Bestand
Wehrkreiskommando IV (Dresden) (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Das
Jahr 1919 brachte für die Reichswehr zahlreiche Veränderungen
und Umstrukturierungen, die in drei Etappen abliefen:
1.) Der Reichstag beschloss am 6. März 1919 die
Bildung einer Vorläufigen Reichswehr [1], deren genaue Stärke
jedoch unklar blieb. Der Umfang und die Gliederung sollten nach
Überprüfung des Etats des Reichswehrministeriums festgelegt
werden.
2.) Im Versailler Vertrag vom 28.
Juni 1919 erfolgte die detaillierte Festsetzung des Aufbaus und
der Stärke der Reichswehr, die ab dem 30. September 1919 in Form
des Übergangsheers begonnen wurde umzusetzen. Diese
Heeresreduzierung wurde ebenso im Versailler Vertrag festgelegt
wie die Abschaffung der Wehrpflicht und das Verbot von
personellen Reserven und der Mobilmachung. Nach Auflösung aller
Verbände und Dienststellen des alten Heeres wurden zwei
Gruppenkommandos, sieben Divisionen und drei
Kavalleriedivisionen gebildet. Jede Division war einem der
sieben Wehrkreise zugeordnet, sodass der Befehlshaber des
Wehrkreises zugleich den Rang des Divisionskommandeurs inne
hatte. Dem Wehrkreiskommando IV und der 4. Division waren die
Gebiete des Landes und der Provinz Sachsen mit Hauptquartier in
Dresden zugeordnet.
3.) Mit Inkrafttreten
des Reichswehrgesetzes vom 23. März 1921 entstand offiziell die
Reichswehr, die die Bezeichnung "Reichsheer" führte. Doch
bereits ab dem 1. Januar 1921 kann man von der dritten Phase
sprechen, da zu diesem Zeitpunkt die Umbildung des
Übergangsheeres auf die Stärke von 100 000 Mann abschließend
vollzogen war. Parallel zu den ersten beide Phasen der
Umstrukturierung wurde die Herabsetzung der Heeresstärke von
ehemals circa 400 000 Mann auf mehreren Stufen zum 100 000 Mann
Heer durchgeführt. Mit dieser geringen Heeresstärke von Anfang
1919 konnte aus zeitgenössischer Sicht kein effektiver Schutz
der Republik nach innen und außen garantiert werden. Durch die
seit 1922 mit dem Rapallo-Vertrag bestehende Verbindung zu der
UdSSR wurden neue Waffentechniken und Personalausbildung
möglich.
Im Jahre 1930 war der Ausbau des
Heeres soweit vorangeschritten, dass die sieben bestehenden
Divisionen im Kriegsfalle auf 21 Divisionen ausgebaut werden
konnten. Der kontinuierlich vorangetriebene Auf- und Ausbau des
Heeres mündete am 4. April 1933 in die geheime Bildung des
Reichsverteidigungsrates für den Aufbau der Wehrmacht.
Spätestens mit der Gründung der Wehrmacht und der Einführung der
Allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1935 wurde nicht nur die
Aufrüstung offiziell sondern auch der Aufbau einer
Wehrersatzorganisation für das gesamte Reichsgebiet. Die
Ergänzung des Reichsheeres lag bei den Truppenteilen; die
Wehrkreiskommandos leiteten die Anwerbung für die in ihrem
Bereich untergebrachten Truppenteile. Mit Einführung der
Allgemeinen Wehrpflicht zerfiel das Ersatzwesen in Erfassung,
Musterung, Aushebung und die Wehrüberwachung und organisierte
sich in neugebildeten Wehrersatzdienststellen auf
Wehrkreisebene.
Der Bestand RH 53-4
Wehrkreiskommando IV umfasst die Akten des Stabes des
Wehrkreiskommandos IV, schwerpunktmäßig aus der Zeit 1919 -
1921. An der Spitze stand der Chef des Generalstabes, der in
Personalunion Kommandeur der 4. Division war. Die Hauptaufgabe
bestand in der Verwaltung der dem Wehrkreis IV unterstellten
Truppen. Dazu gehörte neben der Koordinierung und Verwendung von
Personal und Liegenschaften auch die Ausbildung der Truppen der
Reichswehrbrigaden XII (Bautzen) und XIX (Leipzig) sowie IV
(Magdeburg) und XVI (Weimar) [2].
