Bestand

Best. 54 Institut für Leibesübungen (Bestand)

Form und Inhalt: Geschichte des Instituts für Leibesübungen
Zum Zeitpunkt der Wiedereröffnung der Universität Mainz im Jahr 1946 spielte der studentische Sport noch keine Rolle, da dieser während des ‚Dritten Reiches‘ „als Pflichtprogramm für alle Studierenden einen ideologisch belasteten Platz eingenommen hatte“. Jedoch wurde mit Erlaubnis der Militärregierung schnell ein rechtlicher Rahmen zur Ausübung des Sports geschaffen. So konnte noch 1946 ein eigenständiges Sportamt nach dem Vorbild anderer Universitäten (München, Frankfurt, Hamburg u.a.) gegründet werden, welches bis 1955 existieren sollte. Die Initiative dazu ging von der Gymnastik-Lehrerin Barbara Müller (1914-1996) aus. Sie war die erste Sportlehrerin an der Universität und erhielt zum SS 1946 einen Lehrauftrag für Gymnastik. Im Sommer 1946 wurde als erster Leiter des Sportamtes der Diplomsportlehrer Wilhelm Dietz eingestellt. Es stellten sich für die sporttreibenden Studenten Schwierigkeiten dabei heraus, einen angemessenen Rahmen für die Ausführung ihres Sportes zu finden, denn es mangelte sowohl an Sportstätten, als auch an Geräten und Kleidung. Entweder musste auf Seminarräume zurückgegriffen oder Ausweichmöglichkeiten an fremden Übungsstätten genutzt werden. Zu den ersten Sportarten, die in Mainz betrieben wurden gehörten Gymnastik, Handball, Hockey Leichtathletik, Turnen und Tischtennis. Um die sportlichen Interessen der Studenten kümmerte sich ab 1946 auch das Sportreferat des AStA.
Im Sommersemester 1949 übernahm Diplomsportlehrer Berno Wischmann die Leitung des Sportamtes. Unter der Leitung Wischmanns sollte der Sport an der Universität Mainz einen deutlichen Aufschwung nehmen. Zunächst wurde das Personal des Sportamtes 1950 um den hauptamtlichen Sportlehrer Hermann Roth ergänzt, um den immens gestiegenen Teilnehmerzahlen am Hochschulsport gerecht zu werden. Bis dahin hatten sich lediglich zwei Personen um den gesamten Sportbetrieb gekümmert. Durch die Einstellung Roths konnte das Sportangebot um Fechten, Faustball, Volleyball, Tennis und Judo erweitert werden. Angesichts der steigenden Teilnehmerzahlen am Hochschulsport sah sich der AStA-Sportreferent den Aufgaben nicht mehr gewachsen, so dass 1950 ein studentischer Sportausschuss (SSA) eingerichtet wurde, der den Sportbetrieb besser verwalten und die Interessen der Studenten im Bereich Sport zuverlässiger vertreten konnte, als es einem einzelnen Sportreferenten möglich war.
Ab 1950 nahmen Sportler der Mainzer Universität erfolgreich an Wettkämpfen im Inland und Ausland teil. Nach und nach wurden in allen sportlichen Disziplinen Wettkämpfe ausgetragen (Handball 1950, Tennis 1953, Fußball 1954, Leichtathletik 1955). Durch Erfolgen bei Studenten-Weltmeisterschaften errangen die Sportler der Universität Mainz internationale Beachtung. In den 50er Jahren intensivierte das Sportamt unter Berno Wischmann seine Bemühung um die Errichtung geeigneter Sportstätten an der Universität. 1951 wurde ein Sportplatz auf dem Gelände der ehemaligen Naturwissenschaftlichen Fakultät eingerichtet werden, der sich nach kurzer Zeit jedoch als nicht ausreichend erwies, so dass der Ruf nach dem Bau eines Stadions und einer Turnhalle laut wurde. Erst 1954 konnten drei Tennisplätze eingerichtet und 1955 mit dem Bau des Stadions begonnen werden, der 1957 fertiggestellt wurde. Ein Jahr später wurde schließlich auch die neuerrichtete Turnhalle eingeweiht. Neben der Teilnahme am freiwilligen Studentensport wuchs unter einigen Studenten der Wunsch, das Fach „Leibeserziehung“ als Studienfach für das höhere Lehramt studieren zu können. 