AV-Materialien
Stürmische Auseinandersetzungen im Landesparlament
(O-Ton) Hermann Veit, Dr., MdL, SPD, Karlsruhe, befaßt sich mit der Tätigkeit der Regierung im Bundesrat: Schon in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom 07.07.1960 wird auf die Tendenz zum Zentralismus hingewiesen / Verfassungswidrigkeit des Zentralismus / Die Schwäche des Bundesrats liegt nicht in seiner Unterbesetzung, sondern in der Vasallentreue parteipolitisch gebundener Landesregierungen / Es ist keine gute, dem föderalistischen Prinzip unseres Grundgesetzes dienende Sache, wenn Regierungschefs der Länder bundespolitischen Ehrgeiz haben / Der Fernsehstreit und die Entscheidung des BVG sind warnende Ereignisse / Wenn wir nur CDU-Regierungen gehabt hätten, wäre eine schwere Verfassungsverletzung unbeanstandet geblieben / "Was muss in Deutschland passieren, damit etwas passiert" (Reinhold Maier) / Verteidigung der Verfassung gegen parteipolitische Anfechtungen / (4'06)
(O-Ton) Kurt Georg Kiesinger, Dr., CDU, Ministerpräsident von Baden-Württemberg: Der Vorwurf von der Schwäche des Bundesrates durch die Vasallentreue parteipolitisch gebundener Landesregierungen läßt sich leicht umkehren in den Vorwurf der Vasallentreue parteipolitisch gebundener Opposition / (Zwischenruf des Abgeordneten Renner: Damit fordern sie das Wort Gleichschaltung geradezu heraus) / Die SPD wollte in den vergangenen Jahren den Bundesrat sich gleichschalten / Der Bundesrat, sich als harmlose Ländervertretung darbietend, kann als Institution von höchster parteipolitischer Kraft ausgestaltet werden / Es ist denkbar, daß in Bundestag und Bundesrat unterschiedliche Mehrheiten herrschen / Dann wäre die Arbeit der Bundesregierung blockiert / Es ist politische Pflicht der Regierungsparteien, eine solche Entwicklung zu verhindern / In der heutigen Zeit soll da nicht gestritten werden, wo man zusammenarbeiten kann / Man soll sich im Übrigen aber zu dem Seinen bekennen / Unterschiede in der Konzeption sollen nicht verwischt werden / Kräfte, die sich zum Nihilismus, zur abgrundlosen (sic!) Wertefreiheit bekennen, sollen es nicht verwirklichen, dass eine Generation heranwächst, ohne die Werte christlich-europäischer Kultur zu kennen / (7'35)
(O-Ton) Otto Gönnenwein, Dr., MdL, FDP/DVP, Heidelberg, nimmt namens seiner Fraktion zum Urteil des BVG im Fernsehstreit Stellung: Das Urteil des BVG bringt als Positivum die Feststellung, dass die Kulturhoheit der Länder unteilbar ist und dass die Länder auch auf dem Gebiet des Rundfunks und Fernsehens Kulturhoheit haben / Das BVG ist außerdem den Bestrebungen der Bundesregierung, Bundeszuständigkeiten auszuweiten, entgegengetreten / Es ist zu wünschen, dass der Fernsehstreit unter Achtung der Kulturhoheit der Länder in einer "amicabilis compositio", einer bundesfreundlichen Regelung ins Positive gewendet wird / (2'42)
(O-Ton) Alex Möller, Dr., MdL, SPD, Karlsruhe: Es wäre besser gewesen, wenn sich andere Länder der Klage der sozialdemokratisch geführten Länder angeschlossen hätten / Bei der Gleichschaltungspolitik des Bundeskanzlers hätte man keine Handhabe gehabt, solche Gewaltstreiche gegen das Grundgesetz zu verhindern / Zitat aus dem Urteil des BVG: jene Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten "verbietet es auch, dass die Bundesregierung bei Verhandlungen, die alle Länder angehen, die Landesregierungen je nach ihrer parteipolitischen Richtung verschieden behandelt, insbesondere zu den politisch entscheidenden Beratungen nur Vertreter der ihr parteipolitisch nahestehenden Landesregierungen zuzieht und die der Opposition im Bunde nahestehenden Landesregierungen davon ausschließt" / Ein Richter des BVG fürchtet, dass, wenn Adenauer die nächsten Wahlen gewinnt, Änderungen des Grundgesetzes anstehen, die das BVG betreffen / Der Ministerpräsident erwägt eine Neuordnung auf dem Gebiete des Fernsehens mit Hilfe einer Grundgesetzänderung / Das Urteil des BVG ist ein vernichtendes Urteil gegenüber der Bundesregierung / (5'03)
- Archivaliensignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, R 5/002 D611002/401
- Umfang
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0:24:30; 0'24
- Sonstige Erschließungsangaben
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Herkunft: Politischer Wochenbericht aus Baden-Württemberg
- Kontext
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Politischer Wochenbericht aus Baden-Württemberg des SDR 1958-1970 >> 1961 >> März
- Bestand
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, R 5/002 Politischer Wochenbericht aus Baden-Württemberg des SDR 1958-1970
- Indexbegriff Sache
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BRD: Bundesrat
Bund-Länder-Verhältnis
Bund-Länder-Verhältnis: Kulturhoheit
Rundfunk: Fernsehen: ZDF
Staat: Zentralismus
Verfassung
- Laufzeit
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4. März 1961
- Weitere Objektseiten
- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
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20.01.2023, 16:49 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- AV-Materialien
Entstanden
- 4. März 1961