Bestand
Rentamt Breuberg (Bestand)
Zur Geschichte der Behörde: Die Herrschaft Breuberg befand sich seit dem 15. Jahrhundert vollständig im Besitz der Grafen von Wertheim. Nach dem Aussterben der Wertheimer Grafen im Jahr 1556 fiel die Hälfte des Besitzes über Erbgang an die Grafen von Erbach (1). Seit dem 17. Jahrhundert befand sich der löwensteinische Teil in gemeinschaftlichen Besitz der Grafen bzw. Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rochefort und seit der Erbteilung des Hauses Erbach von 1717 der erbachische Teil im Besitz der Linie Erbach-Schönberg. Beide Mitherrschaften unterhielten jeweils einen eigenen Amtmann und einen Förster. Nach dem Tod des Amtmanns Niedermayer im Jahr 1749 wurde die Verwaltung in ein Amt, das für die allgemeine und die Justizverwaltung zuständig war und dem ein Amtmann vorstand, sowie eine Rentei, der die Kammersachen oblagen und von einem Rentmeister versehen wurde, aufgeteilt. Der erste Amtmann war der vormalige Kabinettssekretär Franz Xaver von Stockhausen, als Rentmeister wurde Friedrich von Olnhausen ernannt. Im Jahr 1765 wurde von Olnhausen durch Johannes Nuß im Amt des Rentmeisters abgelöst, an dessen Stelle trat im Jahr 1774 Johann Leonhard Gerner. Nachdem Gerner sich 1783 ein Haus in Neustadt gekauft hatte, erbat er sich die Erlaubnis, die Amtsgeschäfte, die bis dahin auf der Burg Breuberg abgewickelt wurden, in die Stadt am Fuße des Berges zu verlegen, wo auch bereits des erbachische Beamte seinen Geschäften nachging. Diesen Wunsch hatte er bereits 1775 geäußert und dabei die beengten Verhältnisse auf dem Breuberg bemängelt. Als er im Jahr 1805 zu krank für die Ausübung seines Amtes wurde, übernahm der Gegenschreiber J.W.H. Kahl interrimistisch die Verwaltung der Rentei, bevor noch im gleichen Jahr Karl Föppl als provisorischer Renteiverweser eingesetzt wurde. Nachdem die Herrschaft Breuberg 1806 unter die Souveränität des Großherzogtums Hessen-Darmstadt kam, musste eine mit Erbach gemeinsame Justizkanzlei für die Verwaltung der Regierungs- und Justizangelegenheiten eingerichtet werden. Dieser unterstand das mit Erbach gemeinschaftliche Justizamt Breuberg, das mit dem Justizamtmann Lauteren besetzt wurde. Im Jahr 1822 wurde anstelle des Justizamts der Landratsbezirk Breuberg eingerichtet und Lauteren wurde Landrat. Die Verwaltung der Besitzungen oblag jedoch weiterhin dem Rentamtmann. Der provisorische Renteiverweser Karl Föppl wurde schließlich im Jahr 1816 wirklicher Rentamtmann, musste jedoch wegen dienstlicher Verfehlungen, die ihm nach längerer Prozessführung gegen seinen Dienstherrn schließlich u.a. eine sechsmonatige Haft eintrugen, sein Amt abgeben. Von 1827 bis 1829 nahmen abwechselnd die Brüder Rechnungsrevisor Hübsch und Calculator Hübsch aus Wertheim die provisorische Verwaltung wahr. In dieser Zeit bestand die Rentamtsverwaltung in einem Provisorium aus zwei nicht verschließbaren Zimmern im Gasthaus zum Ochsen, von denen eines bei Tanzveranstaltungen geräumt werden musste. Die Domänenkanzlei in Wertheim zog ihre Konsequenzen und übertrug im Mai 1829 dem Habitzheimer Rentamtmann August Camesasca neben seinen Aufgaben in Habitzheim auch noch die Aufgaben des Rentamts Breuberg, der sie soweit möglich von Habitzheim aus miterledigte. In seine Amtszeit fiel auch die Vereinigung der Renteien Heubach und Wörth mit dem Rentamt Breuberg. Zum 1. Oktober 1839 verfügte die Domänenkanzlei, dass die Benennungen "F.Rentamt Habitzheim und F.Kellerei Nauses" aufhören sollten und das vereinigte Rentamt nunmehr "nach der ansehnlichsten und bedeutendsten der drei Herrschaften" F. Rentamt Breuberg heißen sollte (2). Nach dem Tod Camesascas im Jahr 1848 wurde der Revisor Carl Grohmann mit der einstweiligen Verwaltung betraut, bevor er 1854 zum Rentamtmann ernannt wurde. Die endgültige Vereinigung der beiden Rentämter Breuberg und Habitzheim wurde im Jahr 1848 vollzogen. 