Handschriften

Otto Pius Hippius an Karl Weltzien

Enthält: (1r) Der "Bergingenieur" Marx, der aus dem Ural zurückkehrte und nach Karlsruhe reist, überbringt den Brief an Weltzien. Hippius kann nur brieflich kommunizieren. Im Juli sind seit Hippius' letztem Gespräch mit Weltzien drei Jahre vergangen. Damals arbeitete Weltzien an der Einrichtung des Laboratoriums, die Hörsäle wurden noch gebaut. Weltzien hat eine interessante und bedeutende Tätigkeit, weil die Chemie für die Physik und alle verwandten Fächer wichtig geworden ist. In der Chemie kann man viel "entdecken, ordnen und in System bringen". Das Ansehen der Chemie steigt auch in Russland, doch gibt es dort "nur einen Mann von Ruf", Professor Zizius an der "Medicinischen Academie". Nach dem Tod von Hell wurde (Karl Julius) Fritzsche Mitglied der Akademie. In der Artillerieschule vertritt ein "Gardeofficier und Aristocrat" die Chemie. Weltziens "Werk" (= Grundriss der theoretischen Chemie, insbesondere für Artillerie- und Ingenieur-Officiere, 1854) wird in Sankt Petersburg auf Interesse stoßen, weil nichts zum gleichen Thema vorhanden ist. Hippius' Vetter Carl Hippius, "Candidat der Naturwissenschaften", beschäftigt sich ebenfalls mit Chemie. Carl Hippius möchte (1v) in der Industrie arbeiten und wird sein Studium bald im Ausland fortsetzen. Hippius bedauert, selbst keine Zeit für die Wissenschaft zu haben. In den vergangenen elf Wochen hatte er jedoch krankheitsbedingt mehr Zeit zum Studium als sonst in einem ganzen Jahr. Hippius überlegt, ob er seinen Dienst "an den zwei Anstalten" mit einer Beschäftigung "im Fache" vertauschen soll. (2r) Hippius berichtet von Auswirkungen des Krimkriegs. Die Münze wurde aus der Festung verlagert. Es wurden 1.000.000 Mann mobilisiert. Hippius kennt die Kriegsursache nicht. (2v) Die Zensur ist zurückhaltender als in Frankreich. In den Cafés sind Zeitschriften aus aller Welt mit regierungsfeindlichen Äußerungen zu finden. Dies ist ein Fortschritt. In die Küstenlandstriche sind Truppen eingerückt. Aus den Städten werden die "Archive der Behörden", Frauen und Kinder herausgebracht. In Reval (Tallinn) herrscht reger Betrieb. Die Reperbahn wurde mit den am Wasser gelegenen Häusern dem Erdboden gleich gemacht. Die Schulen sind seit dem "13." geschlossen. Hippius' Angehörige sind wohlauf. Sie sind zu "Schwester Maria" gezogen, bis auf "Poya", der allein in einem verlassenen Haus lebt und wohl bald Einquartierung (3r) bekommt. Man geht davon aus, dass Reval leicht zusammengeschossen und in Brand gesteckt werden kann. Der Feind würde dadurch aber nichts gewinnen, wenn er nicht in das Land einrückte. Dies wäre aber der Untergang der Invasoren. Es sind starke Truppen vor Ort, die nicht an die Donau geschickt werden. Der Handel kann auch zu Land getrieben werden. Sicherlich werden die Amerikaner Nutzen aus dem Krieg ziehen. Hippius würde gerne mit Weltzien beim Bier "politisiren". (3v) Er erkundigt sich, ob Weltzien mit dem von (Heinrich) Hübsch erbauten Theater ebenso unzufrieden ist wie mit dessen übrigen Werken. Hippius hat vom Tod (Friedrich) Eisenlohrs (am 27. Februar 1854) erfahren. (Hermann) Sternberg schrieb ausführlich über den Tod von Hippius' "Lehrer". Von der Silberhochzeit in der Familie Deimling erfuhr Hippius erst nach deren Feier. Hippius bestellt Grüße an Major (Mathias) Zeroni ("Ceroni") und dessen Ehefrau. Vor kurzem erhielt Hippius Besuch von Georg Weltzien. Dieser hat sich eine Reise nach Spanien vorgenommen. Er hat keine feste Beschäftigung in Sankt Petersburg. Seine Mutter ist oft krank, die übrige Familie wohlauf. Hippius macht eine Reihe weiterer Mitteilungen über familiäre Angelegenheiten, insbesondere zu den gesundheitlichen Zuständen. (4r) Paul Krusenstern "ist ganz derselbe", wie zu der Zeit, als Weltzien ihn kannte. Krusensterns zweite Frau, eine Geborene Zepline aus Stuttgart, ist seit zwei Wochen in Sankt Petersburg. Ihre Stiefkinder sind bei ihr. "Der Sohn, Marineofficir", wird täglich von einer Weltreise zurückerwartet. Karl lässt grüßen. Er besorgt für Hippius "alle Geschäfte". Er lehrt in "Fräuleinstiften". Obwohl die Residenz "kein Studienort ist, macht er gute Fortschritte". Auch Karl hofft auf eine Auslandsreise.

Reference number
27072/174
Extent
4 Blatt

Context
27072 Nachlass Karl Weltzien >> 1 Korrespondenzstücke in der alphabetischen Folge der Absender >> 1.61 Hippius, Otto Pius (*1826, +1883)
Holding
27072 Nachlass Karl Weltzien

Indexbegriff subject
Krimkrieg
Indexentry place
Sankt Petersburg/RU
Reval (Tallinn)/EE
Tallinn (Reval)/EE

Date of creation
(1854) Mai 28, Sankt Petersburg

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Last update
07.03.2025, 9:23 AM CET

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Object type

  • Handschriften

Time of origin

  • (1854) Mai 28, Sankt Petersburg

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