Bestand

Gräflich Adelmannsches Archiv Hohenstadt: Akten und Amtsbücher (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Seit dem 16. Jahrhundert lag der Schwerpunkt der adelmännischen Besitzungen um Hohenstadt, Neubronn und Schechingen. Während Neubronn 1638 an die Wöllwarth fiel, blieben spätere Zuwächse (Rechberghausen, Anteil an Adelmannsfelden) nur vorübergehender Natur. 1806 wurde die Herrschaft Adelmann von Württemberg mediatisiert. Für nähere Angaben über die Familien- und Besitzgeschichte sei grundsätzlich auf die ausführliche Einleitung von Dr. Norbert Hofmann zum Teilbestand PL 12/I verwiesen.
Der adelmännischen Verwaltung stand spätestens seit dem 16. Jahrhundert ein Vogt vor, der in Hohenstadt residierte. Ebendort befanden sich auch Archiv und Registratur. Die Überlieferung an Lagerbüchern, Güter- und Zehntbeschreibungen und die Schatzungszettel setzt um dieselbe Zeit ein, als mit dem Tod des Balthasar Engelhard von Adelmann im Jahre 1573 Schechingen an die Hauptlinie zurückfiel. Auf die Konzentration der Herrschaft folgte eine Reorganisation der Verwaltung; einen Anhalt dafür bietet unter anderem die Serie von Kopiaren (siehe Bü 892-897), die sich auf dieses Ereignis als Ausgangsdatum bezieht. Einen zweiten großen Einschnitt stellt das vornehmlich auf Entschuldung abzielende Wirken der ritterschaftlichen Güteradministration dar, das der Regierungsübernahme des Joseph Anselm von Adelmann vorausging (1745-1752); ihren Aktivitäten ist deshalb auch ein eigener Klassifikationspunkt gewidmet (siehe 1.5.10). Zu den Mängeln, denen die Administration abhelfen sollte, gehörte der Zustand des adelmännischen Archivs, das in einem Konferenzprotokoll vom September 1746 als "über alle massen confus und in der grösten Unordnung" bezeichnet wird (siehe Bü 905, S. 439/440). Inwieweit die an diese Rüge anknüpfende Agenda, das Schriftgut müsse "der ohnumbgänglichen Nothdurfft nach registrirt, ein vollständiges Repertorium darüber begriffen, und in seine gehörige Ordnung und Richtigkeit gebracht werden", auch tatsächlich umgesetzt worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis. In den folgenden Jahrzehnten (1752-1804/05) jedenfalls schwellte der umtriebige Joseph Anselm die Aktenproduktion in beispielloser Weise auf, eine Folge seiner mannigfachen Beziehungen, seiner Ämter und Würden, seines persönlichen Regulierungs- und Überwachungseifers und nicht zuletzt seiner an Fanatismus streifenden, in einer Vielzahl von Prozessen ihren Niederschlag findenden "Gerechtigkeitsliebe". An dieser exorbitanten, für das administrative Tagesgeschäft bald völlig bedeutungslos gewordenen Hinterlassenschaft setzten wohl schon im 19. Jahrhundert erste Bemühungen um eine Straffung der Überlieferung an, die, weder gründlich durchdacht noch konsequent ausgeführt, schon bald in der schieren Aktenmasse stecken blieben; auch spätere Wiederaufnahmen dieser Ansätze blieben Episode.
Das seinerzeit als "Makulatur" und "Abfall" klassifizierte Material - vor allem Unterlagen aus den Monsterprozessen Joseph Anselms gegen seine Untertanen und gegen Samuel Friedrich von Gültlingen, daneben die ritterkantonale Korrespondenz und partikulares Rechnungsgut - wurde zwar entsprechend be- bzw. misshandelt, blieb aber als chaotischer Wust von Einzelblättern immerhin erhalten. Dank dieser suspendierten Kassation bildet das adelmännische Archiv nach wie vor den exzeptionellen Rang ab, der Joseph Anselm unter allen Trägern des Namens von Adelmann zukommt, aufgrund seiner herausragenden Funktionen im Fürstentum Ellwangen und im Ritterkanton Kocher, seines großen, den Wiener Kaiserhof ebenso wie den Koblenzer Kurhof einschließenden Aktionsradius' und seines unermüdlichen reichspatriotischen und ritterschaftlichen Engagements, das ihn unter die überregional bedeutenden Exponenten des Adels in der Spätphase des Alten Reichs erhebt. Ebenfalls im 19. und 20. Jahrhundert kam es verschiedene Male, ausgehend teils von genealogisch interessierten Familienmitgliedern, teils von heimatgeschichtlich interessiertem Lehrerpersonal, zu Versuchen einer Auswertung des Hohenstadter Archivs. Die Folge waren gravierende Provenienzstörungen, und am Ende dieser Forschungen präsentierten sich die 1950 für unveräußerlich und zu gemeinschaftlichem Familienbesitz erklärten Bestände auf weite Strecken in einem Zustand, der an die zitierte Rüge der Güteradministration aus dem Jahre 1746 gemahnte. Die schon damals dringend empfohlene Ordnung und Repertorisierung wurde nun, nach der Übergabe des Archivs an das Staatsarchiv Ludwigsburg im Zuge eines am 29./31. März 1993 mit der Familie von Adelmann abgeschlossenen Depositalvertrags, zu einer Aufgabe des Landesarchivs.

