Malerei
Dossale Veneziano - Zyklus mit 18 Szenen aus dem Leben Christi
Die Ikone ist geprägt von der im Italien des 13. Jahrhunderts verbreiteten byzantinischen Bildkultur: Um eine Darstellung der Madonna mit dem Kind und einer Kreuzigung an zentraler Position sind Geschichten aus dem Leben Christi gruppiert. Die Darstellungen folgen einer kodifizierten Form, die ihren Ursprung in Konstantinopel hat und auf Gold sowie intensive Farben setzt. Doch in vielen Details finden sich Abweichungen von der östlichen Ikonenmalerei: etwa das Kreuz, dem ein zweiter Querbalken fehlt und das einem knospenden Baum ähnelt, das lateinische "INRI" (= Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum - "Jesus von Nazaret, König der Juden") oder das Gewand der Gottesmutter, das nach der östlichen Tradition rot und mit genau drei Sternen verziert sein müsste. Tatsächlich handelt es sich bei der großen und seltenen Tafel um eine venezianische Arbeit aus der Blütezeit der Stadtrepublik im 14. Jahrhundert. Die hervorstechende, zentrale Bedeutung der Gottesmutter und der heiligen Frauen in vielen Szenen deutet darauf hin, dass das Altarbild (dossale) ursprünglich für ein Frauenkloster gemalt wurde.Während der Renaissance geriet die byzantinische Malerei in Vergessenheit. Erst im 18. Jahrhundert wurde sie langsam wiederentdeckt. Der Grund dafür war weniger eine Bewunderung für die Ikonen und deren Inhalte. Vielmehr wurden sie wurden von Kennern und Sammlern herangezogen, um eine Weiterentwicklung der nachantiken Malerei bis Raffael, den man als den größten aller Künstler betrachtete, zu illustrieren. oder vielmehr zu konstruieren. Edward Solly erwarb vermutlich genau deshalb diese Tafel. 1819 wurde sie in seiner Sammlung als "byzantinisch" inventarisiert.Nach dem Erwerb für das zukünftige Berliner Museum sollte die Tafel zunächst als erstes Werk in der Kategorie toskanischer Malerei präsentiert werden. Aloys Hirt schrieb die Arbeit dem Maler Andrea Tafi zu, was weniger stilistisch begründet sondern der Bedeutung der Person Tafis geschuldet war: Zum einen waren dessen Deckenmosaiken im Baptisterium von Florenz zu dieser Zeit bereits bekannt, zum anderen galt Hirt als erster namentlich bekannter Florentiner Maler und sollte daher den Beginn einer Ahnenreihe der florentinischen Schulde bilden. So hätte sich die Frühphase der toskanischen Malerei durch ein mit dieser besonderen Persönlichkeit verbundenem Werk gut dokumentieren lassen.Bereits 1830 räume der Kunsthistoriker Gustav Friedrich Waagen mit diesem Mythos auf und schrieb die Tafel einem Maler der alten venezianischen Schule des 13. Jahrhunderts zu - eine Einschätzung, die auch spätere Gutachten weitgehend bestätigten. Der namentlich unbekannte Maler wird Meister von der Croce di San Pantaleone und in jüngerer Zeit auch Meister der Dossali Veneziani genannt. Zusammen mit zwölf weiteren Tafeln aus der ehemaligen Sammlung Solly wurde diese Ikone von der Gemäldegalerie an die damalige Altchristlich-Byzantinische Abteilung der Berliner Museen (= Museum für Byzantinische Kunst) überwiesen; heute befinden sich viele Ikonen dieses Museums als Leihgaben im Ikonenmuseum in Frankfurt.Neville Rowley und Robert Skwirblies (2021)
- Standort
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Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin
- Sammlung
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Museum für Byzantinische Kunst (MBK)
- Inventarnummer
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11279
- Maße
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Höhe: 78,5 cm
Breite: 107 cm
Tiefe: 3,4 cm
- Material/Technik
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Pappelholz, bemalt
- Klassifikation
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Tafelbild (Sachgruppe)
- Ereignis
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Herstellung
- (wo)
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Venedig
- Rechteinformation
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Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin
- Letzte Aktualisierung
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09.04.2025, 10:14 MESZ
Datenpartner
Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Malerei