Archivbestand
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Germania Sacra (Dep.) (Bestand)
Karteien von Wilhelm Kohl und
anderen zur Diözese Münster (39), Karteien von Helmut Richtering zum
Herzogtum Westfalen (25) sowie Karteien und weitere Materialien von
Ingrd Joester zu den Prämonstratenserstiften Steinfeld und
Knechtsteden (63).
Bestandsgeschichte: Karteien der
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Germania Sacra (Bearbeiter
Wilhelm Kohl, Klaus Scholz, Josef Prinz, Gerhard Aders, Helmut
Richtering, Ingrid Joester).
Form und Inhalt: 1. Geschichte
des Projekts Germania Sacra
Die Germania Sacra
wurde 1917 von Paul Kehr gegründet und am Kaiser-Wilhelm-Institut für
Geschichte in Berlin angesiedelt. Ihr Ziel war die Publikation von
historisch-statistischen Handbüchern, die die Bistümer des Alten
Reichs mit den Diözesen, Domstiften, anderen Stiften und Klöstern bis
zur Reformation behandelten. Bis 1966 erschienen 12 Bände der später
so genannten Alten Reihe.
1956 wurde die
Germania Sacra als wichtigstes Projekt des Max-Planck-Instituts für
Geschichte in Göttingen unter Hermann Heimpel wiedergegründet. Auf
Heimpel folgten 1971 als Institutsleiter Josef Fleckenstein und 1987
Otto-Gerhard Oexle. Von 1957 bis 1980 leitete Josef Prinz von Münster
aus das Projekt als Abteilungsleiter (vgl. LAV NRW W, V 073 Nachlass
Joseph Prinz, Nr. 135-141), nach ihm waren es die Referentinnen und
der Referent Irene Crusius, Helmut Flachenecker und Nathalie
Kruppa.
Eine der 1957 getroffenen
Grundsatzentscheidungen war, die Bände nicht mit der Reformation enden
zu lassen, sondern, sofern die geistlichen Institutionen
weiterbestanden hatten, die Manuskripte bis zur Säkularisation
fortzuführen. Zwischen 1962 und 2007 wurden in der "Neuen Folge" 50
Bände veröffentlicht, die sich ganz überwiegend auf Kollegiatstifte
und Klöster konzentrierten, während Bände, die Domstifte und Diözesen
behandelten, die Ausnahme blieben. Die "Studien zur Germania Sacra"
ergänzen die Handbücher um Darstellungen. Bis 2022 erschienen 32
Bände.
Nach der Schließung des
Max-Planck-Instituts für Geschichte 2007 wurde die Germania Sacra 2008
von der Union der Akademien Deutschlands mit einer Projektlaufzeit von
25 Jahren aufgenommen. An der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
wurde eine Arbeitsstelle eingerichtet. Die Leitung übernahmen Hedwig
Röckelein, Frank Rexrroth und Helmut Flachenecker. Die Arbeitsstelle
brachte von 2009 bis 2022 20 Bände der "Dritten Folge" sowie vier rein
digital erschienene Supplementbände heraus. Das "Digitale
Personenregister" und die "Klosterdatenbank" ergänzen das Angebot auf
der Homepage der Germania Sacra. Die Reihe der "Studien zur Germania
Sacra" wird auch unter dem Akademieprogramm als "Neue Folge"
fortgeführt. Zwischen 2009 und 2022 sind 13 Bände erschienen.
Zur Arbeitsweise der Germania Sacra gehört die
vertragliche Bindung mit so genannten ehrenamtlichen Mitarbeitern (bis
in die 1980er Jahre: nebenamtliche Mitarbeiter). Bis 2007 Jahre waren
dies fast ausschließlich Archivarinnen und Archivare. Seit der
Neuaufstellung im Rahmen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
hat sich der Schwerpunkt auf Historikerinnen und Historiker
verschoben, die nicht an Archiven tätig sind.