Inhalt und Bewertung
Nach der Hinterlegung in Ludwigsburg wurde das Adelsarchiv von Adelmann (PL 12) in drei Teilbestände unterteilt; PL 12/I umfasst die Urkunden, PL 12/III den größten Teil der Rechnungen des Archivs. Den Teilbestand der Akten und Amtsbücher (PL 12/II) erschloss zwischen August 2007 und Mai 2009 Dr. Carl-Jochen Müller unter Einsatz von scope im Zuge eines von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg finanzierten Projekts. Eine am 15. Dezember 2008 von Nikolaus Graf Adelmann dem Staatsarchiv Ludwigsburg übergebene Nachlieferung von Schriftgutresten im Umfang von 4,9 Meter Regalmetern verschmolz derselbe Bearbeiter mit PL 12/II bis Mitte März 2010 im Rahmen eines Werkvertrags.
Im knapp bemessenen Zeitrahmen des Projekts ließ der weitgehend desolate Ordnungszustand der Archivalien nur eine relativ flache Erschließung zu. Wo Strukturen vorhanden waren (und das betrifft vor allem den neueren, seit 1840 entstandenen Teil der Überlieferung), wurden sie bewahrt, auch in den Fällen, wo die Formierung der vorgefundenen Einheiten offenkundig nicht originär war, sondern von nachträglichen, vermutlich mit den früheren familiengeschichtlichen Auswertungsversuchen zusammenhängenden Eingriffen herrührte. Der erwähnten Besonderheit einer "suspendierten Kassation" einiger Aktengruppen trägt die Verzeichnung durch entsprechende Hinweise im Enthält-Vermerk Rechnung. Bei den betroffenen, von innerer Desintegration gekennzeichneten Unterlagen hätten Versuche zur Reformation detaillierter sachbezogener Einheiten aus den einzelnen, in der Regel nicht paginierten und zum Teil undatierten Blättern einen arbeitsökonomisch nicht zu rechtfertigenden Zeitaufwand verursacht. Daher fiel die Entscheidung zugunsten einer jahrgangsweisen Strukturierung des einschlägigen Schriftguts.
Im Übrigen aber wurden, wo immer es anging, vormalige Einheiten wiederhergestellt: in einem Fall (nunmehr Bü 1567) tauchten zusammengehörige Einzelblätter verstreut an acht, in einem anderen (nunmehr Bü 39) gar an zwölf verschiedenen Stellen des Bestandes auf.
Fremdarchivalien, die durch Erbgang, Gütererwerb oder aber infolge der erwähnten genealogischen Forschungen in adelmännischen Besitz gelangten, sind als Fremdprovenienzen gesondert ausgewiesen.
Die Klassifikation wurde im Zuge der Verzeichnungsarbeit neu entwickelt. Ihre Dualität von Akten einerseits und Rechnungs- und Registerunterlagen andererseits reagiert auf die Tatsache, dass vor der Aufnahme der Erschließungsarbeiten an PL 12/II mit dem Teilbestand PL 12/III schon ein eigener Rechnungsbestand formiert und erschlossen war. Die Nummerierung von Familienmitgliedern dient der raschen Personenidentifikation. Bei weiblichen Familienmitgliedern, geborenen oder eingeheirateten, werden der eheliche und der Mädchenname angeführt.

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, PL 12 II
Umfang
1999 Büschel (57,9 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Deposita, nichtstaatliche Archive und Nachlässe >> Deposita

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
18.08.20242027, 10:40 MESZ

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