Durch
die ständigen Veränderungen in der Organisation der Reichswehr
in Form der Vorläufigen Reichswehr und dem Übergangsheer kam es
immer wieder zu Organisationsveränderungen auf der Ebene des
Wehrkreiskommandos IV [3]. Die Grundstruktur der
Geschäftseinteilung des Stabes von 1919 blieb jedoch weiterhin
bestehen [4].
Für die Jahre bis 1929
finden sich im Bestand keine weiteren Organisationsunterlagen,
so dass erst ab Dezember 1929 die Organisationserweiterungen
nachvollziehbar werden [5]. Trotz der noch immer gültigen
Bestimmungen des Versailler Vertrages war das Wehrkreiskommando
IV zu diesem Zeitpunkt bereits stark ausgebaut worden. Die
ehemaligen Unterabteilungen des Quartiermeisters bestanden nun
als eigenständige Abteilungen. Unterhalb der Abteilung I
existierten - anders als in den ersten Jahren der Weimarer
Republik - sieben Unterabteilungen, die vor allem die Führungs-
und Organisationsaufgaben sowie die Ausbildungsangelegenheiten
wahrnahmen. Der Verwaltungsausbau war nicht nur bedingt durch
das größere Aufgabenspektrum der Wehrkreiskommandos sondern auch
durch die Wiederaufstellung der Wehrschulen sowie der
Organisation sämtlicher Aus- und Weiterbildungsfragen.
Aus den Geschäfteinteilungen vom September
1941[6] und Juni 1943 [7] wird ersichtlich, dass nicht nur über
den Abteilungen Gruppen gebildet wurden, sondern der
Verwaltungsapparat eine wesentliche Erweiterung erfuhr. So
bestand beispielsweise die Gruppe Ia (Führung) aus elf
Abteilungen, und die Unterabteilungen des Quartiermeisters von
1919 bildeten nun eigenständige Dienststellen. Der
administrative Ausbau wurde ferner durch das gesamte
Wehrersatzwesen verstärkt, da die Koordinierung desselben auf
der Ebene der Wehrkreiskommandos stattfand.
Die einzelnen Aufgaben der Abteilungen und
Aufgabenverschiebungen innerhalb der Organisation der
Kommandantur des WK IV in den Jahren 1919/20 [8] gestalten sich
wie folgt:
Abteilung Ia
Hierbei handelt es sich um die sogenannte
Führungsabteilung, die vornehmlich die Truppenverwendung und die
Verwendung der Hilfspolizei, Einwohnerwehren und
Zeitfreiwilligen verwaltete.
Weiterhin
gehörte zu den Aufgaben die Ausbildung, die jedoch in den
Anfangsjahren der Republik kaum Relevanz hatte, da der
Versailler Vertrag nicht nur die Allgemeine Wehrpflicht verbot,
sondern auch die Schließung sämtlicher Wehrschulen bestimmte.
Trotz des noch immer bestehenden Ausbildungs- und Reserveverbots
wird aus dem Organisationsplan vom 1. Dezember 1929 ersichtlich,
dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine eigene Abteilung für
Ausbildungsangelegenheiten (Abteilung Id) errichtet worden war.
Politische Angelegenheiten und äußeres Nachrichtenwesen,
Transportwesen (u.a. Truppentransporte mit der Eisenbahn und
Wasser- und Bahnschutz) sowie taktische Angelegenheiten waren
weitere Bereiche, die die Abteilung Ia in den Jahren 1919ff
wahrnahm. In den Organisationsunterlagen von 1929 sind die
vorgenannten Aufgabenbereiche neuen Abteilungen zugeschlagen
worden. Die Abteilung Ia beschäftigte sich in dieser Zeit
ausschließlich mit Grundsatzfragen der Ausbildung, sodass eine
sehr enge Zusammenarbeit mit der neu eingerichteten Abteilung
Id, die neben der Ausbildungsorganisation und dem Prüfungswesen
auch die Kartenstelle verwaltete, bestand.
