Archivale
Eingabe an Bürgermeister und Rat
Regest: Der ganzen Stadt ist bekannt, welch grosse Wohltaten er, Pfatzler, dem Herrn Gebel und seiner stummen Geschweien (= Schwägerin), ja seinem ganzen Haus tags wie nachts erwiesen hat. Das ist ihm aber mit höchstem Undank gelohnt worden. Es ist ihm vielfältig reiche Belohnung versprochen worden. Er hat ihretwegen innerhalb von 4 oder mehr Jahren nicht bloss 20 fl Verlust in seiner Haushaltung gehabt, geschweige was er für Arznei unaufhörlich hat beitragen müssen. An Bezahlung hat er in so langer Zeit nicht mehr als 50 Krautköpfe und 30 Kr, und nachdem er sich darüber hoch beschwert hat, noch 1 fl 30 Kr mit Unwillen von ihm erhalten. Vor 2 Jahren dachte Pfatzler etwas weniges an solcher rechtmässiger Schuld einzubringen und nahm für sich ein paar schlechte (= gewöhnliche) Geißfelle für 4 fl. Als Herr Gebel sah, dass sie ihm nicht gleich bezahlt werden, liess er's zum andern Mal fordern. Darauf liess Pfatzler ihm sagen, er solle mit ihm abrechnen. Pfatzler wolle ihn gleich bezahlen. Bald darauf fing Gebel unnötige Händel an und verklagte ihn vor dem Schultheissenamt. Mit Erlaubnis des Schultheissen Johann Hummel erschien Pfatzler nicht vor dem Amt, sondern musste seiner Kunst nach über Feld gehen und gab deshalb seinem Weib 4 fl, um sie Herrn Gebel zu überliefern. Er aber lief aus seinem Haus, konnte nicht abwarten, bis sie ihm das Geld brachte, sondern fing an, Pfatzler einen beschissenen Lumpen und Schelm zu schimpfen. Sein Weib aber entsetzte sich über solch unverhoffte Schmähworte und sagte: "Mein Mann ist ein Biedermann, er ist so gut wie Ihr." Bald aber lief Gebel mit seiner Haue auf die Gasse und wollte sie niederschlagen. Darauf wandte sie sich um und sagte, er solle nur zuschlagen, aber zusehen, dass er sie am rechten Ort treffe. Da ist Gebels Hausfrau dazwischengelaufen, hat ihm den Arm gehalten und gesagt, es sei nicht gut zu schlagen. Im selben Augenblick ist das Kind im Leib von Pfatzlers Frau aufgesprungen und verfallen, dass sie bis auf die letzte Geburtsstunde sehr grosse Schmerzen erlitt, auch von Stund an 3 Wochen lang kein Leben des Kindes mehr empfand und meinte, das Kind würde tot von ihr kommen. Das liess Pfatzler dem Herrn Gebel ansagen. Bei nahender Geburt verliessen sie die Kräfte, dass sie das Kind nicht an die Welt zu bringen vermochte. Pfatzler ist ihr beigestanden und hat sie und das Kind vor dem Tod gerettet. Wie aber dieses Kind ans Tageslicht gekommen ist, kann von den zur Inspection Deputierten genau vernommen werden. Jedermann kann nun abnehmen, dass das Pfatzler zugestossene Hauskreuz (= häusliche Unglück) von Herrn Gebel herrührt. Da will Gebel ihn noch verklagen, es geschehe ihm Gewalt und Unrecht, dass er dessen bezichtigt werde. Er ficht Pfatzler und seine Frau täglich an und quält sie dergestalt, dass sie sich lieber den Tod als das Leben wünschen. Pfatzler und seine Frau bitten daher, der Rat wolle sie von Herrn Gebels scharfer und schwerer Klag absolvieren.
Johann Philip Pfatzler und seine eheliche Hausfrau Susanna.
- Archivaliensignatur
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A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 4360
- Formalbeschreibung
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Beschreibstoff: Pap.
- Sonstige Erschließungsangaben
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Genetisches Stadium: Or.
- Kontext
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 11 Zünfte Ärzte
- Bestand
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A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)
- Laufzeit
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1699 Dezember (ohne Datum)
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
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20.03.2025, 11:14 MEZ
Datenpartner
Stadtarchiv Reutlingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- 1699 Dezember (ohne Datum)