Bestand
Allodifikation der Lehen (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Überarbeitete Fassung der von der Archivarin Ehrentraut verfassten Einleitung des maschinenschriftlichen Findbuchs von 1985:
Behördengeschichte
Die Lehnssachen wurden von der landesherrlichen Kanzlei bearbeitet. Im Jahre 1558 wurde die Lehnskanzlei aus der allgemeinen landesherrlichen Kanzlei herausgelöst und existierte als selbständige Behörde. Mit dem Regierungsantritt König Friedrich Wilhelms I. 1713 wurde auch eine neue Kommission ins Leben gerufen, die Lehnskommission. Diese besondere Kommission wurde damit beauftragt, die Allodifikation der Lehen durchzuführen. Sie bestand aus fünf Mitgliedern und zwar den Geheimen Räten bzw. Ministern von Ilgen, von Grumbkow, von Creutz, von Kraut und von Katsch. Federführend bei der Umwandlung der Lehen in Erbgüter war zunächst von Katsch, später dann von Ilgen. Auf Befehl des Königs entwarfen die Räte das Edikt wegen "Aufhebung der Lehen", das bereits am 5. Januar 1717 vollzogen und dessen Publizierung in allen Landesteilen befohlen wurde. Die Vorschläge des Königs waren darauf gerichtet, für jedes von den Vasallen zu stellende Ritterpferd einen jährlichen Kanon, d.h. einen festgesetzten Geldbetrag anstelle der Lehnsdienste, von 50 Talern zu erhalten. Dafür gestand er seinen Vasallen die Umwandlung der Lehen in Allodialgüter, d.h. freies Eigentum der Adligen, sowie das Recht der weiblichen Erbfolge zu. Er verzichtete auf die Gebühren für Mutungen und Konsense, auf die Lehnssporteln und -strafen sowie auf das Heimfallsrecht. Unangetastet ließ er die Erbfolge der Gesamthänder und Agnaten sowie das Einspruchsrecht bei der Disposition der Lehngüter. Unbeeinflußt von der Allodifikation blieb dagegen die Ableitung des Homagial- und Untertänigkeitseides.
Die Vasallen sollten sich nach Bekanntgabe des Edikts versammeln und ihre Erklärungen bei den zuständigen Regierungen abgeben. Durch Erlaß vom 29. Januar 1717 wurde den Regierungen aufgetragen, eine Aufstellung über sämtliche in den Landesteilen gelegenen Lehngüter anzufertigen. In einer vorgeschriebenen Tabelle sollten 23 verschiedene Daten über jedes Lehngut zusammengestellt werden. Die geforderten Tabellen gingen zögernd in Berlin ein. Sie befinden sich - in 9 Bänden nach Landesteilen zusammengefaßt - im Bestand.
Die Umwandlung der Lehen in Erbgüter ging - entgegen den Erwartungen des Königs - nicht ohne Auseinandersetzungen mit den Adligen der einzelnen Landesteile vor sich, denn statt Zustimmung machte die überwiegende Mehrzahl der betroffenen Adligen Einsprüche geltend bzw. weigerte sich. Die Schwierigkeiten, die v.a. aus der Ungleichheit der einzelnen Landesteile herrührten, hatte man unterschätzt. Die von den Adligen der einzelnen Landesteile abgegebenen Erklärungen belegen, wie kompliziert die Situation war. Die Einsprüche der Adligen veranlaßten den König, seine Forderungen herabzusetzen. Durch die Resolution an die kurmärkischen Deputierten vom 17. April 1717 erfolgte die Herabsetzung des Kanons von 50 auf 40 Taler.
Dem König und der Lehnskommission war klar geworden, dass ein erfolgreicher Abschluß der Allodifikation nur durch separate Verhandlungen mit den einzelnen Landesteilen möglich war. Die überlieferten Akten zeigen, welche Probleme es in den einzelnen Landeteilen gab und wie hart z.T. die Auseinandersetzungen geführt wurden.
Der König verstand es, durch geschickte Verhandlungen bzw. durch militärische Exekution die Adligen zur Annahme seines Vorhabens zu veranlassen. Das Abschlussdokument war die sogenannte Assekuration, die zwischen dem König und den Vertretern der Stände für jeden Landesteil abgeschlossen wurde. Zusammenfassend kann man sagen, daß König Friedrich Wilhelm I. durch Konsequenz seinen Plan durchgeführt hat. Er sicherte sich eine dauernde Einnahmequelle für sein stehendes Heer und damit eine Möglichkeit, seine Stellung in Europa auszubauen.
