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Fortitudo

Teil einer Serie: - The Seven Virtues / Die sieben Kardinaltugenden, Ph. Galle nach P. Bruegel d.Ä., 7 Pll.
Ruhig und stark steht Fortitudo, die Personifikation der Stärke, auf einem erlegten und angeketteten Drachen. Um sie herum ist alles in Bewegung, nur die Festung im Hintergrund liegt ebenso friedlich da. Rund erhebt sich der Mauerring über der Landschaft, er ist von einem breiten Burggraben umgeben. Vier Türme, in ihrer Gestalt an Bienenkörbe erinnernd, flankieren das Innere der Festung, das von einer weiteren Mauer umgeben ist und in das so kaum Einblick gewährt ist. Die in alle Richtungen blickenden, anthropomorphisiert dargestellten Türme erlauben Überblick und Ausblick sowohl in die Landschaft als auch über das im Hintergrund liegende Meer. Sie erinnern mit ihren Augen und Mündern unwillkürlich an den Antonius-Altar Hieronymus Boschs. Um diesen Zentralbau herum entwickelt sich kreisförmig das Geschehen. Kampfszenen, Angriff und Abwehr sind allerorten zu sehen. Berittene, Lanzen tragende Heerscharen verfolgen mit Macht unförmige Tiere und vielgestaltige Wesen. Fußsoldaten vertreiben plumpes Volk in eine aufgebrochene Kugel, Schnabeltiere verschanzen sich hinter Wehrkonstruktionen. Im Bildvordergrund sind Nahkämpfe dargestellt. Menschen verschiedenster Profession, wie an ihren Bekleidungen abzulesen ist, Soldaten, Bürger, Bauern und Geistliche ringen mit Tieren oder ähnlichen Gestalten. Äxte und Schwerter, aber auch Besen, Armbrüste und Messer kommen zum Einsatz. Trotz aller Turbulenzen wird Überlegenheit deutlich: Die bewaffneten Menschen dominieren die Mischwesen, viele derer liegen bereits besiegt am Boden. - Inmitten dessen die Stärke, die nicht handelt, sondern gelassen dasteht. Sie trägt ein weites Gewand mit einem Brustpanzer und engelsgleiche Flügel am Rücken. Auf dem Kopf mit den zusammengesteckten Haaren trägt sie einen Amboss. Neben ihr ist eine Säule aufgestellt, deren vereinfachte korinthische Kapitelle sonderbarerweise am oberen und unteren Ende zu finden sind. - Dieser Stich, der auf einer graubraunen Federzeichnung von Pieter Bruegel d. Ä. von 1560 basiert, wurde von Philip Galle gestochen und von Hieronymus Cock noch im gleichen Jahr verlegt. Er gehört zur Serie der 7 Tugenden, wie die bereits beschriebene Justitia (Kat.Nr….). Auch hier wurde der Zeichnung mit roter Tinte die Bildunterschrift von Cock hinzugefügt: „Seinen Geist zu beherrschen, den Jähzorn zu unterdrücken und die übrigen Laster und Affekte zu bändigen, das ist wahre Stärke.“ - Die stoische Grundhaltung, die aus diesen Worten spricht, ist im Bild nur an der siegreichen Gelassenheit der Fortitudo selbst nachvollziehbar. Ihre Attribute demonstrieren ihre Eigenschaften symbolhaft. Die Säule könnte sich auf eine der beiden Säulen an Salomos Tempel, Jachin und Boas beziehen, die als Synonyme für Standhaftigkeit und Stärke gedeutet werden. Die Presse, mit der Fortitudo den Schwanz des Drachen eingeklemmt hat, steht für die Reue, die die Tränen hervorlockt, wie nordfranzösische mittelalterliche Handschriften belegen. Der Amboss hingegen, blank poliert von Hammerschlägen, vertritt das freudige Annehmen von Schicksalsschlägen, da aus Leiden Vollkommenheit entsteht. Nicht geklärt ist bisher das Flügelpaar der Allegorie, nahe liegt jedoch die Vermutung, sie bildeten einen Verweis auf den Erzengel Michael, der wie sie Drachentöter ist, denn er ist das Urbild des Kampfes und des Sieges über das Böse. - Um dieses Hauptmotiv herum sind in den polymorphen Wesen die Symboltiere der Todsünden wiederzuerkennen, beispielsweise der eitle Pfau der Superbia, die geizige Kröte oder der unkeusche Hahn der Luxuria (Kat.Nr….), die nun von der Tugend besiegt werden. Die bereits anhand der Luxuria-Darstellung festgestellten bildlichen Bezüge zu Hieronymus Bosch sind hier einmal mehr nachzuvollziehen. Allegorische Kämpfe werden hier ausgefochten, es handelt sich jedoch vielmehr um Seelenkämpfe, die für den Frommen leicht zu gewinnen sind. Zentrum des Widerstandes gegen die Laster ist die Burg. Auf ihren Türmen wehen die Fahnen der vier Evangelisten, die 12 Apostel befinden sich im Innenhof, im äußeren Burghof postieren Engel und Wächter. -

Fortitudo | Urheber*in: Galle, Philippe / Fotograf*in: Katharina Anna Haase / Rechtewahrnehmung: Georg-August-Universität Göttingen, Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität

Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International

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Alternativer Titel
Die Tapferkeit
Standort
Georg-August-Universität Göttingen / Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität, Göttingen
Inventarnummer
D 4157
Maße
Höhe: 241 mm (Blattmaß)
Breite: 322 mm (Blattmaß)
Material/Technik
Papier; Kupferstich
Inschrift/Beschriftung
Aufschrift: ANIMVM VINCERE, IRACVNDIAM... VERA FORTITUDO EST. (Vermutlicher Autor: Hieronymus Cock)
Aufschrift: FORTITVDO (Bildinschrift)
Marke: Göttinger Bibliotheksstempel

Klassifikation
Zeichnung/Grafik (Hessische Systematik)
Kupferstich (Oberbegriffsdatei)
Bezug (was)
Säule
Festung
Schlacht
Drache
Stärke, Fortitudo, als eine der vier Kardinaltugenden
Fortitudo, Stärke, als eine der sieben Gaben des Heiligen Geistes
Stärke (Fortitudo) als eine der sieben Gaben des Körpers

Ereignis
Entstehung
(wann)
1559 - 1560
Ereignis
Herstellung
(wer)
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)

Förderung
Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Letzte Aktualisierung
24.04.2025, 12:58 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
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Objekttyp

  • Grafik

Entstanden

  • 1559 - 1560

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