Abteilung Ib
Ihre Hauptaufgabe
bestand in den Grundsatzangelegenheiten der Organisation der dem
Wehrkreiskommando IV unterstellten Reichswehrtruppen und den
Zeitfreiwilligenverbänden. Neben Kriegsgliederungen und
Stärkenachweisen gehörten die Unterbringung und Verlegung von
Truppen (gemeinsam mit Abteilung Ia), die Verwaltung der
Truppenübungsplätze (gemeinsam mit Abteilung IV) sowie die
Waffen- und Munitionsdepots dazu. Bevor die Kartenstelle der
Abteilung Id zugeschlagen wurde, gehörte sie zu dieser
Abteilung. 1929 hatten sich die Aufgabenbereiche der Abteilung
Ib verschoben und umfassten den Grenzschutz und das Geheime
Briefbuch.
Abteilung IIa
Sämtliche Personalangelegenheiten der Offiziere
fielen unter die Zuständigkeit der Abteilung IIa. Dazu zählten
neben der regulären Personalverwaltung auch die Verleihung von
Auszeichnungen, die Seelsorge und die Vereidigung der Offiziere.
Als weitere Aufgabengebiete galten die Erstellung von
Druckvorschriften und Ausweisen und die Registratur. Während
Ende 1919 die Abteilung IIb als Unterabteilung bei dem
Quartiermeister angesiedelt war, findet sie sich Anfang 1920
unter der Abteilung IIa und steht 1929 als eigenständige
Abteilung, die als Kernaufgabe stets die Personalangelegenheiten
der Unteroffiziere und Mannschaften wahrnahm.
Abteilung IV
Die Abteilung für
wirtschaftliche Angelegenheiten war verantwortlich für die
Verpflegung, Bekleidung und Ausrüstung der Truppen. Ausgenommen
davon waren die von der Abteilung Ib verwalteten Waffen.
Zusätzlich nahm die Abteilung IV gemeinsam mit Ib die
Bewirtschaftung der Unterkünfte wahr. Dieses Aufgabengebiet
bestand bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.
Abteilung Q (Quartiermeister)
Der
Quartiermeister nahm in der Organisationsstruktur des
Wehrkreiskommandos IV im November 1919 eine zentrale Stellung
ein. Ihm nachgeordnet waren Unterabteilungen, die ihrerseits
Verwaltungsaufgaben in speziellen Bereichen wahrnahmen. Neben
der Personalverwaltung gehörten zu den Aufgaben der Sanitäts-
und der Veterinärdienst ebenso wie die gerichtlichen
Angelegenheiten. Nachfolgend werden die Unterabteilungen kurz
umrissen:
Unterabteilungen IIb und
IIc
Die Aufgaben umfassten die gesamten
Personalangelegenheiten der Unteroffiziere und Mannschaften.
Ferner zählten zu den Aufgaben die Unteroffiziers- und
Mannschaftsbünde sowie die Wahl und der Einsatz von
Vertrauensleuten. In den Jahren 1929 - 1945 wurde die Verwaltung
des Unteroffiziers- und Mannschaftspersonals auf die Abteilung I
und auf die für die Truppengattungen zuständigen Abteilungen
verteilt. Die für die Unteroffiziere und Mannschaften vorhandene
Wohlfahrt und Fürsorge wurde durch die Unterabteilung IIc
wahrgenommen. Für die Fürsorge findet sich im
Geschäftseinteilungsplan von 1929 eine eigene Abteilung, an
deren Spitze ein Fürsorgeoffizier stand. Vom Jahr 1941 an war
diese Aufgabe bei der Gruppe II in der Abteilung IIa/ E1
angesiedelt.
Unterabteilung Werbung
Diese Abteilung warb Soldaten und Freiwillige
für die Truppenverwendung an. Mit dem erneuten Heeresaufbau und
ab 1935 mit der Allgemeinen Wehrpflicht und dem Ersatzwesen
wurde die Anwerbung stark ausgebaut und unter der Gruppe Ib
(Organisation) verwaltet.
