Malerei

Die Schloßfreiheit in Berlin

Corinth hat in ungestümer Pinselschrift einen schrägen Blick über die Spree hinweg auf die Westseite des Schlosses, zur Schloßfreiheit hin, erfasst: Die Bewohner der bis 1895 hier befindlichen Bürgerhäuser hatten ursprünglich Steuerfreiheit genossen (vgl. Eduard Gaertners „Ansicht der Rückfront der Häuser an der Schloßfreiheit“, 1855, NG 7/93). Nun nahm diesen Platz das monumentale Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. (1895–1897) von Reinhold Begas ein, von dem man den mächtigen, weit in die Spree hineinragenden Unterbau erkennen kann und die weiß schimmernde Rückseite der Reitergruppe. Das berühmte barocke Eosanderportal verschwindet dahinter. Bekrönt wird die Darstellung von der durch Friedrich August Stüler von 1845 bis 1853 über der Schlosskapelle errichteten Kuppel. Der nach der Revolution von 1918 seines ursprünglichen Zwecks beraubte Schlossbau ist nurmehr ein monumentales Architekturdenkmal, ein bildfüllendes Motiv. Die Denkmalfigur auf hohem Sockel rechts unten im Bild übernimmt die Rolle der sinnenden Betrachterfigur, eine Rückenfigur, wie sie in der Malerei der deutschen Romantik vielfach vorkommt. Es handelt sich um eine der drei großen Bronzestatuen (Karl Friedrich Schinkel, Christian Peter Wilhelm Beuth, Albrecht Daniel Thaer) auf dem Schinkelplatz am diesseitigen Ufer. Corinth empfand den Untergang des vermeintlich fest gefügten Kaiserreichs als gesellschaftliche und persönliche Bedrohung. Im Dezember 1922 formulierte er: „[…] mir ist der Boden unter den Füßen entzogen. Ich schwebe in der Luft“ (Lovis Corinth, Selbstbiographie, Leipzig 1926, S. 161). Eine Lithografie aus demselben Jahr wiederholt das Motiv. | Angelika Wesenberg

Vorderseite | Fotograf*in: Jörg P. Anders

Public Domain Mark 1.0 Universal

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Location
Neue Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin, BerlinDeutschland, BerlinDeutschland
Inventory number
B 123
Measurements
Rahmenmaß: 126 x 101 x 6 cm
Höhe x Breite: 104 x 79 cm
Material/Technique
Öl auf Leinwand

Event
Eigentumswechsel
(description)
1955 Ankauf von der Galerie Grosshenning, Düsseldorf, durch das Land Berlin mit Mitteln der Deutschen Klassenlotterie für die Galerie des 20. Jahrhunderts (West)
Event
Herstellung
(who)
(where)
Berlin
(when)
1923

Last update
14.04.2025, 8:09 AM CEST

Data provider

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Object type

  • Malerei

Associated

Time of origin

  • 1923

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