Die Arbeitsweise der Germania Sacra wurde 1956/1957 im Rahmen
ihrer Neugründung überarbeitet und strukturiert. Es wurde der
Grundsatz eingeführt, dass jeder Archivbestand nur einmal auf
Personen, Orte und weitere Kategorien durchgesehen werden sollte, so
dass ein Mitarbeiter im besten Fall für mehrere geistliche
Institutionen und damit auch für andere Bearbeiter mitarbeitete. Die
Erfassung erfolgte auf Karteikarten, von denen Ende der 1950er Jahre
100.000 zentral angeschafft und nach und nach verteilt wurden. Auch
die Karteikästen wurden zentral beschafft. Für die Katalogisierung von
Personen und Besitz wurde ein einheitliches Schema erstellt und,
soweit hier ersichtlich, auch befolgt. Dieses einheitliche Schema
sollte gewährleisten, dass die einzelnen Bände untereinander
vergleichbar wurden. Auch ein "Querlesen" sollte unter bestimmten
Gesichtspunkten ermöglicht werden. Karteikarten sind für andere
ehrenamtliche Mitarbeiter wohl tatsächlich angelegt oder auch kopiert
und ausgetauscht worden, zumindest bis zur Einführung des Personal
Computers seit den 1980er Jahren.
2.
Bestandsgeschichte
Im Landesarchiv NRW
Abteilung Westfalen sind drei Blöcke von Karteien deponiert. Der erste
stammt von Wilhelm Kohl (1913-2014), einem ehrenamtlichen Mitarbeiter
der Germania Sacra der ersten Stunde nach der Neugründung, der von
1968 bis 2010 die meisten Bände eines einzelnen Bearbeiters überhaupt
herausgebracht hat. Sie alle betreffen das Oberstift Münster. Er hat
die Diözese, das Domstift und zahlreiche Klöster und Kanonissenstifte
bearbeitet, zu seinem großen Leidwesen jedoch trotzdem nicht einmal
die Hälfte aller geistlichen Institutionen des Oberstifts abgehandelt.
Er bedauerte dies umso mehr, als mehrere andere Bearbeiterinnen und
Bearbeiter "absprangen", die sich einzelne große und wichtige
Prämonstratenser-, Kollegiat- und Kanonissenstifte im Fürstbistum
vorgenommen hatten (die einzigen Ausnahmen sind die Bände von Helmut
Müller, "Das Kanonissenstift und Benediktinerinnenkloster Liesborn",
erschienen 1987 als Nr. 23 der Neuen Folge, und von Klaus Scholz "Das
Stift Alter Dom St. Pauli in Münster", erschienen 1995 als Band 33 der
Neuen Folge). Kohls Karteien betreffend die geistlichen Institutionen
im Bistum Münster enthalten vor allem prosopographisches Material für
die Erforschung weiterer Klöster und Stifte sowie der Pfarreien im
Bistum Münster. Der Teilbestand enthält auch die Vorarbeiten und
Materialien von Klaus Scholz zu seinem Band über das Stift Alter Dom
St. Pauli, darüber hinaus in vielen Karteikästen Karten von Josef
Prinz, Günter Aders und anderen.
Klöster und Stifte, die
noch nicht bearbeitet wurden, für die das vorliegende Material aber
eine umfassende Grundlage bietet, sind die folgenden:
Asbeck (Damenstift)
Beckum, Kollegiatstift
Bentlage, Kreuzherren
Bocholt, Weißes Stift
Bocholt, Schwarzes Stift
Bocholt, Kloster
Marienberg
Borghorst, Damenstift
Borken,
Kollegiatstift
Borken, Johanniterkommende
Borken, Kloster Marienbrink
Burgsteinfurt,
Johanniterkommende
Cappenberg, Prämonstratenser
Coesfeld, Marienborn
Dülmen, Kollegiatstift
Groß-Burlo, Wilhelmiten
Hohenholte, Damenstift
Horstmar, Kollegiatstift
Klein-Burlo,
Wilhelmiten
Langenhorst, Damenstift
Metelen,
Damenstift
Münster, Kollegiatstift St. Ludgeri
Münster, Kollegiatstift St. Martini
Münster, St.
Marien Überwasser
Münster, Deutschordenskommende St.
Georg
Münster, Johanniterkommende
Münster,
Minoritenkloster
Münster, Fraterhaus zum Springborn
Rengering, Zisterzienserinnen
Varlar,
Prämonstratenser
Vinnenberg, Zisterzienserinnen
Vreden, Damenstift
Weddern, Kartäuser
Wietmarschen, Damenstift.