1953 stimmte der Senat der Einrichtung eines Hochschulinstituts für Leibesübungen zu, das zum 6.4.1955 durch Erlass des Kultusministeriums seine Tätigkeit aufnahm. Zum Leiter des Institutes wurde Berno Wischmann ernannt. In direktem Zusammenhang steht der 1959 auf Initiative von Hermann Roth gegründete, vom Institut unabhängige Universitätssportclub Mainz (USC), welcher neben Studenten auch Nicht-Studenten aufnahm und durch eine Jugendabteilung in kurzer Zeit eine große Mitgliederzahl aufweisen konnte. Vor allem durch den Einsatz Berno Wischmanns wurde Mainz in den 50er und 60er Jahren zu einem nationalen und sogar internationalen Zentrum für Leistungssport, vor allem für den Bereich Leichtathletik.
1965 wurde das Institut in „Staatliches Hochschulinstitut für Leibeserziehung“ umbenannt. Ein Grund für diese auch strukturelle Umorientierung lag darin, dass bis dahin die Entscheidungen des Instituts von der Zustimmung des zuständigen Senatsausschusses unter dem Vorsitz des Dekans der Philosophischen Fakultät abhängig waren und Berno Wischmann bestrebt war, dem Institut eine größere Eigenständigkeit zu verleihen. Mit der Umbenennung in ‚Staatliches Hochschulinstitut für Leibeserziehung‘ wurde das Institut aus der Universität herausgelöst und unmittelbar dem Kultusministerium unterstellt. Die Umbenennung von Leibes-‚Übung‘ zu Leibes-‚Erziehung‘ geht auf Wischmanns These einer „Erziehung vom Leibe her“ zurück. Die Aufgaben des staatlichen Hochschulinstituts erstreckten sich nun auf die Ausbildung für das Lehramt an höheren Schulen im Fach Leibeserziehung, die Durchführung des allgemeinen Studenten- und Dozentensports, die Ausbildung von Leibeserziehern für das Lehramt an Realschulen, Berufsschulen und Volksschulen sowie von Diplomsportlehrern, die Durchführung von Fortbildungslehrgängen für Lehrer, Vereinssportlehrer, Übungsleiter und Leistungssportler und schließlich die Vorbereitung auf die staatliche Schwimmmeisterprüfung. Als neue Aufgabe trat neben der Ausbildung von Diplomsportlehrern auf Wunsch des Kultusministeriums die Ausbildung von Sportlehrern „im freien Beruf“ im Rahmen eines einjährigen Lehrgangs hinzu. Als wichtigste Kriterien für den erheblichen Erfolg des Instituts müssen die Ausbildung zum Diplomsportlehrer sowie die erweiterten Raumkapazitäten gesehen werden. Beides ermöglichte eine Erhöhung der Studentenzahl.
Im Jahre 1973 wurde das Institut wieder in die Struktur der Universität eingegliedert. Grund dafür war das Hochschulgesetz von Rheinland-Pfalz, welches 1971 in Kraft trat und 1973 an der Johannes Gutenberg-Universität umgesetzt wurde. Dies führte zur Umbenennung des Institutes in Fachbereich 26 Leibeserziehung. Damit war es den anderen Fachbereichen gleichgestellt, was zur Folge hatte, dass Verwaltungsfunktionen neu geregelt wurden. Von nun an gab es keinen Direktor mehr, sondern einen auf Zeit gewählten Dekan. Eine Reform im Jahre 1997 führte zur Um-benennung in Fachbereich 26 Sport. Bei der Neuorganisation der Fachbereiche 2004 wurde das Fach Sport zusammen mit den Fächern Medien- und Sozialwissenschaften zum neuen Fachbereich 02.
Zur Person Berno Wischmanns
