Bestand

C Rep. 001 Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin (Bestand)

Vorwort: C Rep. 001 - Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin

1. Parlamentsgeschichte

Die von der Alliierten Kommandantur am 13. August 1946 erlassene Vorläufige Verfassung für Berlin sah u. a. die Durchführung von Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung vor. Diese sollte aus 130 Mitgliedern bestehen und monatlich einmal zusammentreten.
Die ersten freien Wahlen seit 1933 fanden dann am 20. Oktober 1946 statt; am selben Tag trat die Vorläufige Verfassung in Kraft. Die neue Stadtverordnetenversammlung wählte auf ihrer konstituierenden Sitzung am 26. November 1946 Otto Suhr zum Stadtverordnetenvorsteher.
Die Arbeit der Stadtverordnetenversammlung war durch die am 31. Januar 1947 erlassene Bestätigungspflicht für alle von der Stadtverordnetenversammlung erlassenen Gesetze durch den Alliierten Kontrollrat ständigen Reglementierungen unterworfen. Zudem prägten die Bildung des ersten gewählten Magistrats, die Krise der Berliner Selbstverwaltung, die Währungsreform, und die zur Berlin-Blockade führenden Spannungen zwischen den Alliierten die ersten Jahre der Tätigkeit der Stadtverordnetenversammlung.
Dennoch konnte am 29. April 1948 eine neue Verfassung für Berlin verabschiedet werden.
Die unterschiedlichen Interessenlagen der verschiedenen politischen Gruppierungen in der Stadt führten zu mehr oder minder starken Behinderungen der Arbeit der Stadtverordnetenversammlung. Wiederholt mussten Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung wegen Störungen durch Demonstranten vertagt werden. Auch am 6. September 1948 stürmten Demonstranten das Neue Stadthaus, so dass eine dort anberaumte Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nicht stattfinden konnte. Suhr verlegte darauf hin den Tagungsort in das Studentenhaus im britischen Sektor. Auf dieser Sitzung wurden die Berliner Vertreter für den Parlamentarischen Rat in Bonn gewählt, und in Abwesenheit der SED-Fraktion Neuwahlen für den 5. Dezember 1948 beschlossen.
Am 30. November 1948 konstituierte sich im sowjetisch besetzten Sektor daraufhin eine separate „Außerordentliche Stadtverordnetenversammlung“, die den am 5. Dezember 1946 gewählten Magistrat absetzte und Friedrich Ebert zum neuen Oberbürgermeister erklärte. Berlins Parlament war damit endgültig gespalten. Am 5. Dezember 1948 erfolgten lediglich in den Westsektoren Berlins Wahlen zur einer neuen Stadtverordnetenversammlung; im Ostteil der Stadt war die Teilnahme an der Wahl vom sowjetischen Stadtkommandanten verboten worden.Am 16. Dezember tagte die Stadtverordnetenversammlung zum letzten Mal in ihrer 1. Wahlperiode. Das neu gewählte Parlament konstituierte sich am 14. Januar im Schöneberger Rathaus und wählte Otto Suhr erneut zum Stadtverordnetenvorsteher.


2. Bestandsbeschreibung

Der Bestand umfasst 193 Akteneinheiten (4,50 lfm) mit der Laufzeit 1946 - 1949. Er beinhaltet sowohl die Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung selbst als auch die Arbeit in den Fraktionen und Ausschüssen von 1946 bis 1948. Folgende Schwerpunkte sind überliefert:
Tagungsmitschriften der 1. bis 90. Sitzung.- Stenografische Berichte zu den Sitzungen.- Drucksachen.- Fraktionen.- Ausschuss für Arbeit, für Bau- und Wohnungswesen, für Finanzen, Banken und Versicherungen, für Eingaben und Beschwerden der Bevölkerung, für Ernährung, für Sozialwesen, für Sport, für Städtische Betriebe, für Gesundheitswesen, für Jugendfragen, für Grundstücke, für Volksbildung (mit Unterausschuss für Kunst und Theater), für Personal und Verwaltung, und für Frauenfragen.- Sonderausschuss zur Zusammenstellung von Material für Friedensverhandlungen.- Hauptausschuss.- Verfassungsausschuss.- Sonderausschüsse.- Zweizonen-Wirtschaftsrat.- Geschäftsordnungsausschuss.- Ältestenrat.- Bildung und Struktur des Magistrats.- Magistratsmitglieder.- Überführung von Konzernen und sonstigen wirtschaftlichen Unternehmen in Gemeineigentum.- Enteignung von Naziaktivisten und Kriegsverbrechern.- Jugendpolitik.- Versorgungsfragen.- Wohnraumbeschaffung.- Arbeitslosenhilfe.- Winternotprogramm 1947.- Eingaben und Beschwerden.- Städtische Betriebe.- Demontagen von Betrieben.- Fürsorgeangelegenheiten.- Opfer des Faschismus.- Entnazifizierung.- Rücktritt des Oberbürgermeisters Otto Ostrowski.- Erarbeitung der Verfassung.