1849 wurde das Rentamt Breuberg von Habitzheim wieder zurück nach Neustadt i.O. verlegt, wo die Domänenkanzlei ein Gebäude für das Amtslokal und die Wohnung des Rentbeamten anmietete. Grohmann bat während seiner Dienstzeit in Neustadt immer wieder um Rückversetzung nach Wertheim. Eine Eingabe um Gehaltsregulierung wurde von einem unterstützenden Gutachten der Domänenkanzlei begleitet, das einen Einblick in die besonderen Verhältnisse des Rentamts Breuberg gab: "Keines der Fürstlichen Rentämter ist so schwierig zu verwalten wie das Rentamt Breuberg; keines derselben fordert eine solche Verwaltungs-Umsicht und Thätigkeit wie dieses und bei keinem derselben kommen so viele und so verschiedenerlei Arbeiten vor, wie hier. Schon die umfangreiche Gemeinschaft mit dem Gräflichen Hause Erbach-Schönberg erfordert eine große Umsicht und veranlasst beträchtliche Arbeiten; aber ganz insbesondere erfordern die in diesem Bezirke des Rentamts herrschende große Armuth, so wie die tief gesunkene Moralität eines großen Teils der dortigen Einwohnerschaft eine große Um- und Vorsicht und machen eine unausgesetzte große Thätigkeit, mit vielen schriftlichen Arbeiten verbunden, nothwendig, indem beinahe keinerlei Gefälle, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, ohne vorherige gerichtliche Klage eingebracht werden können, ..." (3). Grohmann durfte erst 1864 das ungeliebte Amt verlassen und an seinen Schwager Rentamtmann Franz aus Schwanberg (Böhmen) übergeben. Nach dessen Tod am 4. August 1866 wurde das Rentamt Breuberg an den bisherigen Dampfmühlenverwalter Wilhem Richter aus Lichtenstein in Böhmen übergeben. Seine förmliche Ernennung zum Rentamtmann erfolgte 1867. Ihm folgten 1895 der Revisor Andreas Herbst, 1899 Georg Gerst und 1907 der Rechnungsrat Karl Theodor Zöller im Amt. Im Jahr 1921 trat der letzte Rentamtmann zu Breuberg, Adam Rohmann sein Amt an. Ihm oblag es, das Rentamt Breuberg an den Wertheimer Rentamtmann Hartmann zu übergeben, bevor er am 1. Oktober 1929 in den Ruhestand trat. Hartmann wickelte am 27. und 28. September 1929 auftragsgemäß die Verlegung des Rentamts Breuberg nach Wertheim und die Vereinigung der beiden Rentämter in Wertheim ab.
Zur Geschichte des Bestandes: Der erhaltene Aktenbestand des Rentamts Breuberg fällt im Vergleich zu den anderen Rentamtsüberlieferungen durch seinen enormen Umfang auf. Eine mögliche Begründung hierfür liefert das oben erwähnte Gutachten der Domänenkanzlei in Wertheim vom 26. November 1853, in dem darauf hingewiesen wird, dass keines der fürstlichen Rentämter so schwierig zu verwalten sei, wie das Rentamt Breuberg, bei dem die Verwaltungstätigkeit mit vielen schriftlichen Arbeiten verbunden sei. Die Amtsregistratur scheint sich zeitweise in mangelhaftem Zustand befunden zu haben. Dazu beigetragen dürfte u.a. die gemeinsame Verwaltung der Rentämter Breuberg und Habitzheim, die zwischen 1829 und 1848 in Personalunion durch den Rentamtmann Camesasca versehen wurden. Im Jahr 1829 bat Camesasca um Übergabe aller Breuberger Akten nach Habitzheim (4). Aus dieser Zeit stammen Vermischungen, die sich noch heute in den Beständen H 6 (Rentamt Breuberg) und H 9 (Rentamt Habitzheim) widerspiegeln und die es erforderlich machen, beide Bestände nebeneinander zu benutzen. Einblick in die Probleme gibt ein Bericht des Rentamts vom 6. Juli 1867 an die Domänenkanzlei: Die Registratur sei aufgrund der "Zeitverhältnisse und politischen Umwälzungen" im System zerrissen. Es gebe zwar ein fortlaufendes Repertorium, in das die Akten eingetragen seien. Es fehlten jedoch systematische Repertorien und das Auffinden von Vorakten gestalte sich so äußerst schwierig. Die Bitte um personelle Unterstützung bei der Behebung dieser Mängel wurde allerdings abschlägig beschieden (5). Das Protokoll, das anlässlich der Amtsübergabe von Rentamtmann Herbst an seinen Nachfolger Gerst angefertigt wurde, gibt Auskunft über den Zustand der Registratur im Jahr 1899: Die Verwaltungs- und Rechnungsakten seien nach dem Rechnungsschema geordnet. Über das Schicksal der Altregistratur, die sich auf dem Speicher der Rentamtswohnung befand, sollte die Domänenkanzlei entscheiden. Außerdem wird eine Aktenrepositur auf dem Breuberg erwähnt, die sich in den Räumen des gemeinherrschaftlichen Archivs befunden haben muss (6). Im September 1929 wurden bei der Übernahme des Rentamts Breuberg durch das Rentamt Wertheim u.a. auch die Akten mit einem Aktenverzeichnis übergeben.
