Bestand

Lippische Regierung - Militärdepartement und -kollegium (Bestand)

Bundesmilitärsachen, Militärbehörden 1852-1867 (11); Organisation und Aufstellung des Bundeskontingents 1807-1881 (380); Montierung 1807-1905 (140); Militärischer Dienst 1807-1898 (135); Medizinische Versorgung, Unterstützungen, Pensionen 1807-1881 (90); Militärgericht und Aufsicht, Heiratskonsense 1791-1887 (220); Deserteure 1807-1865 (77); Landwehr, Landsturm 1813-1851 (13); Rechnungswesen 1807-1886 (130).

Bestandsgeschichte: Registratur des Militärdepartements der Regierung 1815-1825 neu formiert; 1854 die militärischen Aufgaben dem neu gegründeten Militärkollegium übertragen; 1867 Übergang der Militärhoheit an den Norddeutschen Bund.

Form und Inhalt: Vorbemerkung

1697 wurde in Lippe beschlossen, von nun an in Kriegs- und Friedenszeiten ständig Militär zu halten, zumeist 1 - 3 Kompanien mit ca. 120 - 200 Mann, die in Kriegszeiten ggfs. verstärkt wurden (Näheres dazu siehe bei Wolfgang Benders Vorbemerkung zum Bestand L 40 / Militärakten). In Friedenszeiten war das lippische Militär auf die wenigen Städte und einige Burgen der Grafschaft verteilt und versah dort den militärischen Aufsichtsdienst bei den zahllosen ausländischen Werbungen, Durchmärschen und Einquartierungen. Als ranghöchster Offizier, der in Personalunion auch Landhauptmann und Kommandant der Residenz war, fungierte im 18. Jahrhundert ein Major bzw. ein Oberst.

Mit dem Beitritt zum Rheinbund 1807 wurde Lippe verpflichtet, ein Kontingent von 560, später 620 Mann zu halten, deren Zahl während der napoleonischen Kriege auf bis zu 1000 anwuchs. Die Teilnahme an diesen Feldzügen forderte zahlreiche Todesopfer.

Im Deutschen Bund nach 1815 regelte sich die Stärke des lippischen Bataillons nach der Bundes-Kriegsverfassung (677 Mann). Im 19. Jahrhundert lehnte sich Lippe militärisch eng an Preußen an (regelmäßige Inspizierung des Bataillons durch einen preußischen General, Übernahme der preußischen "Kriegsartikel", Ausbildung der lippischen Offiziersaspiranten an der Divisionsschule Münster, Aus- und Weiterbildung lippischer Offiziere in preußischen Truppenteilen).

Am 26. Juni 1867 schlossen Lippe und Preußen eine Militärkonvention, nach der das bis dahin bestehende Füsilier-Bataillon Lippe aufgelöst und die noch Wehrpflichtigen in das III. (Füsilier-) Bataillon des preußischen Inf.-Regt. No. 55 (6. Westfälisches) Graf Bülow von Dennewitz aufgenommen wurden. Untergebracht (es "garnisonierte") war das Regiment in dem 1833 fertiggestellten später als Kaserne I bezeichneten neuen Militärgebäude an der Leopoldstraße, an der Stelle der heutigen Bezirksregierung in Detmold (siehe Riechert/Ruppert, S. 34ff.); bis dahin hatten für das lippische Militär die Räumlichkeiten der Schlosswache genügen müssen (exerziert wurde auf dem Schlossplatz, heutzutage manchmal fälschlicherweise als Schlosspark bezeichnet). - Die lippischen Offiziere wurden in verschiedene preußische Regimenter versetzt, einige von ihnen in das Inf.-Regt. 55.

