Bestand
Reichsverband Deutscher Rentenversicherungsträger (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Die gesetzliche Grundlage der Rentenversicherung bildeten das 1889
verabschiedete Invaliditäts- und Alterssicherungsgesetz und die
Reichsversicherungsordnung von 1911. Letztere fasste die drei
Sozialgesetze (Arbeiterkrankenversicherung, Unfall-
versicherung sowie Invaliditäts- und Altersversicherung) zusammen
und entwickelte diese weiter.
Am 9. August 1919
wurde in Kassel der „Verband Deutscher Landesversicherungsanstalten"
(VDL) gegründet. Der Verband setzte sich für die allgemeine
Vereinheitlichung des Rentenrechts ein. Außerdem sollte er den
Meinungsaustausch zu den gemeinsamen Angelegenheiten der
Verbandsmitglieder fördern.
Mitglieder waren
zunächst die Landes- und Provinzialversicherungsanstalten.
Nach Außen wurde der Verband durch den „Ständigen
Ausschuss", ein Selbst-verwaltungsorgan des Verbandes, vertreten. Dessen
erster Vorsitzender Dr. Theodor Schröder (1860-1951) aus Kassel gilt als
einer der Pioniere der Selbstverwaltung der Sozialversicherung und des
Genossenschaftswesens. So betreute er vor seiner Tätigkeit im Verband
Deutscher Landesversicherungsanstalten v. a. bereits ab 1890 die
Errichtung der Landesversicherungsanstalt Hessen-Nassau
(1).
Der Ständige Ausschuss hatte zur Aufgabe, die
gemeinsamen Interessen der Landes-versicherungsanstalten nach den
Beschlüssen und Richtlinien des Verbandstages wahrzunehmen. Außerdem
umfasste sein Aufgabenbereich v. a. die laufenden Verwaltungsgeschäfte,
die Jahresrechnungen oder die Vorbereitungen der Verbandstage (2).
Ab dem Jahr 1925 gehörten dem Verband alle
Landesversicherungsanstalten, zudem die Seekasse, die
Reichsbahnversicherungsanstalt sowie der Reichsknappschafts-
verband, also alle übrigen Rentenversicherungsträger,
an.
1929 erfolgte die Umbenennung des Verbands in
„Reichsverband Deutscher
Landesversicherungsanstalten" (RDL) als eingetragener Verein. Zudem
erschien in diesem Jahr die erste Ausgabe der Verbandszeitschrift
„Deutsche Invaliden-versicherung".
Dr. Schröder
legte mit Wirkung zum 31. Juli 1933 sein Amt als Vorsitzender des
Reichsverbands nieder. Zum Nachfolger wurde laut Satzung der bisherige
dritte
Vorsitzende und Syndikus Landrat Görling
bestimmt.
Mit Inkrafttreten des „Aufbau-Gesetzes"
vom 05.07.1934 (4) fand auch im Reichsverband eine Umorganisation statt.
Das Führerprinzip löste das Selbstverwaltungsprinzip ab.
1936 wechselte der Sitz des Verbandes von Kassel nach
Düsseldorf, ein Jahr später gehörten dem Verband 29
Landesversicherungsanstalten an.
Als 1938 der
Beitritt der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte zum RDL erfolgte,
wurde der Verband in „Reichsverband Deutscher Rentenversicherungsträger"
(RDR) mit Sitz in Berlin umbenannt.
Die
Verbandszeitschrift wurde 1939 in „Deutsche Rentenversicherung" umbenannt
und im Jahr 1944 kriegsbedingt eingestellt.
Während des Zweiten Weltkrieges wuchs die Anzahl der
Landesversicherungs-anstalten durch territoriale Eingliederungen und
Gebietsbesetzung auf 40 an.
Nach dem Zweiten
Weltkrieg arbeitete der Verband als „Verband Deutscher
Rentenversicherungsträger" (VDR) weiter. Mitglieder waren zunächst
nur die
Versicherungsträger der britischen
Besatzungszone. Der Zusammenschluss mit den weiteren Westalliierten Zonen
erfolgte 1948 unter gleichem Namen
(„Verband
Deutscher Rentenversicherungsträger") mit Sitz in Frankfurt a. M.
Bei der Neuorganisation der Rentenversicherung entstand
2005 dann die
„Deutsche Rentenversicherung
Bund".