Wilhelm Kohl
hatte seit 1957 im Rahmen seiner Dienstzeit und zusätzlich in seiner
Freizeit die einschlägigen Bestände im Staatsarchiv Münster
durchgehend systematisch insbesondere im Hinblick auf Personennamen,
Lebensläufe und Ämter auf Karteikarten erfasst und ausgewertet, ferner
die Inventare nichtstaatlicher Archive, die Adelsarchive und die
Bestände des Bistumsarchivs Münster. Dieses Material bildete die
Grundlage für alle von ihm publizierten Bände. Sie standen seit ihrer
Entstehung im früheren Staatsarchiv Münster in zwei besonderen
Schränken auf dem Flur vor einem der Magazine, heute liegen sie neu
verpackt im Magazin selbst und sind erstmals erschlossen. Für die
nicht immer einfache Identifizierung der meist nicht beschrifteten und
durch mehrere Umräumaktionen im Archiv in ihrer Ordnung gestörten
Karteikästen sei Frau Ursula Schnorbus herzlich gedankt. Kohl hat im
gleichen Zuge auch weitere Personenkarteien erstellt, die mit der
Germania Sacra hingegen nichts zu tun haben und deshalb seinem
Nachlass zugeordnet wurden (vgl. LAV NRW W, V 055 Nachlass Wilhelm
Kohl, Nr. 273-288).
Der letzte von Kohl
geplante und bereits weit vorangetriebene Band behandelt die Pfarreien
im Oberstift Münster. Vorbild dafür ist ein entsprechender Band des
Bistums Bamberg, der in der ersten Phase der Germania Sacra von Erich
von Guttenberg verfasst, von Alfred Wendehorst nach dem Krieg zum
Druck gebracht und 1966 in der "Alten Reihe" publiziert wurde. Der
Band zu den Pfarreien des Oberstifts Münster wird hoffentlich noch
während der Projektlaufphase der Germania Sacra an der Akademie der
Wissenschaften zu Göttingen erscheinen, denn es haben sich Bearbeiter
gefunden, die ihn zu Ende führen wollen.
Der
zweite Block basiert auf Karteien, die Helmut Richtering (1922-1989)
in seiner Zeit als Archivar am Staatsarchiv Münster (1951-1974) zu den
Klöstern und Pfarreien im Herzogtum Westfalen angelegt hat. Auch diese
beruhen auf der Durchsicht der einschlägigen Bestände und sollten die
Grundlage für Bände zu den Klöstern und Pfarreien im Herzogtum
Westfalen bilden. Es ist leider niemals ein Band daraus entstanden,
was sicher - auch - mit dem Wechsel Richterings an das Landesamt für
Archivpflege (heute LWL-Archivamt für Westfalen) zu tun hatte, zu
dessen Leiter er 1974 bestellt wurde. Die Karteien standen ebenso wie
die Kohlschen Karteien immer im Staatsarchiv Münster. Über die von
Richtering erstellten Karteien wurde 1989 ein Depositalvertrag des
Staatsarchivs Münster mit dem Max-Planck-Institut für Geschichte
geschlossen, der 2020 durch einen Vertrag des Landesarchivs NRW mit
der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ersetzt wurde und nun
auch die Karteien von Wilhelm Kohl umfasst. Der Vertrag sieht die
freie Benutzung der Karteien durch die Forschung nach dem Archivgesetz
NRW in der jeweils gültigen Fassung vor.
2022
kamen als dritter Teil die Karteien und Materialien von Ingrid Joester
hinzu, die sie in Vorbereitung von Bänden zu den
Prämonstratenserstiften Steinfeld und Knechtsteden erstellt hatte.
Lange hatte Frau Joester geplant, den Band "Das Prämonstratenserstift
Steinfeld" im Rahmen der Hauptreihe der Germania Sacra zu publizieren.
