Bestand
Wolfegg, Stift (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Das Stift entstand 1519 aus einem 1511 gegründeten Franziskanerkloster. Es wurde 1806 aufgehoben. Der Bestand vereinigt die 1818 von Lotter in Wolfegg ausgehobenen Archivalien und den früheren, im Staatsarchiv Ludwigsburg aus Ablieferungen württembergischer Behörden des 19. Jahrhunderts gebildeten Bestand B 538 L.
Der größte Teil des Stiftsarchivs befindet sich im Fürstlich-Waldburg-Wolfeggschen Archiv in Wolfegg
1. Zur Geschichte des Stifts Wolfegg: Das Stift Wolfegg, mit dessen Geschichte sich die Forschung bisher noch nie eingehender befasst hat, geht zurück auf ein Gelöbnis des Truchsessen Johannes v. Waldburg, Graf von Sonnenberg, der 1487 im Krieg gegen Venedig bei Rovereto (Südtirol) für den Fall eines siegreichen Ausgangs eines Zweikampfs die Errichtung eines Klosters gelobte. Graf Johannes begann 1502 mit dem Bau einer kleinen Kirche in unmittelbarer Nähe seines Schlosses in Wolfegg und führte längere Verhandlungen wegen der Besetzung der Neugründung mit Benediktinern, Karmelitern oder Franziskanern. Sein Tod 1510 verzögerte die Verwirklichung seines Vorhabens. Erst sein Nachfolger, Truchsess Georg v. Waldburg, führte das Begonnene zu Ende. Er berief 1511 zunächst Franziskaner, ersetzte sie aber 1519 mit Zustimmung des Bischofs von Konstanz durch ein Kollegium von Weltgeistlichen. Das Kollegiatstift sollte fortan aus 1 Propst, 9 Weltgeistlichen, 4 Schülern und 1 Schulmeister bestehen. Vermutlich wegen nicht ausreichender Besitzausstattung erreichte es jedoch diesen Personalstand nie ganz. Das Stift war exemt und stand unter dem Schutz seiner Kastenvögte, der Truchsessen von Waldburg. Diese hatten das Recht, den Propst zu nominieren und dem Bischof von Konstanz zu präsentieren. Als Gründungsausstattung erhielt das Stift neben anderen Einkünften und Besitzungen vor allem das Vogtrecht und den Großzehnten zu Ellwangen und zu Wolfegg sowie den Großzehnten zu Gaishaus; außerdem wurde ihm die Pfarrkirche zu Wolfegg inkorporiert. Hinzu kamen im Lauf der Zeit, besonders im 17. und 18. Jahrhundert, durch Käufe weitere Erwerbungen. Trotz seiner stärkeren wirtschaftlichen Position, die im barocken Neubau der Stiftskirche in den Jahren 1733 - 1742 ihren Ausdruck fand, ist es dem Stift aber anscheinend nicht gelungen, sich bei der Verwaltung dieses Besitzes größere Selbständigkeit gegenüber seinen Kastenvögten zu verschaffen. Auch in personeller Hinsicht bestand vermutlich nur eine geringe Eigenständigkeit; vielmehr scheinen die waldburgischen Verwaltungsbeamten - wohl im Nebenamt - zugleich auch die Verwaltung des Stifts besorgt zu haben. Das Stift, das wohl zu keiner Zeit größere Bedeutung über Wolfegg hinaus besaß, wurde 1806 aufgelöst. Seine Besitzungen fielen teils an den württembergischen Staat, teils an die Fürsten von Waldburg.
2. Zur Geschichte des Bestandes: Nach der Auflösung des Stifts kam sein Schriftgut zunächst in das fürstliche Archiv in Wolfegg (Darüber und für das Folgende vgl. vor allem HStAS E 61 Bü 247.), Erst 1828 beanspruchte der Geheime Archivar Lotter für den württembergischen Staat das Stift betreffende Archivalien. Anhand der Repertorien des Wolfegger Archivs erstellte er ein Verzeichnis darüber, in das er auch solche Stücke aufnahm, die sich "eher für eine Verwaltungsregistratur als für ein Staatsarchiv eigneten". Tatsächlich kam aber - aus unbekannten Gründen - nur ein Teil dieser Archivalien ins Staatsarchiv Stuttgart; die übrigen, über die dann im Staatsarchiv ein besonderes Verzeichnis angefertigt wurde, blieben in Wolfegg. Die ins Staatsarchiv gelangten Archivalien wurden hier zunächst zum Bestand "Oberamt Waldsee" genommen, zu unbekannter Zeit aber als besonderer Bestand verselbständigt, der 1937 in der Beständeübersicht von K.O. Müller die Signatur B 538 erhielt. Weiteres Schriftgut des Stifts, vor allem Rechnungen, kam im 19. Jahrhundert mit Ablieferungen örtlicher Staatsbehörden und über das Finanzarchiv in das Staatsarchiv Ludwigsburg, wo sie zum Bestand B 538 L vereinigt wurden. Beide Bestände (B 538 und B 538 L) werden seit 1969 im HStAS verwahrt.
