Bestand

Best. 98 Mainzer Modell (Bestand)

Form und Inhalt: Das "Mainzer Modell" wurde 1979 federführend von Professor Dr. Wilfried Schlau initiiert. Schlau wurde am 27. April 1917 in Welikij-Ustjug geboren und wuchs in Mitau, der alten Hauptstadt Kurlands auf. Er studierte in Mitau und nach der Umsiedlung 1939 mit Unterbrechungen in Wien und Stuttgart-Hohenheim, promovierte 1952 in Agrarsoziologie und habilitierte sich 1957 für politische Soziologie sowie neuere Sozialgeschichte. Nach Anstellungen in der Erwachsenenbildung und als Geschäftsführer des Ostdeutschen Kulturrates wurde er 1971 ordentlicher Professor für Soziologie an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz in Worms und seit 1979 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Die Idee für das "Mainzer Modell" hatte Schlau bereits Anfang der 1970er Jahre, es ließ sich aber erst nach seiner Berufung an die Johannes Gutenberg-Universität realisieren. Gerichtet war das Angebot an Studenten aller Fachrichtungen, die keine Kenntnisse der polnischen Sprache besaßen. Dabei ging es ihm nicht nur um das Erlernen des Polnischen, sondern auch um ein Kennenlernen der polnischen Geschichte und Kultur. Ziel war es, dies innerhalb eines Jahres ohne Beeinträchtigung des Hauptstudiums umzusetzen. Durch einen Wechsel zwischen studienbegleitenden Phasen und Intensivphasen in der vorlesungsfreien Zeit sollte dies geschehen. Bei der zweiten Intensivphase handelte es sich um einen sechswöchigen Aufenthalt an der Jagiellonen-Universität Krakau, wo die Teilnehmer an einem Sommersprachkurs teilnahmen und durch anschließenden Besuch in polnischen Familien ihre Sprachkenntnisse verbessern sollten. Im Zuge dieser Reise sollten auch die Kenntnisse der polnischen Kultur und Gesellschaft intensiviert werden, die durch Abendvorträge zu geschichtlichen, politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Themen im Vorfeld bereits vermittelt wurden. Auch Filmvorführungen waren Teil des Begleitprogrammes. Den Abschluss bildete eine sowohl mündliche als auch schriftliche Prüfung, bei deren Bestehen der Absolvent ein in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) erstelltes Zertifikat erhielt. Gefördert wurde das Projekt durch den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft sowie den Kultusminister des Landes Rheinland-Pfalz. Für diese Förderung war entscheidend, dass sich der Versuch auch auf andere Sprachen Ostmitteleuropas und an anderen bundesdeutschen Universitäten umsetzen ließ. In drei Jahreslehr-gängen 1980/81, 1981/82 sowie 1982/83 wurde das "Mainzer Modell" mit insgesamt 124 Teilnehmern getestet und wissenschaftlich begleitet, bevor es schließlich auf Beschluss aus dem Jahre 1982 als "Mainzer Polonicum" in das Institut für Slavistik und damit in die Struktur der Johannes Gutenberg-Universität integriert wurde.
Der 1984 gegründete "Arbeitskreis Ostdeutsche Forschungen" sollte die Forschungen zur Geschichte und Kultur der Ostgebiete des Deutschen Reiches und der deutschen Volksgruppen im Osten und insbesondere auch die Erforschung von Verbindungen zwischen Rheinland-Pfalz und Ostdeutschland sowie den ehemaligen Ostgebieten fördern. Auf der zweiten Sitzung wurde Professor Dr. Schlau zum Vorsitzenden gewählt. Die Mitglieder setzten sich sowohl aus unterschiedlichen Universitäten als auch unterschiedlicher Fachrichtungen zusammen. Vertreten waren neben der Geschichte auch die Linguistik, die Theologie und Musikwissenschaft, sodass eine interdisziplinäre Zusammenarbeit er-reicht werden konnte. Mit Ende des Jahres 1992 beschloss der Arbeitskreis auf seiner 30. Sitzung aufgrund einer geänderten Regelung der Finanzierung, seine Tätigkeit als selbständige Einrichtung auf-zugeben und seine interdisziplinäre Zusammenarbeit im Rahmen des Ludwig-Petry-Instituts fortzusetzen.
Der Bestand 98 besteht hauptsächlich aus Unterlagen zu den der Jahreslehrgängen des Mainzer Modells sowie aus Korrespondenz mit den Teilnehmern, mit Vertretern der Jagiellonen-Universität Krakau, deutschen Hochschulen und politischen Stellen. Dazu kommen die ausführlichen Akten der Teil-nehmer, in denen neben den Prüfungsaufgaben auch die persönliche Motivation für die Teilnahme am Modellversuch zu finden ist. Zusätzlich befinden sich darin Fotographien aus Krakau, die vermutlich während eines der Sommerkurse entstanden sind sowie Protokolle und Anträge zum "Arbeitskreis Ostdeutsche Forschungen".
Die Nutzung der Archivalien unterliegt den Bestimmungen des Archivgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz und der Nutzungsordnung des Universitätsarchivs.
Die Archivalien sind mit der Signatur Best. 98/ [lfd. Nr.] zu bestellen und zu zitieren.

Bestandssignatur
98
Umfang
14 Kartons; 1,6 lfm

Kontext
Universitätsarchiv Mainz (Archivtektonik) >> 06 Zentrale und angegliederte Einrichtungen

Bestandslaufzeit
1968-1994

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Letzte Aktualisierung
03.06.2025, 10:11 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1968-1994

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