zum 01. Februar 1958 beschloss die Volkskammer das Gesetz zur Ergänzung des Strafgesetzbuches von 1871(Strafrechtsergänzungsgesetz -STEG). Der 3. Teil des Gesetzes enthielt die Strafbestimmungen über die Verbrechen gegen die militärische Disziplin mit den Tatbeständen Fahnenflucht (§33), Unerlaubte Entfernung (§34), Befehlsverweigerung (§35), Angriff auf Vorgesetzte (§36), Missbrauch der Dienstbefugnisse (§37), Verletzung des Dienstgeheimnisses (§38).

Die Anordnung Nr. 20/58 des Militäroberstaatsanwalts regelte die Zuständigkeit der Gerichte bei Verbrechen gegen die §§ 33 - 38 des STEG und die Terminvertretung im Verfahren der 2. Instanz. In Übereinstimmung mit dem Minister für Justiz und dem Generalstaatsanwalt der DDR wurde angeordnet, dass diejenigen Kreisgerichte, die bisher Verbrechen nach §§ 34, 36 und 38 durchführten auch die §§ 35 und 38 anklagen. Bei Verbrechen mit bedeutenden Folgen und Zusammenhängen waren die Verfahren nach den §§ 34 bis 38 STEG bei den 1. Strafsenaten der Bezirksgerichte anzuklagen. Auf der Tagung der Volkskammer am 24. Januar 1962 wurden mit dem Gesetz zur Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes erstmals gesetzliche Festlegungen zur Verfolgung von Militärstraftaten festgelegt. In Verwirklichung des Gesetzes sollten Militärgerichte gebildet werden. Am 15. August 1962 wurde die Hauptabteilung Militärgerichte beim Ministerium für Justiz gebildet, die dem Minister für Justiz unmittelbar unterstellt war. Sie hatte die Revision der Tätigkeit der Militärobergerichte und Militärgerichte durchzuführen sowie die politische, fachliche und militärische Qualifizierung der Mitarbeiter. Der Leiter der Hauptabteilung Militärgerichte unterstand militärisch und disziplinarisch dem Minister für Nationale Verteidigung. Der Staatsrat der DDR beschloss am 04. April 1963 den Erlass über Stellung und Aufgaben der Gerichte in Militärstrafsachen (Militärgerichtsordnung - MGO) wonach ab dem 01. Juli 1963 alle Militärstrafsachen auf die zuständigen Gerichte für Militärstrafsachen übergingen. Es wurden Militärrichter gewählt. Am 17. April 1963 verabschiedete die Volkskammer der DDR das Gesetz über die Verfassung der Gerichte der DDR (Gerichtsverfassungsgesetz). Das Gesetz bestimmte in § 1 Absatz 1 die Durchführung der Rechtsprechung in der DDR durch das Oberste Gericht, die Bezirksgerichte, die Kreisgerichte, die Militärobergerichte und die Militärgerichte. Danach waren entsprechend § 14 Absatz 2 beim Obersten Gericht das Kollegium für Militärstrafsachen mit Senaten für Militärstrafsachen gebildet. Die Militärobergerichte hatten Kammern mit Berufsrichtern zu besetzen, die Militärgerichte waren mit Berufsrichtern und Militärschöffen besetzt. Das Oberste Gericht leitete die Rechtsprechung in Militärstrafsachen und die Militärobergerichte und Militärgerichte in Ausübung der Rechtsprechung an. Die Stellung und Aufgaben der Militärobergerichte und Militärgerichte bestimmte der § 44 der Militärgerichtsordnung. Die Militärobergerichte leiteten auf der Grundlage der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, des Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates und anderer Rechtsvorschriften sowie der Richtlinien und Beschlüsse des Obersten Gerichts die Rechtsprechung der Militärgerichte ihres Zuständigkeitsbereiches an. Sie waren dem Obersten Gericht für ihre Rechtsprechung und einheitliche Gesetzesanwendung durch die Militärgerichte ihres Zuständigkeitsbereiches verantwortlich. Ein Militärobergericht war mit einem Leiter und mehreren Militäroberrichtern und Militärrichtern besetzt. Die beim Militärobergericht gebildeten Militärstrafsenate verhandelten und entschieden in erster Instanz über Staatsverbrechen, vorsätzliche Tötungsverbrechen, Straftaten von besonderer Schwere sowie strafbaren Handlungen, die von Militärpersonen ab Dienstgrad Major/Korvettenkapitän oder ab Dienststellung Regimentskommandeur und Gleichgestellte begangen wurden. In zweiter Instanz verhandelten und entschieden sie über Rechtsmittel des Protestes, der Berufung und der Beschwerde gegen Entscheidungen der Militärgerichte. Als Kassationsgericht entschied das Militärobergericht über rechtskräftige Entscheidungen der Militärgerichte. Das höchste Organ eines Militärobergerichts zur Leitung der Rechtsprechung war das Plenum. Dem gehörte der Leiter des Militärobergerichts und sein Stellvertreter, die Militäroberrichter und Militärrichter des Militärobergerichts und zwei bis drei Leiter von Militärgerichten an. Die Leiter der Militärgerichte wurden auf Vorschlag des Leiters des Militärobergerichts vom Präsidium des Obersten Gerichts der DDR als Mitglied des Plenums des Militärobergerichts bestätigt. Die Aufgabe des Plenums war es über Anträge des Leiters des Militärobergerichts oder des zuständigen Staatsanwalts auf Kassation rechtskräftiger Entscheidungen der Militärgerichte zu verhandeln und zu entscheiden. Stellung und Aufgaben des Plenums entsprachen dem Plenum des Bezirksgerichts. Der Leiter des Militärobergerichts war für die Organisation der Tätigkeit des Militärobergerichts, der Analyse und Auswertung der Rechtsprechung im Zuständigkeitsbereich, Durchführung von Beratungen mit den Militärrichtern im Zuständigkeitsbereich verantwortlich. Ein Militärgericht war mit einem Leiter und Militärrichtern besetzt. Beim Militärgericht wurden Militärstrafkammern gebildet, die verhandelten und entschieden in allen Militärstrafsachen, soweit nicht die Zuständigkeit des Militärobergerichts der DDR begründet war. Die Militärstrafkammern handelten und entschieden in der Besetzung mit einem Militärrichter und zwei Militärschöffen. Außerhalb der Hauptverhandlung entschied der Vorsitzende allein. Der Leiter des Militärgerichts war für die Organisation der Erteilung von Rechtsauskünften an Angehörige der NVA und der Organe des Wehrersatzdienstes verantwortlich. Der Minister für Nationale Verteidigung bestimmte die Anzahl und den Standort der Militärobergerichte und Militärgerichte und legte ihre örtliche Zuständigkeit in der Anordnung Nr. 08/63 vom 04. April 1963 fest. Das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. September 1974 (GBl I Nr. 48) und die Militärgerichtsordnung vom 27. September 1974 (GBl I Nr. 52) lösten die Bestimmungen aus den 60er Jahren ab. Es wurden die Militärobergerichte Berlin, Leipzig und Neubrandenburg gebildet, denen nach dem Territorialprinzip Militärgerichte unterstellt wurden, die für alle in ihrem Bereich stationierten Angehörigen der NVA und der Organe des Wehrersatzdienstes zuständig waren. Militärobergerichte Militärgerichte 1. Militärobergericht Berlin: Militärgericht Berlin Militärgericht Cottbus Militärgericht Magdeburg ab 01.Dez.1987 MG Stendal Militärgericht Potsdam vom 01. Juli 1964 bis 31.12.1971 2. Militärobergericht Leipzig: Militärgericht Erfurt Militärgericht Halle Militärgericht Dresden 3. Militärobergericht Neubrandenburg: Militärgericht Schwerin Militärgericht Rostock Militärgericht Neubrandenburg Militärgericht Potsdam ab 01.Jan.1972.