Die vorliegenden Akten sind im Jahre 2003 aus der bisherigen Rep. 100 Stadtverordnetenversammlung und aus der Druckschriftensammlung herausgelöst und zu einem neuen Bestand zusammengefasst worden.
Der Bestand hat die Repositurnummer C Rep. 001 und die Bezeichnung „Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin“ erhalten. Im Rahmen der Retrokonversion in den Jahren 2005/2006 sind die Findkarteien in eine AugiasArchiv-Datenbank überführt und indiziert worden und das vorliegende Findbuch wurde erarbeitet.


3. Korrespondierende Bestände

B Rep. 001 Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin
C Rep. 100-01 Volksvertretung Groß-Berlin/Stadtverordnetenversammlung
C Rep. 100-05 Magistrat von Berlin, Sekretär -> hier: Protokolle der Magistratssitzungen


4. Literaturhinweise

Das Parlament der Berliner: die Geschichte des Abgeordnetenhauses von Berlin seit 1945. Fotos und Texte, 1. Aufl. Berlin 1963.

Die Sitzungsprotokolle des Magistrats der Stadt Berlin 1945/46. Teil I: 1945. Bearbeitet und eingeleitet von Dieter Hanauske (= Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin. Bd. 2/I). Berlin 1995.
Die Sitzungsprotokolle des Magistrats der Stadt Berlin 1945/46. Teil II: 1946. Bearbeitet und eingeleitet von Dieter Hanauske (= Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin. Bd. 2/II). Berlin 1999.

Gedenkstunde aus Anlass des 50. Jahrestages der Vertreibung der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin aus dem Neuen Stadthaus am 6. September 1998 im ehemaligen Sitzungssaal der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin im Neuen Stadthaus in Berlin-Mitte, hrsg. vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin, Berlin 1998.

Verordnungsblatt der Stadt Berlin. Jgg.1-2. Berlin 1945-1946.
Verordnungsblatt für Groß-Berlin. Jgg. 3-32, Berlin (Ost) 1947-1976.

Kotowski, Georg; Reichhardt Hans J.: Berlin als Hauptstadt im Nachkriegsdeutschland und Land Berlin 1945–1985. Mit einem statistischen Anhang zur Wahl- und Sozialstatistik des demokratischen Berlin 1945–1985 (= Berliner Demokratie 1919–1985. Bd. 2. Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin. Bd. 70/2). Berlin und New York 1987.

Nauber, Horst: Das Berliner Parlament: Struktur und Arbeitsweise des Abgeordnetenhauses von Berlin, hrsg. vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin, 1. Aufl. 1970.

Rögner-Francke, René; Roller Walter: Die Teilung der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin am 6. September 1948, CD, hrsg. vom Deutschen Historischen Museum, vom Deutschen Rundfunkarchiv und vom Abgeordnetenhaus Berlin, Berlin 1998.





Berlin, Juni 2006 / Februar 2024 Annette Thomas / Heike Schroll , Kerstin Bötticher

Bestandssignatur
C Rep. 001

Kontext
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> C Bestände (Ost-) Berliner Behörden bis 1990 >> C 1 Volksvertretungen >> C 1.1 Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin

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Letzte Aktualisierung
28.02.2025, 14:13 MEZ

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