Gemälde

Selbstbildnis

Die am 25. Juli 1721 in der Berliner Nikolaikirche getaufte Malerin stammte aus einer weit verzweigten Künstlerfamilie. Beim Vater, Georg Liszewski, erhielt sie den ersten Unterricht. Mit zwei selbständigen Arbeiten, Konversationsstücken in Watteaus Manier (Die Schaukel und Das Federballspiel, beide Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg), begann Therbusch im Jahr 1741 ihre künstlerische Laufbahn. Auch von den Arbeiten des preußischen Hofmalers Antoine Pesne blieb sie nicht unbeeinflusst. Im Februar 1742 erfolgte die Eheschließung mit Ernst Friedrich Therbusch, dem Besitzer des Gasthofs »Zur weißen Taube« in der Berliner Heiligengeiststraße 21. Nahezu zehn Jahre schulte Therbusch autodidaktisch ihre künstlerischen Fähigkeiten. In dieser Zeit sind auch Farbexperimente zu vermuten, deren Ergebnis eine rote Lackfarbe (»Arcanum «) war, die ihrer Meinung zufolge, nur durch Weiß gehöht, sich vorzüglich für Fleischtöne eignete. Das so entstandene Inkarnatrosa sollte fortan für ihre Bilder kennzeichnend werden. Seit 1761 war die Künstlerin am Hof des Herzogs Karl Eugen von Württemberg in Stuttgart tätig. Im folgenden Jahr wurde sie Ehrenmitglied der neu gegründeten württembergischen Académie des Arts. 1763 erhielt sie ihre Berufung als Hofmalerin Carl Theodors von der Pfalz nach Mannheim. Nach einem kurzen Aufenthalt 1764 in Berlin begab sich Therbusch 1765 nach Paris, wo sie Mitglied der Académie Royale wurde (Aufnahmestück: Abendessen bei Kerzenlicht, Moskau, Puschkin- Museum). Das 1768 in Paris gemalte Porträt des Malers Jacob Philipp Hackert verschaffte ihr außerdem die Aufnahme in die Wiener Akademie. 1768 bis 1770 reiste die Malerin durch die Niederlande. Seit dem Jahr 1770 wieder in Berlin, wurde sie von Friedrich dem Großen mit Aufträgen bedacht, ohne je von ihm als Hofmalerin bestallt zu werden. Nachdem Therbusch 1772 verwitwet war, unterhielt sie seit 1773 gemeinsam mit ihrem Bruder, dem Maler Christian Friedrich Reinhold Lisiewski (Liszewski), ein Atelier an der Straße Unter den Linden. Inzwischen war sie eine gefragte Bildnismalerin. Zu den reifen Werken zählt ihr Berliner Selbstbildnis (nach Küster-Heise 2008 um 1782 entstanden). Die Therbusch präsentiert sich hier als Vestalin neben einem feuergekrönten Dreifuß. Gleichnishaft scheint das strenge Leben einer Priesterin der römischen Göttin des häuslichen Herds auf das eigene mühevolle Dasein als Malerin bezogen. Ihr aus einem Buch aufschauender Blick erinnert an den einer Sibylle. Eindringlich fixiert sie durch ein imposantes Augenglas den Betrachter. In ihrem Todesjahr wiederholte die Künstlerin das Selbstbildnis, welches sie jetzt aber mit einem gemalten Fensterrahmen im Geschmack der von ihren Zeitgenossen geschätzten niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts umgab (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum). Im Jahr 1786 befand sich das Berliner Selbstbildnis in der Kunstsammlung ihres einstigen Schülers, des herzoglichen Intendanten Johann Christian Samuel Gohl, im Berliner Palais des Friedrich August von Braunschweig. Goethes Kunstberater Heinrich Meyer erwähnt das Gemälde in einem Brief vom 8. Juni 1808. Danach kam es als Vermächtnis des Herzogs über Oels in Schlesien nach Weimar (Schloss Belvedere), bevor es aus dem Besitz des Großherzogs von Sachsen-Weimar-Eisenach 1919 in den Kunsthandel gelangte. Es ist eines der bedeutendsten Künstlerbildnisse des 18. Jahrhunderts. | 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 ______________________________ The artist, who was baptised on 25 July, 1721 in the Nikolaikirche in Berlin, came from a widely dispersed family of artists. She received her first instruction as an artist from Georg Liszewski, her father. Therbusch launched her career as an artist in 1741 with two independent works, conversation pieces in