Unterabteilung
III
In den Anfangsjahren der Weimarer
Republik befasste sich die Unterabteilung III für gerichtliche
Angelegenheiten gemeinsam mit der Abteilung Ia (politische
Angelegenheiten) v.a. mit den rechtlichen Fragen des
Belagerungszustandes, verfasste Rechtsgutachten und verwaltete
die Personalunterlagen der Militärjustizbeamten. Im
Geschäftseinteilungsplan von 1929 ist ihr zusätzlich die
Heeresanwaltschaft zugeordnet, die u.a. die "Aufklärung nicht
natürlicher Todesfälle und Selbstmordversuche" [9] wahrnahm und
die Fahnenfluchtliste verwaltete. Diese Abteilung bestand bis
zum Ende des Zweiten Weltkrieges.
Unterabteilung V
Neben der
Wahrnehmung sämtlicher Sanitätsangelegenheiten gehörte zu den
Aufgaben der Unterabteilung V auch die Personalverwaltung und
die Versorgung der Sanitätstruppen. Weiterhin fielen in ihren
Bereich die Hygiene, Badekuren, Krankentransporte und
Urlaubssperren wegen Ansteckungsgefahr. Seit 1929 wurde dieser
Bereich gemeinsam mit dem Wehrkreisarzt unter Abteilung IVb
wahrgenommen und blieb bis 1943 in dieser organisatorischen
Zuordnung.
Unterabteilung VI
Alle im Gebiet des Veterinärdienstes
anfallenden Aufgaben, wie die Verwaltung der Pferdebestände, der
Pferdelazarette und der Schmieden sowie die Versorgung der
Pferde, wurden von Unterabteilung VI wahrgenommen. Die
Behandlung von Pferden im Krankheitsfall und die Organisation
der Quarantäne waren weitere Aufgaben, die - ebenso wie die
zuvor genannten Bereiche - 1929 bis 1945 von der Abteilung IVc
koordiniert wurden.
Unterabteilung
"Konach"
Hauptaufgaben des Kommandeurs
der Nachrichtentruppen ("Konach") waren die Personal- und
Organisationsangelegenheiten der Nachrichtentruppen. Außerdem
gehörte zu den Bereichen dieser Abteilung die Überwachung und
Koordinierung von Einsätzen und der Kontakt zu den Postbehörden.
1929 führte die Abteilung die Bezeichnung "Stonach"
(Stabsoffizier für das Nachrichtenwesen) und 1943 wieder
"Kommandeur der Nachrichtentruppen im Wehrkreis IV".
Unterabteilungen "Kokraft" und "Kofl"
Diese beiden Unterabteilungen des
Quartiermeisters nahmen ähnliche Aufgaben wie die "Konach" wahr,
jedoch mit der Zuständigkeit für die Kraftfahrtruppen
("Kokraft") und die Fliegerverbände ("Kofl"). Der Kommandeur der
Fliegerverbände ist - anders als der Stabsoffizier der
Kraftfahrtruppen (Stokraft) - im Geschäftseinteilungsplan von
1929 nicht nachweisbar. Ähnliche Abteilungen bestanden jedoch
1929 für die Infanterie, Artillerie, Pioniere und die
Fahrtruppen. In den Organisationsunterlagen der letzten Jahre
des Zweiten Weltkrieges finden sich keine Angaben zu diesen
Abteilungen.
Anmerkungen:
[1] PHD 1 Jahrg. 1919 (amtliche Druckschriften
des Bundesarchiv-Militärarchivs, Armeeverordnungsblatt
387/19)
[2] Vgl. Anlage 3 (siehe
Überlieferungsverweis)
[3] BA-MA RH 53-4/
318 (Geschäftseinteilung des Wehrkreiskommandos IV, Stand: 18.
Oktober 1919)
[4] BA-MA RH 53-4/ 336
(Geschäftseinteilung des Wehrkreiskommandos IV, Stand: Februar
1920)
[5] Vgl. Anlage 2 (siehe
Überlieferungsverweis)
[6] BA-MA RH 53-4/
23 (Geschäftseinteilung des stellvertretenden Generalkommandos
IV. Armeekorps, Stand: 15. September 1941)
[7] BA-MA RH 53-4/ 24 (Geschäftseinteilung des
stellvertretenden Generalkommandos IV. Armeekorps, Stand: 15.