Das 2018 eingetretene Ende der Möglichkeit, Kloster- und Stiftsbände
zu publizieren, machte ein Umsteuern erforderlich. Die Hauptteile des
geplanten Steinfeld-Bandes betreffend die Biogramme der Äbte und
Chorherren sowie den Besitz erschienen 2018 in drei Teilbänden im
Rahmen der Supplementbände der Germania Sacra (s. unten). Die
Vorarbeiten zum Stift Knechtsteden wurden nicht weitergeführt. Auch
Frau Joester hat die Karteikarten nach dem vorgegebenen Schema
angelegt. Die in den Karteien erfassten Informationen zu Personen und
Besitz Steinfelds gehen deutlich über das hinaus, was in den
Supplementbänden abgedruckt wurde und bilden einen Mehrwert, auf dem
weitergehende Forschungen aufsetzen können. Das Gleiche gilt für die
vielen weiteren Kategorien, die in die Supplementbände nicht
aufgenommen werden konnten, die aber Voraussetzung für die Aufnahme
des Bandes in die Hauptreihe der Germania Sacra waren und sich in den
Karteien spiegeln. - Die Sonderdrucke von Aufsätzen von Ingrid Joester
Steinfeld betreffend wurden in der Dienstbibliothek des Hauses unter
der Signatur 4 J 64 eingestellt. Ein Plakat wurde zur Plakatsammlung
gelegt (LAV NRW W, W 351 Plakatsammlung, Nr. 4743), mehrere Karten zur
Kartensammlung genommen (LAV NRW W, W 051 Karten A, Nr. 73043-73048),
eine CD (Nr. 121) befindet sich derzeit (November 2022) in der
Digitalisierung.
Mechthild Black-Veldtrup, im
November 2022
Bände der Germania
Sacra, die auf der Grundlage der Karteien und Materialien des Bestands
entstanden sind:
Wilhelm Kohl:
- Die
Schwesternhäuser nach der Augustinerregel. (Die Bistümer der
Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster 1, Germania Sacra N.F. 3),
Berlin / New York 1968.
- Die Klöster der
Augustiner-Chorherren. (Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das
Bistum Münster 2, Germania Sacra N.F. 5), Berlin / New York
1971.
- Das (freiweltliche) Damenstift Freckenhorst. (Die
Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster 3, Germania Sacra
N.F. 10), Berlin / New York 1975.
- Das Domstift St. Paulus
zu Münster. 3 Bände. (Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum
Münster 4, Germania Sacra N.F. 17, 1-3), Berlin / New York
1982-1989.
- Das Bistum Münster. Die Diözese. 4 Bände. (Die
Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster 7, Germania Sacra
N.F. 37, 1-4), Berlin / New York 1999-2004.
- Das
(freiweltliche) Damenstift Nottuln. (Die Bistümer der Kirchenprovinz
Köln. Das Bistum Münster 8, Germania Sacra N.F. 44), Berlin / New York
2005.
- Das Kollegiatstift St. Mauritz vor Münster. (Die
Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster 9, Germania Sacra
N.F. 47), Berlin / New York 2006.
- Das
Zisterzienserinnen-, später Benediktinerinnenkloster St. Aegidii zu
Münster. (Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster 10,
Germania Sacra, Dritte Folge 1), Berlin / New York 2009.
-
Die Zisterzienserabtei Marienfeld. (Die Bistümer der Kirchenprovinz
Köln. Das Bistum Münster 11, Germania Sacra, Dritte Folge 2), Berlin /
New York 2010.
Ingrid Joester:
-
Äbte und Chorherren des Prämonstratenserstifts Steinfeld (Germania
Sacra Supplementband 2,1 und 2,2) Akademie der Wissenschaften zu
Göttingen 2018.
- Der Besitz des Prämonstratenserstifts
Steinfeld (Germania Sacra Supplementband 3) Akademie der
Wissenschaften zu Göttingen 2018.
Literatur zur
Germania Sacra:
- 100 Jahre Germania Sacra.
Kirchengeschichte schreiben vom 16. bis zum 21. Jahrhundert, hg. von
Hedwig Röckelein (Studien zur Germania Sacra NF 8), Berlin/Boston
2018.
Literatur zur Arbeitsweise der Germania
Sacra:
- Wilhelm Kohl, Germania Sacra, in:
Archives et bibliothèques de Belgique 44, 1973, S. 554-562.
- Mechthild Black-Veldtrup, Die Germania Sacra und das
Archivwesen, in: 100 Jahre Germania Sacra. Kirchengeschichte schreiben
vom 16. bis zum 21. Jahrhundert, hg. von Hedwig Röckelein (Studien zur
Germania Sacra NF 8), Berlin/Boston 2018, S. 197-231.
- Reference number of holding
-
V 603
- Extent
-
127 Karteikästen und Akten.
- Language of the material
-
German
- Context
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Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 4. Nichtstaatliches Schriftgut / Archivische Sammlungen >> 4.4. Nachlässe und Sammlungen (V) >> 4.4.2. Sammlungen von Vereinen, Institutionen und Firmen
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- Date of creation of holding
-
(11. Jh.-19. Jh.)
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