Bestand

Nachlass Isidor Lasslob (1923 - 2006) (Bestand)


Inhalt und Bewertung
Vorwort
1. Zur Person Lasslobs
Isidor Lasslob wurde am 2. März 1923 in Heuhau im Hauerland (Slowakei) geboren. Seit frühester Jugend lernte er die Probleme der Deutschen im Hauerland kennen. Während des Zweiten Weltkrieges, den er als Soldat und Zwangsarbeiter erlebte, setzte er sich in den Lagern in der Slowakei und in Deutschland für die Besserstellung seiner Landsleute ein. 1947 wurde er in einen von den Amerikanern eingerichteten Flüchtlingsausschuss gewählt. Ein Jahr später wurde er Gründungsmitglied und Geschäftsführer des Verbandes der Neubürger in Mühlacker, wo er wohnte. Als Mitglied im Sozialausschuss des Bundes der Vertriebenen engagierte er sich bei der Gestaltung der Lastenausgleichs- und Fremdrentengesetze. Der Landtag von Baden-Württemberg wählte ihn 1949 bis 1965 in den Ausschuss für Soforthilfe. Von 1949 bis 1953 war er Geschäftsführer des Bundes der Vertriebenen (BdV).
Lasslob gehörte nach eigenen Angaben zu den Gründungsmitgliedern des Blocks der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE), der sich nach der Bundestagswahl 1949 in Württemberg-Baden als Partei organisierte. Februar 1952 trat er zusammen mit seinem Vater Michael dem Kreisverband Vaihingen des BHE bei. Zunächst wirkte er als Geschäftsführer des noch aufzubauenden Kreisverbandes, seit den Vorstandsneuwahlen vom 17.1.1954 bis September 1955 als Vorsitzender. Wegen seines Umzuges von Mühlacker nach Stuttgart-Cannstatt im Juli 1955 schied er aus dem Kreisverband Vaihingen aus und engagierte sich von nun an im Kreisverband Stuttgart des BHE. Spätestens seit 1960 hatte er das Amt des Schriftführers inne. Auf der Jahresmitgliederversammlung am 14.3.1962 wurde er zum 1. Vorsitzenden des Stuttgarter Kreisverbandes gewählt. 1961 fusionierte der BHE mit der Deutschen Partei zur Gesamtdeutschen Partei (GDP); Lasslob leitete somit den Kreisverband Stuttgart der GDP (DP/BHE). Die inneren Spannungen nahmen zu und als es 1964 zu einer nicht von Lasslob einberufenen Versammlung kam, wurde er als Vorsitzender abgesetzt. Daraufhin trat er am 19.4.64 aus der GDP aus. Hintergrund der Auseinandersetzungen war der zunehmende Einfluss von ehemaligen DRP-Mitgliedern in der GDP, dem Lasslob entgegenwirken wollte.
Mit dem Austritt aus der GDP endete das parteipolitische Engagement Lasslobs. Der Interessenvertretung der Vertriebenen und besonders der Karpatendeutschen galt aber weiterhin sein Engagement, weshalb Lasslob die Arbeit in den Verbänden intensivierte. Seit 1953 war er stellvertretender Leiter der Heimatauskunftstelle Slowakei und Troppau. 1969 wurde er deren Leiter und 1976 auch geschäftsführender Leiter von fünf Heimatauskunftstellen. Seit 1954 war er Sozialreferent im Bundesvorstand der Karpatendeutschen Landsmannschaft, 1972 wurde er Geschäftsführer und 1978-1993 erster Bundesvorsitzender. Außerdem wirkte er in den Vorständen des Bundes der Vertriebenen, sowohl im Bundes- wie im Landesvorstand, dem Rat der Südostdeutschen Landsmannschaften, dessen Vorstandsvorsitzender er seit 1986 war, und bei der Europäischen Bewegung.
Seit der Grenzöffnung Ende 1989 engagierte sich Lasslob zunehmend für die in der Slowakei verbliebenen Karpatendeutschen. Er half beim Aufbau des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei und unterstützte das Museum der Kultur der Karpatendeutschen in Preßburg. Außerdem vermittelte er zwischen deutschen und slowakischen Politikern.