3. Zur Ordnung des Bestandes: Über die Ordnung des Stiftsarchivs ist nichts bekannt, jedenfalls ermöglichen die im vorliegenden Bestand vereinigten Archivalien keine Aussagen darüber. Den älteren Signaturen auf einer Reihe der Archivalien nach zu schließen, muss es aber geordnet gewesen sein. Diese Ordnung ging spätestens dann verloren, als der fürstlich waldburgische Archivar Johann Nepomuk Bodent die Stiftsarchivalien wohl bald nach der Aufhebung des Stifts und noch vor 1821 dem fürstlichen Archiv einordnete und sie mit neuen Signaturen (vom Typ "Nr. 2901" auf Büschel 1 des vorliegenden Bestandes) versah. Bodent verzeichnete die Wolfegger Bestände seinerzeit jedoch nur nach numerus currens; seinen Signaturen liegt daher - wie Lotter und die Beamten des Staatsarchivs Stuttgart wiederholt betonten - keine systematische Ordnung zugrunde. Auch nach der Übernahme ins Staatsarchiv beschränkte man sich darauf, die Archivalien rein äußerlich in 6, später in 15 Büschel zu formieren; auch begnügte man sich beim Bestand B 538 mit einer Abschrift des Lotter'schen Aushebungsverzeichnisses als Findmittel. Nur für den Bestand B 538 L legten F. Rittel und K.O. Miller handschriftliche Repertorien an, deren Entstehungszeit jedoch nicht bekannt ist. Bei der jetzigen Ordnung und Verzeichnung des Bestandes B 538, der die früheren Bestände B 538 und B 538 L vereinigt, wurde zunächst versucht, anhand der älteren Signaturen frühere Ordnungen zu rekonstruieren; die Ergebnisse dieses Versuchs waren jedoch aus den obengenannten Gründen unbefriedigend. Die Gliederung des Bestandes war daher völlig neu zu erarbeiten. Mit der Verzeichnung des Bestandes wurde 1974 durch die Archivinspektoranwärter(in) Rüther und Trunk unter Leitung von Dr. Bannasch begonnen. Dabei wurden in 84 Titelaufnahmen im wesentlichen die Büschel 1-13 des früheren Bestandes B 538 verzeichnet. Die Arbeiten wurden fortgeführt und abgeschlossen im Frühjahr/Sommer 1980 durch die Archivinspektoranwärter(in) Gering und Hirth, die die Urkunden und restlichen Akten des früheren Bestandes B 538 sowie den Bestand B 538 L verzeichneten. Die Leitung hatte dabei der Unterzeichnete, der auch die Gliederung des Bestandes und die Schlussredaktion des Repertoriums zu besorgen hatte. Der Bestand umfasst 21 Urkunden, 100 Bände (2 lfd. m) und 132 Büschel (0,75 lfd. m). Nicht in ihn übernommen wurde ein Lagerbuch des Stifts aus dem Jahr 174-2, das unter der Signatur H 235 Band 235 verwahrt wird. Stuttgart, im November 1981 Fischer Das Online-Findbuch wurde im Juni 2009 von Diplom-Archivar Johannes Renz mit Hilfe der OCR-Technologie erstellt. Auf die Übernahme der Indizes wurde verzichtet, statt dessen wird auf die Möglichkeit der Volltextrecherche verwiesen.
Abkürzungsverzeichnis:
abg. abgegangen
Abschr. Abschrift
ASig. Alte Signatur
aufgedr. aufgedrückt
Ausf. Ausfertigung
Bd. Band
besch. beschädigt
Bm. Bürgermeister
Bü Büschel
Fl. Gulden
geb. geboren
gen. genannt
h Heller
hl. heilig
J. Jauchert
Jh. Jahrhundert
ksl. kaiserlich
Kr. Kreuzer
lat. lateinisch
lb. Pfund
No Numero
Nr. Nummer
Pap. Papier
Perg. Pergament
Pf Pfennig
rückw. rückwärtig
Rv Rückvermerk
S. Siegel
Sr. Siegler
U Urkunde
v. von
- Reference number of holding
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 538
- Extent
-
21 Urkunden, 132 Büschel, 100 Bände
- Context
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803/1806-1810 >> Bistümer, Stifte, Klöster und Pfarreien >> Augustinerkloster Kreuzlingen - Restituierte Klöster
- Date of creation of holding
-
1510-1807
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
20.01.2023, 3:09 PM CET
Data provider
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1510-1807