(1) Vgl. Tennstedt, Florian, „Schroeder,
Johann Georg Theodor", in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 576-577
[Onlinefassung]
(2) Vgl. Erste Satzung des
Verbandes, in: BArch R 40/32
(3) Gesetz über den
Aufbau der Sozialversicherung vom 5. Juli 1934 (Reichsgesetzblatt I S.
577)
Bestandsbeschreibung: Im Dezember
1975 fand durch das Bundesarchiv eine erste Sichtung von Schriftgut beim
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger in Frankfurt a. M.
statt.
Die Initiative hierzu kam von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG). Das
Projekt
"Industrielles System und Politische Entwicklung in der Weimarer Republik
- Auswahlinventar in Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte
1918-1933 aus
Archiven der Bundesrepublik
Deutschland" (4) wurde vom DFG finanziert und von Herrn ArchDir. Dr.
Trumpp vom Bundesarchiv betreut (5).
Die
Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger hatte
zum Ziel, die Sicherung von Quellen zur Geschichte der deutschen
Sozialversicherung zu fördern.
Mit einem
Depositalvertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Verband
Deutscher Rentenversicherungsträger vom Juni 1976 gelangte das Schriftgut
im Oktober 1976, zusammen mit einem Abgabeverzeichnis, ins
Bundesarchiv.
Nach der Auswertung des Bestandes
für das DFG-Projekt übernahm ihn das
Referat II
6.
Neben dem Schriftgut, welches heute den Bestand
R 40 bildet, umfasste die Abgabe weitere 16 Bände aus der Zeit 1945-1953.
Diese Akten bilden heute den Bestand B 225 Verband Deutscher
Rentenversicherungsträger.
Spätere Kontaktversuche
des Bundesarchivs und weitere Nachfragen um Schriftgutabgaben sind danach
erfolglos geblieben, sodass der Vorgang zu B 225 1998 geschlossen und
nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist 2009 zum Bestand B 198 Bundesarchiv
(6) genommen wurde.
Die Unterlagen des Bestandes R
40 umfassen Schriftgut des Verbandes bzw.
Reichsverbandes Deutscher Landesversicherungsanstalten und des
Reichsverbandes Deutscher Rentenversicherungsträger.
Die Umlagerung des Bestandes von Koblenz nach Berlin fand im Januar
2010 statt.
Während der Bearbeitung im September
2014 wurde auch eine Dienstakte für den
Bestand R
40 neu angelegt. Die Unterlagen hierzu fanden sich in dem Vorgang, der,
wie oben beschrieben, 2009 in den Bestand B 198 Bundesarchiv
gelangte.
Die Unterlagen, die die Übernahme des
Schriftguts des Reichsverbandes betreffen, wurden herauskopiert und zu
einem neuen Vorgang zusammengefügt.
Insgesamt
umfasst der Bestand ca. 19 laufende Meter.
(4)
Mommsen, Hans, Petzina, Dietmar, Weisbrod, Bernd (Hrsg.): Industrielles
System und politische Entwicklung in der Weimarer Republik. 2 Bde.,
Königstein/Ts. 1977
(5) Dienstakte,
BArch-Gesch.-Z.: R 3 - 4611/126, Entwurf vom 29. Dez. 1975
(6)BArch B 198/8209
Inhaltliche Charakterisierung: Der
Bestand R 40 war bereits durch die Registraturen der Vorprovenienzen
zeitlich in zwei Bereiche aufgeteilt.
Der erste
Teil umfasst die Zeit von 1919-1938, also die Zeit, in welcher der
Verband den Namen „Verband Deutscher Landesversicherungsanstalten" bzw.
„Reichsverband Deutscher Landesversicherungsanstalten" trug.
Der zweite Teil umfasst die Jahre 1938-1945, in denen
der Verband als „Reichsverband
Deutscher
Rentenversicherungsträger" tätig war.
Die
Überlieferung besteht bis auf zwei Personalakten vollständig aus
Sachakten. Diese
umfassen folgende Gebiete:
- Gesetzliche Grundlagen und Allgemeine Bestimmungen der
Sozialversicherung
- Verbandsangelegenheiten
- Verfassung und Verwaltung der
Landesversicherungsanstalten
- Renten- und
Beitragsverfahren
- Gesundheitsfürsorge
- Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherung
- Zwischenstaatliche Beziehungen
Im ersten Teil (1919-1938) umfasst der Punkt
„Verbandsangelegenheiten" zum großen Teil Protokolle und Schriftwechsel
des Ständigen Ausschusses. Dieser Ausschuss
bildete die organisatorische Leitung des Verbandes, regelte die
innere Verwaltung und vertrat den Verband nach Außen.