Watteau’s manner (The Swing and The Game of Badminton, both Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg). She was also influenced by the Prussian court painter Antoine Pesne. In February 1742, she married Ernst Friedrich Therbusch, the owner of the inn called “Zur weißen Taube”, located at Heiligengeiststrasse 21 in Berlin. For nearly ten years, Therbusch developed her artistic skills as an autodidact. It seems likely that she engaged in experimentation with colour during this period, resulting in the red lacquer colour (“Arcanum”), which was, in her view, well-suited for flesh tones when heightened with white. The resultant pink flesh tone would henceforth become characteristic of her pictures. Beginning in 1761, Therbusch worked as an artist at the court of Duke Karl Eugen von Württemberg in Stuttgart. The following year, she became an honorary member of the newly founded Académie des Arts of Württemberg. In 1763, she was appointed court painter to Carl Theodor von der Pfalz in Mannheim. After a brief stay in Berlin in 1764, Therbusch travelled to Paris in 1765, where she became a member of the Académie Royale (reception piece: Dinner by Candlelight, Moscow, Pushkin Museum). Her portrait of the painter Jacob Philipp Hackert, executed in Paris in 1768, also won her admission to the Wiener Akademie. From 1768 until 1770, she travelled through the Netherlands. Beginning in 1770 she was back in Berlin, where she received commissions from Frederick the Great, without however being appointed court painter by him. Beginning in 1773, after being widowed in 1772, Therbusch operated a studio together with her brother, the painter Christian Friedrich Reinhold Lisiewski (Liszewski), on Unter den Linden. She was now in demand as a portrait painter. The Berlin self-portrait numbers among the mature works (according to Küster-Heise 2008, circa 1782). Therbusch presents herself as a vestal virgin alongside a fire-crowned tripod. The severe life of a priestess of the Roman goddess of the domestic hearth seems to serve as an allegory here for her arduous existence as a painter. As she looks up from her book, her gaze – which is fixed on the beholder through an imposing eyeglass – is reminiscent of a sibyl. In her final year, she repeated this composition, surrounded now however by a painted window frame in the taste of the 17th century Dutch art favoured by her contemporaries (Nuremberg, Germanisches Nationalmuseum). In 1786, the Berlin self-portrait was found in the collection of a former student, the ducal artistic director Johann Christian Samuel Gohl, in the Berlin Palace of Friedrich August von Braunschweig. Heinrich Meyer, who was Goethe’s artistic advisor, mentions the painting in a letter of dated 8 June 1808. Thereafter, it travelled via Oels (Oles´nica) in Silesia to Weimar (Schloss Belvedere) as part of the Duke’s legacy before leaving the possession of the Grand Duke of Sachsen-Weimar-Eisenach and entering the art market in 1919. It is one of the most important 18th-century artist’s self-portraits. | 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019

Gesamtansicht, freigestellt | Fotograf*in: Jörg P. Anders

Public Domain Mark 1.0

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Material/Technik
Leinwand
Maße
Bildmaß: 153,5 x 118 cm
Rahmenaußenmaß: 177 x 140 x 8,5 cm
Standort
Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
1925

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
1924 Schenkung der Kunsthändler Paul Cassirer und Julius Böhler, Berlin
Ereignis
Herstellung
(wer)
Anna Dorothea Therbusch (1721 - 1782), Maler*in
(wo)
Berlin
(wann)
um 1782

Letzte Aktualisierung
02.05.2023, 11:25 MESZ

Objekttyp


  • Gemälde

Beteiligte


  • Anna Dorothea Therbusch (1721 - 1782), Maler*in

Entstanden


  • um 1782

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