Monografie | Monograph
Eine relationale Perspektive auf Lernen: ontologische Hintergrundsannahmen in lerntheoretischen Konzeptualisierungen des Menschen und von Sozialität
In der wissenschaftlichen Diskussion über den Lernbegriff und über Lerntheorie bzw. lerntheoretische Ansätze werden regelmäßig erkenntnistheoretische, anthropologische, wissenschaftstheoretische und methodologische Hintergrundsannahmen thematisiert. Ontologische Hintergrundsannahmen kommen hingegen äußerst selten zur Sprache. Auffassungen von ›Lernen‹ lassen sich jedoch nicht zufriedenstellend auf einer epistemologischen Ebene unterscheiden, weil damit der jeweilige Subjektstatus verdeckt bleibt. Ausgangspunkt der vorliegenden Forschungsarbeit ist diese Lücke innerhalb der Theoriebildung. Auch wenn ontologische Voraussetzungen implizit bleiben – der fragliche Forschungsgegenstand ist in einer bestimmten Weise mitkonstituiert. Andere Gegenstandsbestimmungen werden somit tendenziell ausgeschlossen. Diese Invisibilisierung von Kontingenz stellt sich als ein Erkenntnishindernis für die Reflexion über ›Lernen‹ dar. Es ist daher notwendig, durch Reflexion über ontologische Hintergrundsannahmen die Kontingenz wieder sichtbar werden zu lassen (Revisibilisierung von Kontingenz). In der Forschungsarbeit werden daher ontologische Hintergrundsannahmen in Modellierungen von ›Lernen‹ freigelegt. Die ontologischen Hintergrundsannahmen werden als ›Konzeptualisierungen des (lernenden) Menschen und von Sozialität‹ gefasst. Auf der Basis metatheoretischer Vorarbeiten werden substanzialistische und relationale Konzeptualisierungen unterschieden. Es wird gezeigt, dass in vielen Fällen auf das substanzialistische Bild des ›homo clausus‹ (N. Elias) zurückgegriffen wird. Mit diesem Modell geht eine Konzeptualisierung von Sozialität als eine ›sekundäre Sozialität‹ einher. Die betreffenden Modellierungen von ›Lernen‹ suchen somit, meist implizit, ›ontologischen Halt‹ an einem Substanzialismus. In manchen (lern-)theoretischen Ansätzen wird in programmatischer Weise eine ›relationale Sichtweise‹ vertreten. Die ontologischen Hintergrundsannahmen bleiben jedoch implizit. Dadurch überlassen diese Ansätze ihre ›Konzeptualisierungen des (lernenden) Menschen und von Sozialität‹ einem intuitiven Hintergrundsverständnis. Die naheliegende Konzeptualisierung des bzw. der (lernenden) Menschen als einer ›offenen Persönlichkeit‹ bzw. als ›homines aperti‹ (N. Elias) und von Sozialität als dem Lernenden inhärenter Sozialität oder ›primärer Sozialität‹ (H. Joas) bekommt hierdurch unzureichenden ›ontologischen Halt‹. In der interdisziplinär angelegten Forschungsarbeit werden sozialtheoretische Ansätze miteinbezogen, die einen Blick auf das wechselseitige Konstitutionsverhältnis von Sozialität und Individualität ermöglichen. Zudem werden phänomenologische Ansätze betrachtet, mit deren Hilfe die Leiblichkeit von Lernprozessen fassbar wird. Insgesamt wird es durch die Forschungsarbeit möglich, einer ›relationalen Perspektive auf Lernen‹ Kontur zu verleihen. Dies bezieht sich sowohl auf präempirische Konstitutiva der Theoriebildung als auch auf eine relationale Fassung von ›Lernen‹.
- Language
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Deutsch
- Extent
-
Seite(n): 460
- ISBN
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978-3-86388-007-1
- Notes
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Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet
Allgemeines, spezielle Theorien und Schulen, Methoden, Entwicklung und Geschichte der Erziehungswissenschaft
Ontologie
Lernprozess
Lerntheorie
Sozialität
lebenslanges Lernen
sozialer Wandel
Lernen
Individualität
Theoriebildung
- DOI
- URN
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urn:nbn:de:0168-ssoar-317472
- Rights
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GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
- Last update
-
21.06.2024, 4:27 PM CEST
Data provider
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Monografie
Associated
- Schaller, Franz
- Budrich UniPress
Time of origin
- 2012