Bestand

Reichsministerium der Auswärtigen Angelegenheiten (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners: Das Ministerium gehörte zu den ersten, die der Reichsverweser vor der Abreise nach Wien am 15. Juli 1848 "zur Führung der wichtigsten Geschäftszweige" als erforderlich bezeichnete. Die Zuständigkeit war auf die politischen Beziehungen zu den europäischen Staaten und von den außereuropäischen Ländern zu den Vereinigten Staaten und Bolivien, auf die Kommerzialpolitik, insbesondere die auswärtigen Handels- und Schifffahrtsverhältnisse, auf die ausländische Zollgesetzgebung und die Beobachtung von staatsgefährdenden Bewegungen im Ausland gegen Deutschland ausgerichtet. Zu den Aufgaben zählten Auswanderungen, Passwesen sowie Unterstützung der Privatangelegenheiten von Deutschen im Ausland und von Ausländern in Deutschland. Dem Minister unterstellt waren die diplomatischen Vertretungen und der Reichskommissar für die Herzogtümer Holstein, Schleswig und Lauenburg.

Zwei Unterstaatssekretäre, der Abgeordnete Maximilian von Gagern (seit 5. August 1848) und der frühere hessische Gesandte in Wien, Ludwig von Biegeleben (seit 9. August 1848), standen dem Minister zu Seite. Sie verzichteten auf die Mitarbeit am 10. Mai 1849; von Biegeleben amtierte bis 16. Mai kommissarisch. Die Tätigkeit des Ministeriums endete mit der Einrichtung der Bundeszentralkommission im Dezember 1849.

Das aktive Gesandtschaftsrecht der Zentralgewalt übten ständige Gesandte, Geschäftsträger und Sonder- bzw. Notifikationsgesandte aus. In Brüssel und Washington waren ständige Gesandte, in Bern, Kopenhagen und Paris Geschäftsträger eingesetzt. Eine wichtige Aufgabe übertrug die Zentralgewalt dem Abgeordneten und preußischen Gesandten in London Karl Christian Bunsen als Sondergesandten bei den Friedensverhandlungen mit Dänemark in London. Zu Notifikationen wurden Gesandte nach Athen, Florenz, Gaëta, Rom, Stockholm und Turin beauftragt. Akkreditiert bei der Zentralgewalt waren Diplomaten aus Belgien, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Russland, Sardinien, Sizilien und den Vereinigten Staaten.

Bestandsbeschreibung: Bestandsgeschichte:

Die Registratur des Ministeriums übernahm am 20. Dezember 1849 die Bundeszentralkommission. Mit der Leitung der Schriftgutverwaltung betraute sie Johann Daniel Leutheußer, den früheren Registrator der Bundesversammlung, der zuletzt in dieser Position im Reichsministerium des Innern tätig gewesen war. Die Akten wurden im wesentlichen dem Zentralbüro der Bundeszentralkommission zur Verfügung gestellt, ein Teil der Akten wurde der Abteilung für die Verhältnisse im Ausland übergeben.

Die nach dem Betreffprinzip vorgenommene Aufteilung der Registratur wurde weitergeführt, als die Bundeszentralkommission die Tätigkeit am 5. Juni 1850 einstellte. Die Akten gelangten in die Verwaltung der Bundesversammlung, die sich am 2. September 1850 neu konstituierte. Nach Betreffen wurden die vorhandenen Registraturen der Reichsministerien zusammen mit denen der Abteilungen der Bundeszentralkommission in die Registratur der Bundeskanzleidirektion übernommen.

Die gemäß Prager Frieden vom 23. August 1866 eingesetzte Kommission behufs Auseinandersetzung des bisherigen Bundeseigentums (Liquidationskommission) entschied in der Sitzung am 30. Januar 1867, das Schriftgut "mit Einschluß des Archivs der Nationalversammlung von 1848, der Regierung des Reichsverwesers und der Zentralkommission" der Stadtbibliothek Frankfurt am Main zu übergeben. Die seit Juli 1867 gesondert aufgestellten Bestände konnten von den früheren bundesstaatlichen Regierungen und von Forschern mit Genehmigung der preußischen Archivverwaltung benutzt werden.

Als eine der Aufgaben wurde die Zuständigkeit für die Bestände der Provisorischen Zentralgewalt der 1925 gegründeten Abteilung Frankfurt des Reichsarchivs übertragen.

Nach der kriegsbedingten Auslagerung betraute der hessische Kultusminister im Sommer 1947 das Stadtarchiv Frankfurt am Main mit der treuhänderischen Verwaltung. 1953 übernahm das Bundesarchivs die Bestände.