* * *
1854 wurde in Lippe anstelle des bisherigen Militärdepartements der Regierung (jedes Mitglied des Regierungskollegiums hatte verschiedene Sachgebiete zu bearbeiten) das Militär-Kollegium eingerichtet (siehe L 77 C I Fach 19 Nr. 4; L 75, VIII. Abt. 1 a Nr. 1; Landesverordnungen Bd. 9, S. 46). Es bestand aus dem Bataillonskommandeur, einem Regierungsrat und einem Hauptmann und war der militärische Berater der Regierung. Für das Kollegium wurde ein eigener Aktuar und Registrator angestellt (L 75, VIII. Abt. 1 a Nr. 3), mithin auch ein eigener Aktenbestand gebildet, dessen Laufzeit im wesentlichen (*) bis zur oben erwähnten Militärkonvention reicht. Zum 31.12.1867 wurde das Militär-Kollegium aufgelöst (L 75 w.o. / Landesverordnungen Bd. 14, S. 536).

Der Bestand L 77 C enthält im wesentlichen die bei der lippischen Regierung bzw. beim Militärkollegium geführten Militärakten seit der napoleonischen Zeit. Ältere Militärakten der lippischen Regierung wurden Ende des 18. Jh. von Johann Ludwig Knoch als Bestand "Militaria" zusammengestellt und 2007 von Wolfgang Bender neu verzeichnet (L 40). Militärakten der Regierung, hauptsächlich vor 1854, sind auch im Bestand L 77 A, Gliederungspunkt 6/Militärwesen verblieben. Daneben befinden sich einschlägige Unterlagen bei der Rentkammer (L 92 A, Gliederungspunkt 15/Militär - u.a. Zu- und Abgänge sowie 58 Bände "Tractaments- und Löhnungslisten" 1648-1818). Für die Zeit ab 2. Hälfte des 19. Jh. wird auf den Bestand L 79 verwiesen.

Bei der vorliegenden Datei handelt es sich um die fast wortgetreue Abschrift (in modernisierter Rechtschreibung) eines maschinenschriftlichen Findbuchs/Aktenrepertoriums vom Beginn des 20. Jh., nicht um eine aktuelle archivarische Verzeichnung. Besonders der in der Literatur bereits intensiv ausgewertete Abschnitt über die für das lippische Kulturleben bedeutende Militärmusik** hätte eine genauere Erschließung verdient.

Hingewiesen sei zum Schluss noch auf die zahlreichen in dem Bestand enthaltenen prosopographischen und genealogischen Informationen; manch ein "verschwundener" lippischer Auswanderer wird sich wohl bei den Refraktären (Refractairs, widerspenstige/nicht zur Musterung erschienene Konskribierte) finden lassen.

Detmold, im Februar 2012

gez. Arno Schwinger

(*) Einzele Akten(gruppen) wurden aber auch bis weit danach fortgeführt, z.B. Truppenübungen/1881, Einquartierungen/1898, Militärgericht/1887, Verabschiedung nach zweijähriger Dienstzeit/1887, Pulverhaus im Tiergarten/1905.



Literatur
Hans von Dewall, Kurzer Abriß der lippischen Militärgeschichte, in: Lippische Mitteilungen 31 (1962), S. 81-112.

Richard Müller-Dombois, Die Fürstlich Lippische Hofkapelle. Regensburg 1972.**

Hansjörg Riechert / Andreas Ruppert, Militär und Rüstung in der Region. Lippe 1914 - 1945. Bielefeld 2001.

Bestandssignatur
L 77 C
Umfang
517 Kartons = ca. 1200 Archivbände 1971-1905. - Findbuch: L 77 C.
Sprache der Unterlagen
German

Kontext
Landesarchiv NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe (Archivtektonik) >> 1. Landesarchiv NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe >> 1.1. Land Lippe (bis 1947) >> 1.1.2. Verwaltung, Justiz >> 1.1.2.2. Allgemeine und innere Verwaltung >> 1.1.2.2.2. Regierung
Verwandte Bestände und Literatur
Dewall, Hans von, Kurzer Abriss der lippischen Militärgeschichte, in: Lippische Mitteilungen, 31 (1962), S. 81-112; Riechert, Hansjörg / Ruppert, Andreas, Militär und Rüstung in der Region: Lippe 1914-1945, Bielefeld 2001.

Bestandslaufzeit
1791-1905

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Letzte Aktualisierung
23.06.2025, 08:11 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1791-1905

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