Juni 1943)
[8] Vgl. Anlage 1 (siehe
Überlieferungsverweis)
[9] Vgl. Anlage 2
(siehe Überlieferungsverweis)
Inhaltliche
Charakterisierung: Der Bestand hat ein hohes Maß an Bedeutung
für die militärgeschichtliche Forschung, da es weder eine
vergleichbare Überlieferung zu den übrigen für den Zeitraum 1919
bis 1945 bestehenden Wehrkreise gibt, noch sonst Unterlagen auf
dieser Verwaltungsebene über die Heeresreduzierung im Zuge der
Versailler Bestimmungen existieren.
Die
überlieferten Stammtafeln sind nicht der Personalabteilung
zugeordnet. Da sie nicht im Wehrkreiskommando IV entstanden sind
und sich lediglich inhaltlich auf diese Dienststelle beziehen,
wurden sie gesondert an den Beginn der Klassifikation gestellt.
Sie bieten trotz des Fehlens eines genauen Datums Aufschluss
über die dem Wehrkreis IV nachgeordneten Truppen und
Verbände.
Die Führungsabteilung Ia
befasste sich mit den Grundsatzfragen der Aufstellung der
sächsischen Teile der Reichswehr in den in Punkt I beschriebenen
Phasen der Umformierung. Weiterhin finden sich bei den
operativen Einsätzen Unterlagen zu Unruhen, Streiks und
Putsch-Versuchen im Reich. Gesondert erwähnt werden der
Kapp-Putsch in Berlin, zu dem hauptsächlich Berichte von
Reichswehrtruppen und der Polizei vorhanden sind, und der
Märzaufstand unter Max Hoelz in Westsachsen. Seitens der
Reichswehr wurden Richtlinien für das Vorgehen bei solchen
Unruhen erlassen, die sich ebenso in der Überlieferung finden
wie die Einsätze der sächsischen Reichswehrtruppen. Ferner sind
Einsätze von Freiwilligenverbänden, Einwohnerwehren und der
Hilfspolizei dokumentiert.
Unter dem
Klassifikationspunkt "Presse und Fürsorge" finden sich
Zeitungsverbote in Sachsen und Preußen sowie
Zeitungsausschnittsammlungen zu Angriffen gegen die Reichswehr
seitens der Tagespresse.
Die
Führungsabteilung war überdies zuständig für die gesamten
Transportangelegenheiten der Truppen, wozu auch Bahn- und
Wasserschutz gehörten. Darunter ist die Sicherung sämtlicher
Bahn- und Wasserwege bei Truppentransporten zu verstehen. Neben
Kartenmaterial findet sich die konkrete Sicherung durch z.B. den
Reichswasserschutz und die Bahnhofs- und Linienkommandanturen.
Der Transport der Truppen steht in engem Zusammenhang mit den
Einsätzen von Reichswehrverbänden bei inneren Unruhen. Daher
finden sich bei den Unterlagen des Transportwesens auch Befehle
und Richtlinien für Einsätze bei Unruhen und Streiks.
Einen besonderen Punkt stellen die
militärgeografischen Angaben dar. Die Mil.Geo. [10] bildete in
der Organisationsstruktur des Wehrkreiskommandos IV im Dritten
Reich eine eigene Abteilung. Über das genaue Datum der
Errichtung lassen sich keine Angaben machen, da für den Zeitraum
zwischen 1929 und 1941 keine Organisationsunterlagen vorhanden
sind. Weil es sich um Unterlagen handelt, die sich auf die
militärische Nutzung von Straßen, Gleisanlagen und Wasserstraßen
beziehen, wurden sie den Transportunterlagen zugeordnet.
Der Führungsabteilung nachgeordnet war das
Äußere Nachrichtenwesen, dessen Aufgabe die Berichterstattung
über die politische, militärische und wirtschaftliche Lage auf
nationaler und internationaler Ebene war. Neben der Überwachung
von Arbeiterzusammenschlüssen und der Heeresfriedenskommission,
die zur Überwachung der Abrüstung in Deutschland durch die
Siegermächte eingerichtet wurde, sind Berichte der
Truppenverbände im Wehrkreis IV und der Geheimen Staatspolizei
(1934/35) vorhanden.
Obwohl der
Versailler Vertrag festlegte, dass alle Wehrschulen geschlossen
und die Allgemeine Wehrpflicht abgeschafft werden musste, finden
sich für die Zeit der Vorläufigen Reichswehr - und vereinzelt
auch später - Ausbildungsunterlagen. Überliefert sind
Ausbildungspläne, Unterrichtsmitschriften und praktische Übungen
sowie allgemeine Ausbildungs- und Unterrichtsangelegenheiten
einzelner Standorte des Wehrkreises IV.