Inhaltliche Charakterisierung: Der Bestand enthält das Strafsachenregister des Militärgerichts Magdeburg.

Erschließungszustand: Kartei, Datenbank

Vorarchivische Ordnung: Der zusammengefasste Bestand Militärgerichte soll die Geschäftsakten der Militärgerichte umfassen. Im Bundesarchiv-Militärarchiv sind zum Zeitpunkt der Erstellung der Bestandsbeschreibung zwei Akten des Militärgerichts Magdeburg überliefert. Sie stammen aus der Zeit von 1964 -1966 und enthalten nur das Strafsachenregister. Viel besser sind die Militärgerichte im Bestand DVW 9 Hauptabteilung Militärgerichte überliefert. Die Ursache liegt vielleicht darin, dass die Militärgerichte zur Abgabe ihrer wichtigsten Unterlagen an die Hauptabteilung verpflichtet waren.

Zitierweise: BArch DVW 11/...

Bestandssignatur
Bundesarchiv, BArch DVW 11
Umfang
46 Aufbewahrungseinheiten; 0,0 laufende Meter
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Verteidigung >> Ministerium für Nationale Verteidigung und Nationale Volksarmee >> Militärjustiz
Verwandte Bestände und Literatur
Literatur: Jörn Steike: Die Steuerung der Militärjustiz in der DDR, München 1997.

Hans Hubertus von Roenne: "Politisch untragbar..."? Die Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten der DDR im Zuge der Vereinigung Deutschlands. Berlin, Baden-Baden o. J.. Johannes Raschka: Justizpolitik im SED-Staat, Köln, Weimar, Wien 2000.

Bestandslaufzeit
1963-1990

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Letzte Aktualisierung
16.01.2024, 08:43 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1963-1990

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