Lasslob hielt außerdem Vorträge und schrieb Artikel für verschiedene Vertriebenenzeitschriften. Auch an größeren Publikationsvorhaben zum Karpatendeutschtum wirkte er mit. 1983 erschien das Buch "Der Leidensweg der Karpatendeutschen 1944-1946", das er zusammen mit Adalbert Hudak verfasste. Eine Arbeit über Karpatendeutsche Trachten und Tänze geht wesentlich auf ihn zurück. Weiterhin stellte Lasslob die Dokumentation "Die Karpatendeutschen im Spiegelbild der Zahlen" zusammen, die 2004 erschien. Lasslob wurde mit verschiedenen Ehrenurkunden ausgezeichnet; 1993 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Er starb am 31. Juli 2006 in Esslingen.
2. Bearbeitung des Bestandes
1999 übergab Isidor Lasslob in zwei Kartons die vorliegenden Unterlagen zur Archivierung an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Eine sehr grobe Erfassung und Ordnung erfolgte noch im selben Jahr durch die Anwärterin Caroline Schach. Oktober/November 2011 erschlossen die Anwärter Katja Geisler und vor allem Oliver Kreie das Material tiefer. Zu ergänzen waren die Angaben zum Umfang und zur Laufzeit; durch ausführlichere Titelaufnahmen und Enthält-Vermerke wurde eine größere Erschließungstiefe erreicht. Die abschließenden Arbeiten besorgte der Unterzeichnete im November 2011.
Die Unterlagen lassen sich auf den ersten Blick in "Registraturgut" und in "Sammlungsgut" unterscheiden. Die Registraturen der Kreisverbände Vaihingen und Stuttgart waren verhältnismäßig einfach organisiert und wurden weitgehend dem Vorsitzenden bzw. Geschäftsführer des BHE überlassen. Anscheinend erfolgte die Verwahrung der Unterlagen in der Privatwohnung. Typisch für den sehr einfachen Schriftverkehr sind die handschriftlichen Protokolle, die wohl nur einmal vorliegen und nicht verteilt wurden. Eine Schreibkraft für eine maschinenschriftliche Ausfertigung fehlte.
Das "Sammlungsgut" besteht aus meist von der Partei (BHE bzw. GDP) herausgegebenen Druckschriften. Sie dienten zur eigenen politischen Information sowie zur Information Dritter, seien es Parteimitglieder oder Interessenten. Die Druckschriften wird Lasslob durch seine Tätigkeit im BHE bzw. GDP erhalten haben, sie wurden wahrscheinlich an die Funktionäre verteilt. Eine besondere Sammlungsaktivität ist nicht anzunehmen. Einige Schriften lagen mehrfach vor, was eine Verwendung als Werbematerial nahe legt. Neben Druckschriften des BHE und der GDP liegen auch Schriften anderer Organisationen und Parteien zu den Vertriebenenthemen vor. Diese entstammen ausschließlich aus der Zeit, in der Lasslob in der BHE bzw. GDP Ämter versah. Eine darüber hinausgehende allgemeine Sammlungstätigkeit liegt also nicht vor.
Die Unterlagen lassen sich als Teilnachlass auffassen. Sie betreffen nur die Zeit Lasslobs in der BHE bzw. GDP 1951-1964. Sein sonstiges Engagement zugunsten der Vertriebenen und der Karpatendeutschen bleibt vollständig im Dunkeln.
Der Quellenwert des Bestandes liegt darin, dass er über die Probleme und die Ideologie der Vertriebenen in den zwei Jahrzenten nach dem Zweiten Weltkrieg informiert und Einblicke in die unterste Parteiebene (in zwei Kreisverbänden) des BHE bzw. der GDP gewährt.
Der Bestand umfasst 60 Einheiten in 0,40 lfd. m, die Laufzeit reicht von 1951 bis1964 mit einem Nachtrag von 1968.
Stuttgart, im November 2011
Dr. Peter Schiffer

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Q 1/60
Umfang
60 Büschel

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Nachlässe, Verbands- und Familienarchive >> Politische Nachlässe
Verwandte Bestände und Literatur
Literatur:
Lasslob, Isidor, in: P. Rainer Rudolf/Eduard Ulrich: Karpatendeutsches Biographisches Lexikon, Arbeitsgemeinschaft der Karpatendeutschen aus der Slowakei Stuttgart, 1988, S. 187 f.

Indexbegriff Person

Bestandslaufzeit
1951-1964, 1968

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1951-1964, 1968

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