In den späten Jahren der Weimarer Republik und der Zeit des
Dritten Reiches wurde nicht nur der Verwaltungsapparat des
Reichsheeres und der Wehrmacht ausgebaut, sondern auch die
Ausbildung verstärkt vorangetrieben. Mit Wiedereinführung der
Allgemeinen Wehrpflicht nahm auch die Ausbildungstätigkeit im
Wehrkreis IV weiter zu. Die hierfür errichtete Abteilung Id nahm
mit der Abteilung Ia Offizier-, Unteroffizier- und
Mannschaftsausbildung wahr. Trotz der großen Aktenverluste für
die Zeit 1923 bis 1945 sind einige Unterlagen zur Offizier- und
Führergehilfenausbildung überliefert.
Die
erhalten gebliebenen Unterlagen der Organisationsabteilung Ib
bieten Informationen zur Organisationsstruktur der
Truppenverbände und der Liegenschaftsverwaltung. Zu letzterem
ist die Verwaltung des Hauptquartiers (Innerer Dienst) und der
Truppenübungsplätze überliefert. Schwerpunkt bildet jedoch die
Organisation des Übergangsheeres und des 100 000 Mann Heeres.
Außer Organisationsverfügungen und dem Aufbau der
Reichswehrtruppen liegen Unterlagen zu
Zeitfreiwilligenverbänden, der Technischen Nothilfe,
Einwohnerwehren und Freikorps vor. Für das Jahr 1934 existieren
Namenslisten von Ergänzungsführern v.a. des
Grenzabschnittskommandos 34.
Die
Reduzierung der Reichswehr brachte nicht nur organisatorische
Veränderungen sondern auch zahlreiche Versetzungen und
Entlassungen auf personeller Ebene. Für die grundsätzlichen
Personalangelegenheiten und die Personalreduzierung auf der
Ebene der Offiziere war die Abteilung IIa zuständig. Eine
Hauptaufgabe war die Organisation und Koordination von
Versetzungen, Kommandierungen und Entlassungen. Letzteres hatte
Beschwerden der Offiziere zur Folge, die gemeinsam mit der
Heeresreduzierung dokumentiert sind.
Ein
weiterer Aufgabenschwerpunkt stellt die Verleihung von Orden und
Auszeichnungen, hauptsächlich des Eisernen Kreuzes I. und II.
Klasse, dar. Als Arbeits- und Entscheidungsgrundlage für die
Personalverwaltung sind Tagesbefehle und Verordnungen des
Wehrkreiskommandos IV überliefert.
Die
gesamte Kassen- und Personalkostenverwaltung nahm die Abteilung
IV für wirtschaftliche Angelegenheiten wahr. Neben der
Versorgung und Besoldung der Truppen finden sich Sonderzulagen
wie Bekleidungssicherungsgeld und Wohnungsgeldzuschuss in den
Unterlagen. Außerdem lag die Verantwortung für das
Kassenhauptbuch in den Händen dieser Abteilung.
In der Geschäftseinteilung vom November 1919
nimmt der Quartiermeister eine zentrale Stelle bei dem
Wehrkreiskommando ein. Die ihm nachgeordneten Unterabteilungen,
von denen Unterlagen überliefert sind, werden nachfolgend näher
erläutert:
Die Unterabteilungen IIb und
IIc hatten als Hauptaufgaben die Personalangelegenheiten der
Unteroffiziere und Mannschaften sowie die Wohlfahrt und Fürsorge
für die Soldaten. Überliefert sind jedoch ausschließlich
Beförderungen, Versetzungen und Entlassungen von Unteroffizieren
und Mannschaften allgemein und im speziellen Fall von
Musikmeistern und Feuerwerkern. Weiterhin sind die Wahlen und
der Einsatz von Vertrauensleuten dokumentiert.
Die Anwerbung und die Verwendung von Freiwilligenverbänden
sind Inhalt der vorhandenen Akten der Unterabteilung
Werbung.