Der Diplomsportlehrer (geb. 26. Dezember 1910 in Tondern, gest. 25. September 2001 in Bad Sobernheim) war Absolvent der Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin und spielte ab 1949 bei dem Entwicklungsprozess des Universitätssports in Mainz die tragende Rolle. Er sorgte dafür, dass sich das Angebot vom freiwilligen Sport bis zur Diplomsportlehrerausbildung etablieren konnte. Neben seiner Tätigkeit am Institut trainierte er bis 1959 die Leichtathleten der Mannschaft Rot-Weiß Koblenz, die an Olympischen Spielen und Europameisterschaften erfolgreich teilnahmen. Nach dem Ende seiner Trainerlaufbahn bei Rot-Weiß Koblenz engagierte sich Wischmann beim 1959 gegründeten Universitätssportclub (USC) Mainz. 1978 gründete er in Mainz eine Auslandstrainerschule. Außerdem war er Betreuer und Cheftrainer der deutschen Leichtathletikmannschaft bei den Olympischen Spielen in Melbourne, Rom, Tokio, Mexico-City und München.
Bestandsinformationen
Bestand 54 beinhaltet Dokumente aus der Zeit von der Gründung des Instituts für Leibesübungen 1955 bis zum Ende der 1960er Jahre. Der Bestand umfasst schwerpunktmäßig die Themen Zulassung und Prüfung der Studenten, Neuerrichtung von Sportstätten und Kontakte zu externen Universitäten im In- und Ausland. Besonders zu erwähnen ist die in Best. 54 Nr. 30 enthaltene Studentenkartei des Instituts.
Die Akten sind 1988 mit dem Zugang 2/1988 an das Universitätsarchiv gelangt. Eine erste Bearbeitung (Nr. 1-20) erfolgte durch Dr. Siggemann, die abschließende Verzeichnung durch Sebastian Meuer im September 2014.
Der Bestand ist nach Maßgabe des rheinland-pfälzischen Archivgesetzes zu nutzen und mit der Signatur Best. 54 / [lfd. Nr.] zu bestellen und zu zitieren.
Literaturverzeichnis
- Held, Oliver: Die Entstehung und Entwicklung des Hochschulsports und der Sportlehreraus-bildung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz von 1946 bis 1973. Eine Analyse auf der Grundlage des Universitätsarchivs, zeitgenössischer Veröffentlichungen und Zeitzeugeninter-views. Staatsexamensarbeit, Mainz 1997.
- Mathy, Helmut: Die Anfänge des Hochschulsports, in: Ders.: Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die erste Landesuniversität von Rheinland-Pfalz, Mainz 1997 (Schriften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 8), S. 235-237.
- Müller, Norbert: Über den Werdegang des Mainzer Uni-Sports.
http://www.sport.uni-mainz.de/mueller/Texte/SportUniMZ46-55.htm
- Rösch, Heinz-Egon: Leibesübungen an den deutschen Universitäten bis zum Ende des 18. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der kurfürstlichen Universität Mainz, in: Jahrbuch der Vereinigung „Freunde der Universität Mainz“ 25/26 (1976/77), S. 248-257.
- Sauer, Michael [u.a.]: 20 Jahre Universitätssportclub Mainz, Mainz 1979.
- Wischmann, Berno: Sport. Das Abenteuer meines Lebens. Erinnerungen eines Achtzigjährigen, Mainz 1990.

Reference number of holding
54
Extent
6 Kartons; 0,7 lfm

Context
Universitätsarchiv Mainz (Archivtektonik) >> 04 Institute und Seminare

Provenance
Institut für Leibesübungen (Zug. 2/1988)
Date of creation of holding
1954-1969

Other object pages
Last update
03.06.2025, 10:11 AM CEST

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Object type

  • Bestand

Associated

  • Institut für Leibesübungen (Zug. 2/1988)

Time of origin

  • 1954-1969

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