Arbeitspapier | Working paper
Europäische NROs in China: Schwierige Abwägungen und Chancen der Zusammenarbeit
Das Anfang 2017 in Kraft getretene Gesetz zum Management ausländischer Nichtregierungsorganisationen (ANRO-Gesetz) gilt als bislang deutlichstes Beispiel für "schwindende Räume" zivilgesellschaftlicher Arbeit in China. Während der allgemeine Trend hin zu strafferer politischer Kontrolle und der Beschränkung eigenständiger gesellschaftlicher Initiativen ungebremst anhält, sind die konkreten Auswirkungen der neuen Rechtslage für in der Volksrepublik tätige Nichtregierungsorganisationen (NROs) zwiespältig. Das neue ANRO-Gesetz verkörpert die sicherheitsbetonte und misstrauische Haltung des chinesischen Parteistaates gegenüber unabhängigen gesellschaftlichen Kräften und insbesondere deren westlicher Unterstützung. Im Gegensatz zu anderen Staaten mit restriktiver ANRO-Gesetzgebung haben es die chinesischen Behörden bislang allerdings vermieden, NROs direkt anzugreifen. Stattdessen wird das Gesetz als Schritt hin zu mehr Transparenz, Serviceorientierung und Rechtssicherheit für ausländische NROs gepriesen. In den ersten zwei Jahren haben sich 734 ausländische NROs registrieren lassen oder zeitlich befristete Aktivitäten angemeldet, darunter 110 aus Europa. Die größte Schwierigkeit besteht darin, einen chinesischen Träger als Bürgen zu finden. Aber auch erfolgreich registrierte NROs klagen über ein aufwändiges Berichtswesen und hohe Transaktionskosten. In Verbindung mit dem neuen Wohltätigkeitsgesetz kann das neue ANRO-Gesetz als Maßnahme verstanden werden, ausländische Finanzierungsformen schrittweise durch heimische Spenden zu ersetzen. Allerdings gilt für in- und ausländische Akteure, dass größere Stiftungen gegenüber kleineren Organisationen bevorzugt werden. Chinas ANRO-Gesetz ist Teil eines neuen Governance-Ansatzes, der zwischen fortgesetzter Öffnung des Landes zur Umsetzung von Chinas weitgesteckten globalen Zielen und dem Streben der Führung nach umfassender gesellschaftlicher Top-down-Kontrolle zu vermitteln sucht. Angesichts der damit verbundenen Herausforderung der liberalen, pluralistischen Weltordnung braucht europäisches Engagement in China Kooperations- wie auch Konfrontationsbereitschaft. Wichtig sind dabei NROs, die weiterhin den direkten Austausch mit chinesischen Partnern pflegen, ebenso wie Advocacy-Gruppen, die sich ohne die auferlegten Selbstbeschränkungen kritisch mit heikleren Themen auseinandersetzen.
- Weitere Titel
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Civil Society Work in China: Trade-Offs and Opportunities for European NGOs
- ISSN
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1862-359X
- Umfang
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Seite(n): 15
- Sprache
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Deutsch
- Anmerkungen
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Status: Veröffentlichungsversion; nicht begutachtet
- Erschienen in
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GIGA Focus Asien (6)
- Thema
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Politikwissenschaft
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
China
Gesetzgebung
Implementation
Überwachung
Zivilgesellschaft
nichtstaatliche Organisation
institutionelle Faktoren
gesetzliche Regelung
politische Entscheidung
Staatsaufsicht
Entscheidungsträger
Rechtslage
- Ereignis
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Geistige Schöpfung
- (wer)
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Lang, Bertram
Holbig, Heike
- Ereignis
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Veröffentlichung
- (wer)
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GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Asien-Studien
- (wo)
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Deutschland, Hamburg
- (wann)
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2018
- URN
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urn:nbn:de:0168-ssoar-60933-6
- Rechteinformation
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GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
- Letzte Aktualisierung
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21.06.2024, 16:26 MESZ
Datenpartner
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Arbeitspapier
Beteiligte
- Lang, Bertram
- Holbig, Heike
- GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Asien-Studien
Entstanden
- 2018