Nach 1938 spielt der Ständige Ausschuss nur noch eine untergeordnete
Rolle, da durch das „Führerprinzip" auch beim Reichsverband der Posten
des „Verbandsleiters"
geschaffen wurde. Somit
dominiert dessen Schriftgut die Verbandsangelegenheiten im zweiten Teil
(1938-1945).
Auffallend ist die unterschiedliche
Qualität der beiden Teile. Im ersten Teil finden sich gut gefüllte
Aktenbände, welche zum Titel passendes Schriftgut enthalten. Dieses
wurde in Fadenheftung abgelegt.
Der zweite Teil enthält wesentlich weniger Schriftgut. Die Akten
sind nur noch selten durch Fadenheftung geordnet, sondern bestehen
lediglich aus losen Blättern. In einigen
Fällen
befinden sich nur wenige Blätter innerhalb einer VE.
Der Bestand R 40 spiegelt die Entwicklung der Sozial- und
insbesondere der Rentenversicherung in der Zeit der Weimarer Republik und
des Nationalsozialismus wider.
Neben den
Rentenangelegenheiten spielt auch die Gesundheitsfürsorge eine große
Rolle in der Überlieferung. Besonders die Bekämpfung der Tuberkulose und
das
Verhalten der Versicherungen bei solchen
Erkrankungen werden thematisiert.
Einen weiteren
wichtigen Punkt der Überlieferung bilden die zwischenstaatlichen
Beziehungen. Hier finden sich viele Abkommen und
Verträge über die Sozial-
versicherung mit
anderen, meist europäischen, Staaten. Auch werden die besetzten und
eingegliederten Gebiete behandelt.
Erschließungszustand: Findbuch
(2014)
Vorarchivische Ordnung: Der Bestand
R 40 war bereits durch die Registraturen der Vorprovenienzen zeitlich in
zwei Bereiche aufgeteilt.
Der erste Bereich
umfasst die Zeit bis 1938, er enthält 66 "Akten" und 252 "Hefte", welche
jeweils auch mehrere Bände umfassen können.
Ab dem
Jahr 1938 arbeitete die Registratur mit einem 10 Gruppen umfassenden
Aktenplan. Jede Gruppe ist nach Dezimalklassifikation weiter
untergliedert.
Zitierweise: BArch R
40/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch R 40
- Umfang
-
574 Aufbewahrungseinheiten; 18,8 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Arbeit, Soziales
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: R 89 Reichsversicherungsamt
R 152 Reichsausführungsbehörde für Unfallversicherung
R 156 Reichsknappschaft
R 3901 Reichsarbeitsministerium
B 225 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger
Amtliche Druckschriften: Deutsche Invalidenversicherung, ab 1939 u.d.T. Deutsche Rentenversicherung. Berlin 1929-1944 [RD 123]
Literatur: Tennstedt, Florian: „Schroeder, Johann Georg Theodor", in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 576-577 [Onlinefassung]
Chronik der Deutschen Rentenversicherung, in: Rentenversicherung in Zeitreihen 2011, S. 271-276
Granier, Gerhard, Henke, Josef, Oldenhage, Klaus: (Hrsg.). Das Bundesarchiv und
seine Bestände. Boppard am Rhein : Boldt, 1977. S. 135
- Provenienz
-
Reichsverband Deutscher Rentenversicherungsträger, 1938-1945
- Bestandslaufzeit
-
1917-1945
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Zugangsbeschränkungen
-
Besondere Benutzungsbedingungen: Die Akten sind wie folgt zu zitieren: BArch R 40/ (Sign.)
Benutzungsbedingungen
Die Benutzung im Bundesarchiv erfolgt nach den Vorschriften des Bundesarchiv-gesetzes vom 6. Januar 1988 (BGBl. I S. 62, zuletzt geändert am 27. Juni 2013, BGBl. I S. 1888) und der zu ihm erlassenen Rechtsverordnungen in der jeweils geltenden
Fassung. Die Schutzfristverkürzung bei personengebundenen Unterlagen ist gemäß Bundesarchivgesetz auf Antrag möglich.
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
Bundesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Reichsverband Deutscher Rentenversicherungsträger, 1938-1945
Entstanden
- 1917-1945