Zur Bearbeitung des Bestands: Der Bestand H 6 Rentamt Breuberg setzt sich zum größten Teil aus Akten zusammen, die sich bei dem Ankauf der fürstlichen Archive durch das Land Baden-Württemberg im Jahr 1975 in vollkommen ungeordnetem Zustand befanden und im Rahmen der Strukturierungsmaßnahmen in der Abt. Rosenberg des Staatsarchivs Wertheim im Jahr 1996 nach Provenienzen geordnet worden waren. Dazu kamen bei früheren Ordnungsarbeiten nur oberflächlich erfasste Akten. Die vom fürstlichen Archivar Joseph Schuster irrtümlich dem Bestand gem. Amt Breuberg (Bestand H 6a) zugeordneten Akten der Provenienz Fürstliches Rentamt Breuberg wurden diesem Bestand wieder entnommen und dem neuen Bestand H 6 zugeordnet. Weiterer Zuwachs entstammt den Rechnungsbeständen, die parallel revidiert wurden und bei denen sich umfangreiche Aktenreihen fanden. Außerdem wurden den Mischbeständen Lit. A und B einzelne zur Provenienz gehörige Akten entnommen und eingegliedert (Nr. 2312-2318). Der größte Teil (Nr. 1-2102) wurde von November 1997 bis Herbst 1998 von Frau Reinhild Felgenträger nach numerus currens verzeichnet. Der Nachtrag (Nr. 2103-2284) erfolgte durch Herrn Reinhard Barthel im Januar bzw. April 2000. Letzte Reste bearbeitete die Unterz. Die Klassifikation und die Endredaktion des Findbuchs erledigte die Unterz. Die Laufzeit reicht von 1460 bis 1936, der Schwerpunkt liegt in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Bestand umfasst 2325 Einheiten in 25,3 lfd.m. Kassationen wurden nur in Einzelfällen vorgenommen. Dabei handelte es sich überwiegend um Duplikate oder Einzelschriftstücke ohne Aussagewert. Ein geographischer Index, in den allerdings nur Referenzen aufgenommen wurden, die über die Systematik nicht abgedeckt sind, ein Personenindex und eine Konkordanz von Bestellnummern und Ordnungsnummern am Ende des Findbuchs sollen für die Benutzer den Zugang zu dem Bestand erleichtern, die nicht die Recherchiermöglichkeiten der Findbuchdatei am PC nutzen können. Ergänzende Überlieferung findet sich in dem Bestand S 2 Zins-, Gült- und Lagerbücher unter dem Punkt 3 (Amt und Rentamt Breuberg) sowie in dem Mischbestand Lit. St. Enge Überschneidungen gibt es vor allem mit dem Bestand H 9 Rentamt Habitzheim. Hingewiesen werden soll auch auf den Bestand H 6a Amt Breuberg (gem.) und den Rechnungsbestand R 68. Wertheim-Bronnbach, im September 2000 M. Heine
Anmerkungen: (1) Norbert Hofmann, Karteninventar S. 17 (2) StAWt-R H 6 Nr. 1897 (3) StAWt-R Lit. B Nr. 4352k (4) StAWt-R Lit. B Nr. 4352 (5) StAWt-R H 6 Nr. 2309 (6) StAWt-R Lit. B Nr. 7050
Literatur: Norbert Hofmann, Inventar des löwenstein-wertheim-rosenbergschen Karten- und Planselekts im Staatsarchiv Wertheim 1725-1835 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 43), Stuttgart 1983.
- Reference number of holding
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim, R-H 6
- Context
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim (Archivtektonik) >> Rosenbergisches Archiv >> Provenienzbestände >> Lokalverwaltung
- Indexentry place
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Breuberg ERB; Rentamt
- Date of creation of holding
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1806-1930
- Other object pages
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- Rights
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
25.03.2024, 1:33 PM CET
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1806-1930