Bestandsgeschichte
Bei dem Bestand "Allodifikation der Lehen" handelt es sich um einen Pertinenzbestand. Die bei der Lehnskommission in Berlin entstandenen Akten über die Umwandlung der Lehen in Erbgüter fanden sofort Aufnahme im Geheimen Archiv, das zugleich als Registratur diente. Sie wurden gemeinsam mit einigen Akten des Generaldirektoriums und des Geheimen Justizkollegiums mit dem gleichen Betreff zu einem Bestand zusammengefasst, der Repositur 66. Während des zweiten Weltkriegs wurde der Bestand gemeinsam mit den anderen Beständen des ehemaligen Preußischen Geheimen Staatsarchivs in Berlin-Dahlem in die Salzbergwerke Staßfurt und Schönebeck ausgelagert. Er kam im Jahre 1949 in das Zentrale Staatsarchiv, Dienststelle Merseburg.
Der Bestand "Allodifikation der Lehen" war unzureichend erschlossen und daher schwer benutzbar. Im Jahre 1985 wurde eine Neubearbeitung (einfache Verzeichnung) des Bestandes als Examensarbeit von der Archivarin Bettina Ehrentraut durchgeführt. Der Bestand enthält ca. 120 Verzeichnungseinheiten aus dem Zeitraum 1705 - 1750. Der Umfang des Bestandes beträgt 3 lfm. Das neuerarbeitete Ordnungsschema reduziert sich auf die Bildung von zwei Hauptgruppen, und zwar:
1. Umwandlung der Lehen, allgemein
2. Umwandlung der Lehen, Landesteile
Die Reihung der Landesteile erfolgte nicht alphabetisch, sondern nach dem Jahr ihrer Erwerbung. Die Reihung der Verzeichnungseinheiten innerhalb der Klassifikationsgruppen der Landesteile erfolgte chronologisch.
Der Bestand enthält wichtige Informationen für historische Forschungen, v.a. für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Die Aussagen über die Taxierung der Güter mit ihren Belastungen, v.a. die darauf haftenden Roßdienst- und Heerespflichten, geben genaue Auskunft über die damaligen Besitzverhältnisse der Adligen und ihre zu leistenden Pflichten gegenüber dem Landesherrn.
Zur Untersuchung einzelner Fragestellungen ist es allerdings erforderlich, auch andere Bestände, u.a. der Bestandsgruppe "Geheimer Rat" heranzuziehen. Genannt seien hier nur in Auswahl: I. HA Geheimer Rat, Rep. 62 Kurmärkische Lehnssachen; I. HA, Rep. 78 Kurmärkische Lehnskanzlei; I. HA Geheimer Rat, Rep. 22 Adlige Familien und Schulzengerichte der Mark Brandenburg, die entsprechenden Sachgruppen der Territorialreposituren sowie die Bestände der II. HA Generaldirektorium.
Im Jahr 1993 wurden die Bestände des Geheimen Staatsarchivs aus Merseburg wieder nach Berlin verbracht. Das Findbuch zu diesem Bestand wurde im Jahr 2014 mit geringfügigen redaktionellen Überarbeitungen retrokonvertiert.
Letzte vergebene Nummer: 120
Die Akten sind auf gelben Bestellzetteln wie folgt zu bestellen: I. HA, Rep. 66, Nr.
Zitierweise: GStA PK, I. HA Geheimer Rat, Rep. 66 Allodifikation der Lehen, Nr.
28. November 2014 F. Mücke (AInsp'in)
Zitierweise: GStA PK, I. HA GR, Rep. 66
- Reference number of holding
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I. HA GR, Rep. 66
- Extent
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Umfang: 3 lfm (120 VE); Angaben zum Umfang: 3 lfm (120 VE)
- Language of the material
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deutsch
- Context
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Tektonik >> ZENTRALE VERWALTUNGS- UND JUSTIZBEHÖRDEN BRANDENBURG-PREUSSENS BIS 1808 >> Geheimer Rat >> Sach-Reposituren >> Verwaltung und Rechtsprechung (allgemein)
- Date of creation of holding
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Laufzeit: 1705 - 1750
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
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19.08.2025, 12:19 PM CEST
Data provider
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- Laufzeit: 1705 - 1750