Die Aufgaben der Unterabteilung
IV (Sanitätsangelegenheiten) sind aufgrund der Aktenverluste im
Zweiten Weltkrieg mit nur einer Archivalieneinheit (AE)
dokumentiert. Diese Akte enthält jedoch ein Abgabeverzeichnis
der an das Krankenbuchlager abgegebenen Unterlagen, so dass
zumindest nachvollziehbar ist, welche Aufgaben die
Unterabteilung IV tatsächlich wahrgenommen hat.
Für den Bereich des Veterinärdienstes ist die
Überlieferungslage besser. Bei der Unterabteilung VI finden sich
nicht nur Organisationsunterlagen und Befehle für das
Veterinärwesen, sondern auch Personalunterlagen der Mitarbeiter
der Abteilung VI. Von den Fachaufgaben sind die Verwaltung der
Pferdebestände und der veterinärmedizinische Bereich für die
Jahre 1919 bis 1921 überliefert. Schwerpunkt für die
Pferdeverwaltung war in diesen Jahren die Reduzierung der
Pferdebestände durch Verleih und Verkauf; im medizinischen
Bereich war es die Behandlung von Pferdekrankheiten und
Pferdeseuchen.
Die Unterabteilung Konach,
die für die Personalverwaltung und Überwachung der Tätigkeit der
Nachrichtentruppen zuständig war, ist ausschließlich mit
Personalangelegenheiten der Offiziere und Mannschaften und der
Materialbeschaffung vertreten.
Abschließend soll die Wehrkreisverwaltung für die Jahre
1941 bis 1945 Erwähnung finden. Diese existierte als
eigenständige Dienststelle und findet sich organisatorisch unter
dem Quartiermeister. Überliefert sind lediglich drei AE, die
sich mit der Beschaffung von Uniformen für den Volkssturm und
dem Befehl über den "Beamten-Feldersatz OKH"
befassen.
Erschließungszustand:
Online-Findbuch
Vorarchivische Ordnung:
Die Archivalien des Bestandes "Wehrkreiskommando IV" stammen aus
der damaligen Zweigstelle des Reichsarchivs in Dresden. Diese
Zweigstelle erhielt 1937 die Bezeichnung Heeresarchiv Dresden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmten
sowjetische Truppen große Teile des erhalten gebliebenen
Archivgutes und verbrachten sie in die Sowjetunion, wo man sie
in der Peter-und-Paul-Festung in St. Petersburg aufbewahrte.
1955 fand schließlich die Archivalienrückgabe statt. Gemeinsam
mit anderen Beständen gelangte die Überlieferung des
"Reichswehrbestandes Sachsen" in das Militärarchiv der DDR nach
Potsdam. Der Bestand war im Zuge der häufigen Umlagerungen nur
noch schwer benutzbar war und wurde 1972 restauratorisch
bearbeitet. Wie anhand eines im Bundesarchiv-Militärarchiv
vorhandenen Findmittels feststellt werden konnte, befand sich
ein zweiter Teil bis zu der Rückgabe an das
Bundesarchiv-Militärarchiv in den sechziger Jahren in den Händen
der USA, die ihn nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt und in
die Vereinigten Staaten verbracht hatten.
Eine Erklärung für die enorme Überlieferungslücke zwischen
1921 und 1935 bieten die im Bestand enthalten Abgabelisten [11].
In einem Schreiben der Zweigstelle des Reichsarchivs Dresden
wird der 1. Januar 1921 als Stichtag für sämtliche Abgaben
festgesetzt. Selbst 1929 ging man bei einer Ablieferung noch von
diesem Datum aus, was zur Folge hatte, dass nur die Akten, die
vor dem 1. Januar 1921 angelegt und für den Dienstgebrauch nicht
mehr benötigt wurden, auch tatsächlich in die Zweigstelle
gebracht werden konnten. Inwieweit noch Abgaben an das
Reichsarchiv vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges stattfanden,
kann anhand dieses Aktenbestandes nicht belegt werden.
Archivische Bearbeitung
Im Bundesarchiv-Militärarchiv wurde der von den
US-Amerikanern zurückgegebene Überlieferungsteil in einem
Findbuch erfasst. Jedoch ging man dabei über eine grobe
Erschließung nicht hinaus. Wann die erste Erfassung der 68 Akten
stattfand, ist im Findmittel nicht vermerkt.