Archivische Bewertung und Bearbeitung:

Für die Verwaltung des Schriftgutes hatte der erste Reichsminister der Auswärtigen Angelegenheiten und des Innern, von Schmerling, eine Zentralregistratur vorgesehen, die der Reichskanzlei unterstehen sollte. In der Praxis war jedoch diese nur für die Akten dieser beiden Ministerien zuständig. Am 15. August 1848 löste der Reichsministerpräsident die Reichskanzlei auf.

Die Registraturen der einzelnen Ministerien entstanden August und September 1848. Zwar hatten die Vorarbeiten bereits in der zweiten Hälfte August begonnen, der Rücktritt des Gesamtreichsministeriums im Zusammenhang mit dem Konflikt über den Waffenstillstand von Malmö hatte eine planmäßige Entwicklung der Schriftgutverwaltungen zunächst verhindert. Die Übernahme des Schriftgutes in die Registraturen vollzog sich gleichzeitig mit der geschäftstechnischen Einrichtung der Ministerien selbst. Eine weitere Schwierigkeit ergab sich zum Teil aus dem Mangel an der Berufung von geeigneten Registratoren. Auf diese Weise konnten sich Schriftgutverwaltungen entsprechend den Aufgabenstellungen der ministeriellen Tätigkeit nur allmählich entwickeln. Eingerichtet waren in den Ministerien zunächst zentrale Registraturen.

Im Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten fanden die Vorarbeiten aus der Zeit der Reichskanzlei kaum eine Fortführung. Die Akten wurden ohne Kanzleivermerke nach Länderserien chronologisch abgelegt. Dieses Prinzip galt auch weiterhin; seit dem 30. September 1848 wurden die Eingänge mit Kanzleivermerken und Exhibitennummern versehen. Für die früheren Akten erfolgte eine rückläufige Zählung von Nummer 388 an. Eine Neuordnung der Akten hatte Heinrich von Gagern verfügt, nachdem der bayerische Ministerialrat Wilhelm Weber in einer Denkschrift die Verbesserung der inneren Organisation anregte. Er wurde mit Wirkung vom 15. Februar 1849 in das Ministerium berufen. In den folgenden drei Monaten reorganisierte er die Kanzlei und entwickelte einen Aktenplan. Die Akten wurden in sechs Hauptgruppen gegliedert, die den Abteilungen entsprachen. Nach diesem Plan wurden die seit 1. Januar 1849 eingegangenen Unterlagen neu geordnet.

Nach der Übernahme durch die Bundeskanzleidirektion wurde ein Teil der Akten des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten der Abteilung der Bundeszentralkommission für die Verhältnisse im Ausland zugewiesen.

Die Akten der Reichsministeriums blieben bis nach dem Zweiten Weltkrieg in der Ordnung, wie sie von der Bundeskanzleidirektion nach der Übernahme 1849 angelegt worden war. In der vorläufigen Erschließung von 1936 wurde zwar auf die Bestände unter den Betreffakten hingewiesen, eine Trennung der Provenienzen aber nicht vorgenommen.

Die Ordnungsarbeiten gingen von der zeitaufwendigen Rekonstruktion der ursprünglichen Registraturordnung aus. Für diese Maßnahmen konnten die erhaltenen Aktenrepertorien und die Aktenrotuli zugrunde gelegt werden. Bei der Formierung von Aktenbänden wurde die chronologische Einordnung wiederhergestellt. Die unterschiedlich angelegten Registraturen haben einen beachtlichen Umfang und spiegeln in ihrer Vielfalt die Tätigkeit der Provisorischen Zentralgewalt wider. Verluste sind nicht eingetreten. Die verschiedenen Provenienzen wurden aus den umfangreichen Bänden der Bundeskanzleidirektion und aus ihnen die Bestände der Reichsministerien gebildet. Geordnet sind die Bestände nach dem Sachaktenprinzip.

Inhaltliche Charakterisierung: Organisation, Personal- und Haushaltsangelegenheiten 1833; 1848-1849, Beziehungen zu den deutschen Bundesstaaten und zum Ausland 1715;1721;1800-1850, Allgemeines 1800-1849, Beziehungen zu den Staaten des Deutschen Bundes, Schleswig-Holstein, Dänemark und den Niederlanden 1840; 1846-1849, Beziehungen zu Staaten außerhalb des Deutschen Bundes 1715; 1721; 1842-1849

Erschließungszustand: Publikationsfindbuch (1986), Online-Findbuch (2007)

Zitierweise: BArch DB 53/...

Bestandssignatur
Bundesarchiv, BArch DB 53
Umfang
102 Aufbewahrungseinheiten
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Heiliges Römisches Reich und Deutscher Bund einschließlich Provisorischer Zentralgewalt (1495-1866)

Bestandslaufzeit
1848 - 1849
Provenienz
Reichsministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, 1848-1849

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Letzte Aktualisierung
16.01.2024, 08:43 MEZ

Objekttyp


  • Bestand

Beteiligte


  • Reichsministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, 1848-1849

Entstanden


  • 1848 - 1849

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