Für die DDR-Überlieferung konnte festgestellt werden, dass
zwar 1972 eine Restaurierung an den Akten durchgeführt wurde,
ein Findmittel jedoch nicht zur Verfügung stand. Möglicherweise
wurde dennoch eine Art Ersterfassung der Überlieferung
durchgeführt, denn auf den Einbänden der einzelnen AE finden
sich Beschriftungen, die den Inhalt der jeweiligen Akte grob
umreißen.
Die beiden vorhandenen
Überlieferungen aus dem Militärarchiv der DDR und dem
Bundesarchiv - Militärarchiv wurden im vorliegenden Findbuch
zusammengeführt. Dabei wurden die 555 Archivalieneinheiten der
DDR-Überlieferung in den Bestand RH 53-4 eingegliedert. Diese
Unterlagen trugen ehemals die Signaturen R 4391 - 4985. Während
der Verzeichnung wurden Sprünge in den Signaturen festgestellt,
die darauf schließen lassen, dass im Militärarchivs der DDR
vermutlich 51 AE vernichtet wurden. Der Schwerpunkt der
Überlieferung des Wehrkreiskommandos IV findet sich in den
Anfangsjahren der Weimarer Republik bis etwa 1921. Die für
diesen Zeitraum vorhandenen 554 Akten waren ausschlaggebend für
die Entscheidung, die Klassifikation an die
Organisationsstruktur der Behörde vom 5. November 1919 [12]
anzulehnen. Die verbleibenden 69 AE aus der Zeit 1933 bis 1945
wurde in die Klassifikation integriert. Einzelne
Klassifikationspunkte wie die Abteilung Ia/Id Ausbildung, die
vermutlich erst ab 1929 existierte, wurden erweiternd
eingefügt.
Zitierweise: BArch RH
53-4/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch RH 53-4
- Extent
-
701 Aufbewahrungseinheiten; 1,2 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Reichswehr und Wehrmacht 1919 bis 1945/1946 >> Reichsheer und Heer >> Wehrkreiskommandos
- Related materials
-
Fremde Archive: Weitere Unterlagen (etwa 4 Boxen) im Militärhistorisches Archiv Prag (Vojensky historicky archiv, ul. pamutniku 2, Prag CZ).
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: RH 37 Stäbe, Verbände und Einheiten der Infanterie
RH 38 Stäbe, Verbände und Einheiten der Landesschützen und Sicherungstruppen
RH 69 Verbände und Einheiten der vorläufigen Reichswehr und des Übergangsheeres
Amtliche Druckschriften: RHD 49 Wehrkreiskommandos
Literatur: Absolon, Rudolf: Wehrgesetz und Wehrdienst 1935 - 1945. Das Personalwesen in der Wehrmacht. Boppard am Rhein 1960
Gaertner, Franz von: Die Reichswehr in der Weimarer Republik. Darmstadt 1969
Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): Handbuch zur deutschen Militärgeschichte 1948-1939. München 1979
Neugebauer, Karl-Volker (Hrsg.): Grundzüge der deutschen Militärgeschichte. Band 1: Historischer Überblick. Freiburg 1993
Reinicke, Adolf: Reichsheer 1921-1943. Osnabrück 1986
Schwadlo-Gesterding, Joachim: Das Reichsheer. Bonn 1966
Semler, Paul: Wehrgesetz vom 23. März 1921. Berlin 1921
Tessin, Georg: Deutsche Verbände und Truppen 1918-1939. Altes Heer, Freiwilligenverbände, Reichswehr, Heer, Luftwaffe und Landespolizei. Osnabrück 1974
Tessin, Georg: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-1945. Bd. 16: Verzeichnis der Friedensgarnisonen 1932-1939 und Stationierungen im Kriege 1939-1945. Teil 1: Wehrkreise I-VI. Osnabrück 1996
Thomée, Gerhard: Der Wiederaufstieg des Deutschen Heeres 1918-1938. Berlin 1939
- Provenance
-
Wehrkreiskommando IV (Dresden), 1924-1945
- Date of creation of holding
-
1924-1945
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
01.05.2024, 5:43 AM CEST
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Associated
- Wehrkreiskommando IV (Dresden), 1924-1945
Time of origin
- 1924-1945